Fachthemazurück

(GZ-7-2020)
gz fachthema

► LfU: Straßenbegleitgrün entlang von Bundesstraßen ist kein Sondermüll

 

„Das kann ruhig ins Kompostwerk“

 

Mitunter wird zur Vorsicht geraten: Es sei besser, Straßenbegleitgrün quasi als Sondermüll zu entsorgen. Diese Ansicht teilt Wolfgang Berger von der Pressestelle im Landesamt für Umwelt (LfU) nicht. „Natürlich könnte man auf den Gedanken kommen, dass Straßenbegleitgrün Sondermüll ist, weil man weiß, dass Pflanzen Schwermetalle aufnehmen“, sagt er. Laut einer Untersuchung der Gartenbauexperten Simone Seling und Peter Fischer sei eine Einordnung als Sondermüll jedoch unnötig.

Straßenbegleitgrün sollte im Sinne des Kreislaufwirtschaftsdenkens zurück in den Naturkreislauf gelangen; die in der Bioabfall-Verordnung genannten Schwermetallgehalte im Böschungsmähgut werden nicht überschritten. In der Analyse wurde die Belastung des straßennahen Grünschnitts auf Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Nickel, Blei, Platin und Zink untersucht. Von Relevanz war auch die jeweilige Verkehrsdichte. Bei 420 ermittelten Schwermetallgehalten wurde der Grenzwert nur 16 Mal, damit lediglich in knapp vier Prozent aller Fälle, überschritten.

Durch die Studie haben es Skeptiker laut Wolfgang Berger schwarz auf weiß, dass die generelle Einordnung von Grünschnitt als Sondermüll selbst auf viel befahrenen Straßen nicht notwendig ist. Eine Kompostierung ist den Autoren der Studie zufolge sowohl nach der Bioabfall- als auch nach der Düngemittel-Verordnung möglich. Auftraggeber der Untersuchung war das damalige Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen. Am Institut für Bodenkunde und Pflanzenernährung in Weihenstephan wurde Mähgut von Straßenbegleitgrün und Falllaub von Straßen im Landkreis Freising sowie Autobahnen im Großraum München auf Schwermetalle untersucht.

Im Jahr 2003 publizierten die Autoren ihre Studie. Deren Analysen zufolge gab es bei Cadmium nur zwei Mal bei einer Herbstmahd eine Überschreitung der Grenzwerte. Das Schwermetall gelangt durch Reifenabrieb und Dieselabgase in die Umwelt. Keine einzige untersuchte Sommermahd zeigte zu hohe Werte. Der Chromgrenzwert wurde nur in 3,3 Prozent der Fälle überschritten. Chrom gelangt durch Reifenabrieb, Lackreste, Korrosion und Altöl in die Umwelt. Der Quecksilber-Grenzwert wurde nie auch nur annährend erreicht.

Obwohl die Proben zum Teil belastet waren, spricht nichts dagegen, das Mähgut als Ausgangsmaterial für die Kompostherstellung zu verwenden. Interessant ist, dass es laut der Studie einen Unterschied in der Belastung gibt, je nachdem, mit welchem Verfahren das Mähgut gewonnen wurde. „Das Mähverfahren beeinflusste die Schwermetallgehalte“, heißt es in der Analyse. Wurden die Proben mit dem Rechen statt mittels Absaugung gewonnen, waren sie geringer belastet.

Auch wenn es grundsätzlich okay ist, Straßenbegleitgrün zu kompostieren, ist dies nicht überall möglich, schränkt Wolfgang Berger ein: „Jedes Kompostwerk entscheidet, welches Material es annimmt.“ In Bayern gibt es mehrere Anlagen, die Straßenbegleitgrün akzeptieren. Im Landkreis Erlangen-Höchstadt ist das zum Beispiel die Kompostier-Betriebs GmbH in Medbach, in Main-Spessart das in Gemünden etablierte Humuswerk. Im Kreis Amberg-Sulzbach sind gleich drei Firmen bereit, Straßenbegleitgrün anzunehmen. Viele andere Kompostwerke allerdings akzeptieren lediglich Abfälle aus der Biotonne sowie Grüngut.

Mit Blick auf den Umweltschutz sollte der Grünschnitt am besten vor Ort verbleiben. Berger: „Da kann er sich dann über den Winter organisch zersetzen.“ Problematisch wird es dort, wo der Grünschnitt verweht zu werden droht. Dann wird es schwierig, mit Grünschnitt zu mulchen. Müssen ganze Bäume und Sträucher herausgenommen werden, werden diese Pflanzenabfälle meist einer energetischen Verwertung zugeführt.

Bayerische Kommunen erklären auf Nachfrage, dass „Straßenbegleitgrün“ für sie ein Thema von eher untergeordneter Bedeutung ist. „Nach unseren Erkenntnissen wird der überwiegende Teil der Grünabfälle von Privatpersonen aus Haus- oder Kleingärten zu den Grünabfallsammelstellen gebracht.“, sagt Juliane von Roenne-Styra, Pressesprecherin der Stadt Regensburg. Außerdem lieferten Dienstleister Grünabfälle aus der Freiflächenpflege von Wohnanlagen an die Grünabfallsammelstellen oder direkt ans Regensburger Kompostwerk.

Ob die Bioabfälle belastet sind, wird im Vorfeld der Kompostierung nicht überprüft. „Schadstoffanalysen durchzuführen, wäre bei unbewachten Sammelstellen und der Vielzahl der Anlieferer nicht realisierbar“, sagt von Roenne-Styra. Bei der Vermarktung des fertigen Komposts würden im Regelfall allerdings Gütebestimmungen, zum Beispiel jene der Bundesgütegemeinschaft Kompost, eingehalten: „Hierfür werden auch Analysen durchgeführt, denn ein schad- oder störstoffbelasteter Kompost wäre kaum vermarktbar.“ Zudem seien die Vorschriften der Bioabfallverordnung zu beachten.

Womöglich sind Anlieferungen durch Pflanzenschutzmittel oder Streusalz teils mit Schadstoffen belastet, so die Pressesprecherin. Bisher allerdings sei nicht bekannt, dass Probleme für einen Verwerter aufgetreten wären. Nach Auskunft des Kompostplatzes Regensburg sowie nach eigenen Erkenntnissen der Stadt wird der überwiegende Grünschnitt an den Autobahnen und Bundesstraßen derzeit gemulcht: „Das heißt, beim Mähen bleibt das Gras liegen.“ Holz aus der Gehölzpflege wird zu Hackschnitzeln verarbeitet.

Es sei nicht sehr wahrscheinlich, weiß man auch in Regensburg, dass Straßenbegleitgrün allzu stark belastet ist. Roenne-Styra: „Es sind zwar erhöhte Werte an Salz vorhanden, allerdings immer weit unter den zulässigen Werten.“ Bei der Kompostierung würden die Materialien vermischt, mögliche Schadstoffe dadurch stark „verdünnt“: „Und der fertige Kompost wird ja immer güteüberwacht und analysiert.“

Pat Christ

 

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung