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(GZ-9-2020)
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► MdEP Markus Ferber zu Corona-Bonds:

 

Keine Vergemeinschaftung der Schulden!

 

Die europäischen Finanzminister haben sich auf Hilfen von einer halben Billion Euro geeinigt, trotzdem ebbt die Debatte um Corona-Bonds nicht ab. In einem Interview der Hanns-Seidel-Stiftung bezog deren Vorsitzender MdEP Markus Ferber Stellung, wie der Balanceakt zwischen europäischer Solidarität und Eigenverantwortung gemeistert werden kann.

Ferber zeigte sich zunächst erfreut, dass sich die EU-Finanzminister auf ein Hilfsprogramm von etwa 500 Milliarden Euro geeinigt haben. Dies sei ein starkes Signal an die Staaten, aber auch an die Wirtschaft: „Wir sind in der Lage, auch unter Druck kluge Entscheidungen zu treffen. Damit ist in wichtiger Finanzpfeiler für die Phase des ökonomischen Stillstands eingeschlagen“, kommentierte der Europaabgeordnete.

Die Stimmungslage

In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, „dass wir aufpassen müssen, Europa nicht dahingehend zu überfordern, dass alles, was im eigenen Land nicht funktioniert, von Europa gelöst werden muss und aus allem, was zu Hause klappt, Europa sich heraushalten soll“. Dies sei derzeit die Stimmungslage in allen EU-Mitgliedstaaten. Gleichzeitig müsse Europa jetzt seinen Mehrwert für die Mitgliedstaaten deutlich machen. Dass dies gerade bei der Frage von Finanzhilfen nicht einfach ist, sei von Anfang an klar gewesen.
„Marshallplan“

Ohne Frage muss sich aus Ferbers Sicht die Europäische Union neben Notfallmaßnahmen insbesondere bei der Frage der Wiederbelebung der Wirtschaft in Europa besonders engagieren. Der „Marshallplan“, von dem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht, und der gerade in Deutschland positiv besetzt ist, sei dabei ein mögliches Modell. Eine Reihe von Staaten innerhalb der EU dächten aber im Wesentlichen an direkte Finanzhilfen, die Europa gewähren soll. Am Ende werde es darauf ankommen, einen geeigneten Instrumentenmix zur Verfügung zu stellen und abgestimmt die Maßnahmen umzusetzen. „Das wäre ein wirklicher europäischer Mehrwert“, betonte Ferber.

Der MdEP zeigte sich überzeugt, dass es in der jetzigen Phase des ökonomischen Stillstands darum gehe, Unternehmen zu helfen, dass sie diese Durststrecke überstehen. Dazu könne die Europäische Investitionsbank – analog zur KfW in Deutschland – einen wichtigen Beitrag leisten, denn nur wenige Staaten hätten national eigene Förderbanken zur Verfügung. Zum zweiten müssten Lösungen für die Arbeitnehmer gefunden werden. Das deutschlandweit erfolgreiche Modell des Kurzarbeitergeldes wolle man jetzt auch auf europäischer Ebene implementieren. Zudem würden Liquiditätshilfen für Unternehmen benötigt, was vom ESM geleistet werden könnte.

Mit Blick auf den heftigen Streit über Euro-Bonds stellte Ferber fest: „Jeder will helfen und jeder weiß: Europa muss jetzt schnell und kraftvoll den Mitgliedstaaten zur Seite stehen. Deswegen empfehle ich, wie auch Ministerpräsident Söder und Kanzlerin Merkel, auf bestehende Instrumente aufzusetzen und nicht alle politische Kraft auf Finanzinstrumente zu setzen, die es noch gar nicht gibt. Bis ‚Corona-Bonds‘ wirklich marktfähig sind, vergeht mindestens ein Jahr.

Unabhängig davon öffnen solche Anleihen eine Türe, die wir nach der Krise nicht wieder werden schließen können, denn es wird immer etwas geben, was die EU gemeinsam auf den Weg bringen will, sei es die Digitalisierung unserer Wirtschaft, der ‚Green Deal‘ oder andere Projekte. Immer wird es dann heißen, das könne man doch über gemeinsame Anleihen finanzieren. Damit wären wir schleichend in die Vergemeinschaftung der Schulden geschlittert, aus der wir nie wieder herauskommen.“

Bis heute hätten sich die Mitgliedstaaten nicht einmal auf den mehrjährigen Finanzrahmen einigen können, der regelt, wieviel Geld der EU ab dem nächsten Jahr zur Verfügung steht, führte Ferber weiter aus. „Dies wäre aber ein wichtiges Instrument, um gerade den besonders betroffen Ländern wie Italien und Spanien zu helfen. Und wir müssen auch einmal klar sagen: Das Corona-Virus ist nicht auf die Euro-Zone beschränkt, die Nicht-Euro-Länder hätten von den Corona-Bonds aber überhaupt nichts.“

Soziale Marktwirtschaftals Leitidee

Im Übrigen sieht der Europapolitiker keinen Grund, das Wirtschaftsmodell, das in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg das Wirtschaftswunder ausgelöst hat, in Frage zu stellen. Ganz im Gegenteil: „Mit der sozialen Marktwirtschaft als Leitidee werden wir die Wiederbelebung der Wirtschaft am besten leisten können.

Allerdings werden wir uns intensiver mit der Frage beschäftigen müssen, welche Schlüsselkompetenzen wir in der EU haben sollten. Der Preis ist ein wichtiges Kriterium in einem marktwirtschaftlichen Modell, wir haben aber, glaube ich, jetzt schnell gelernt, wie wichtig es ist, viele Fähigkeiten auch im eigenen Wirtschaftsraum vorzuhalten.“

DK

 

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