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(GZ-9-2020)
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► Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young:

 

Kreditmarktstudie 2020

 

Aufgrund des anhaltenden Zinstiefs stehen die Banken hierzulande unter erheblichem Druck. Sinkende Margen, eine schwächere Kapitalrentabilität und eine gleichzeitig stark gestiegene Regulierung erhöhen den Handlungsbedarf. Gleichzeitig müssen die Finanzinstitute in Sachen Digitalisierung nachlegen, wie aus der Kreditmarktstudie 2020 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervorgeht. Hierfür wurden bundesweit 127 Banken und Sparkassen befragt.

Mit ihren Dienstleistungen entwickeln sich innovative Fintechs zu einer ernsthaften Konkurrenz für die Geldinstitute. 76 Prozent der befragten Banken fühlen sich durch internetbasierte Zahlungssysteme bedroht. 63 Prozent sehen eine Gefahr auch in digitalen Marktplätzen und 54 Prozent im Open Banking, d.h. dem Öffnen von Banken und dem Teilen von Daten durch die Einführung der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2. Sie bedeutet einen radikalen Schnitt, da Banken bestimmte Kundendaten der Konkurrenz zur Verfügung stellen müssen. Neue Wettbewerber drohen somit den Banken Kunden abspenstig zu machen, wie 60 Prozent der befragten Banken befürchten.

Investitionen in die Digitalisierung

Die Reduktion von Kosten ist für 90 Prozent der Geldhäuser der Hauptgrund für Investitionen in die Digitalisierung. Immerhin 85 Prozent wollen mit ihrer Hilfe aber auch ihre Wettbewerbsposition stärken und in den kommenden Jahren wachsen. Befragt danach, welche Bereiche besonders stark von der Digitalisierung betroffen sein werden, nennen neun von zehn deutschen Finanzinstituten das Privatkundengeschäft, gefolgt von den Wertpapierdienstleistungen mit 62 Prozent.

Kostenaspekt und Kundennutzen

Immerhin 81 Prozent der Banken sind der Ansicht, dass sie mit höheren Erträgen aus dem Provisionsgeschäft die Digitalisierung finanzieren können. Fraglich bleibt, ob höhere Provisionen in einem für Banken schwierigen Umfeld überhaupt möglich sind. 69 Prozent sehen in geringeren Personalkosten und 50 Prozent in der Schließung von Filialen einen Weg, um die Investitionen zu finanzieren.

Nach Auffassung der Wirtschaftsprüfer sollte nun aber neben dem Kostenaspekt ganz wesentlich auch der Kundennutzen stehen. Dies könne zum Beispiel heißen, die Zahl der Filialen nicht einfach zu verringern, sondern ihre Angebotsschwerpunkte auf gewandelte Kundenbedürfnisse abzustimmen. In Zeiten des Online-Bankings erfordere der Zahlungsverkehr immer weniger Personal. Die Kundenberatung aber sei nur in wenigen, quantitativ orientierten Feldern zu automatisieren. In allen anderen sei der persönliche Kontakt nach wie vor gefragt. Das Ergebnis könnten also kleinere Filialen mit höher qualifiziertem Personal sein.

Größere regionale Einheiten

Ebenfalls denkbar ist nach Darstellung von Ernst & Young eine für den Kunden sichtbare Integration von FinTech-Leistungen in die viel breitere Angebotspalette der etablierten Institute. Auch die Fusion mit anderen Instituten könne eine Überlebensoption sein, vor allem für Banken, deren Größe keine anderen Maßnahmen der Umgestaltung zulässt. Immerhin denken fast 40 Prozent der befragten Banken über einen solchen Schritt nach. Zu beobachten sei diese Variante des nötigen Wandels schon seit einigen Jahren bei den Genossenschaftsbanken und auch bei den Sparkassen, die sich zu immer größeren und effizienteren regionalen Einheiten zusammengeschlossen haben.

Um den Niedrigzinseffekten

auszuweichen, ist laut EY auch der Aus- oder Aufbau von Geschäftsfeldern denkbar, die nicht von der fortschreitenden Margenverengung betroffen sind. Vielen Instituten sei dies bereits in der Vergangenheit gelungen, vor allem mit der Ausweitung ihrer Provisionsgeschäfte. Da jedoch fast die gesamte Branche auf dieses Pferd setzt, der Markt für solche Geschäfte aber nicht unbegrenzt ist, werde in Zukunft immer mehr Fantasie nötig sein, derartige Ertragsinseln zu finden.

Neben dem Niedrigzins, der an der Rentabilität nagt, empfinden die Banken die fortschreitende Regulierung durch EZB und BaFin, die ebenfalls auf die Gewinne drückt, als weitere große Belastung: zum einen direkt durch die nicht zu unterschätzenden Ausgaben für die Implementierung immer neuer Kontrollinstrumente, zum anderen indirekt durch die mehrfach gestiegenen Kapitalanforderungen.

Angesichts der Erwartung nahezu aller Banken, dass die Regulatorik auch in den kommenden Jahren ihre Gewinn- und Verlustrechnung beeinflussen wird, gelte es, das Beste daraus zu machen, sprich: die Mechanismen im Rahmen der Möglichkeiten so zu gestalten, dass sie Vorteile für das eigene Institut bringen, zum Beispiel durch noch geringere Ausfallrisiken. Dabei könne es hilfreich sein, die Regulierung in die Digitalisierung einzubeziehen, etwa in eine Kundenbearbeitung mit künstlicher Intelligenz.

Wandel der Unternehmenskulturen

Fazit: Die Bewältigung der Fülle neuer Aufgaben und Weichenstellungen, mit denen ein großer Teil der deutschen Banken und Sparkassen konfrontiert ist, verlangt EY zufolge einen Wandel sowohl der Betriebe selbst als auch der Unternehmenskulturen. Einfache Arbeiten seien zu automatisieren, die verbleibenden anspruchsvolleren Tätigkeiten erforderten ein höher qualifiziertes Personal. Eine offenere Einstellung gegenüber neuen Technologien sei vonnöten, um vor allem mit der erstarkenden Tech-Konkurrenz Schritt zu halten.

Dazu werde es auch notwendig sein, neue Kompetenzen in die Unternehmen zu holen. Und nicht zuletzt müsse der Kunde noch stärker in den Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns rücken – hier bestehe stellenweise noch Nachholbedarf. Kurz gefasst: „Wollen sie auf lange Sicht bestehen, müssen einige der etablierten Banken noch agiler werden. In Zeiten des rasanten Wandels kann nur eine hohe Flexibilität das Überleben sichern.“

DK

 

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