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(GZ-10-2020)
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► E-Schrott-Recycling:

 

Schwere Marktverwerfungen

 

Laut einer Umfrage des bvse trifft die Corona-Pandemie die kleinen und mittleren E-Schrott-Recycler besonders hart. Die im Verband organisierten Unternehmen der Branche gaben an, dass sie aktuell im Mittel 56 Prozent weniger Altgeräte im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres erfassen konnten.

Durch die eingeschränkten Tätigkeiten in Industrie und Gewerbe sind die dort sonst erfassten Mengen an B2B-Geräten nahezu eingebrochen. Der Rückgang im gewerblichen Bereich wird mit 50 bis 70 Prozent angegeben. Auch die Schließung des Elektrogerätehandels hat zur negativen Entwicklung beigetragen. Die Rücknahme seitens der Elektrogeräte-Vertreiber fiel mit rund minus 90 Prozent nahezu komplett aus.

Erfassungssituation kommunaler Mengen

Unterschiedlich stellt sich die Erfassungssituation bei den kommunalen Mengen dar. In Regionen, in denen die Wertstoffhöfe geschlossen wurden, stand auch dort die Rücknahme still. Bei geöffneten Wertstoffhöfen lief es wie gewohnt weiter. So berichten einige Unternehmen von einem Rückgang kommunaler Mengen im Bereich 60 bis 80 Prozent, während andere Unternehmen in diesem Bereich keine Einbußen spürten. Mittlerweile öffnen die Wertstoffhöfe wieder, es wird nun für eine kurze Zeit mit einer erhöhten Abgabebereitschaft der Verbraucher gerechnet, da zu erwarten ist, dass zu Hause ausgemistet wurde.

„Durch die Kurzarbeiterregelung kann zwar ein Teil der Personalkosten aufgefangen werden, dabei ist es aber wichtig, dass eine schnelle Rückerstattung des in Vorleistung durch die Unternehmer gezahlten Kurzarbeitergeldes durch die Agentur für Arbeit erfolgt. Denn zudem drücken Fixkosten für Anlagentechnik, Fuhrpark, Gebäude und Plätze erheblich auf die Liquidität der Unternehmen“, betont der Vorsitzende für den bvse-Fachverband Schrott, E-Schrott und Kfz-Recycling, Bernhard Jehle.

„Auch mit den Soforthilfen lassen sich laufende Zahlungen nur für kurze Zeit auffangen. Umso wichtiger ist es, schnellstmöglich wieder Umsatz machen zu können.“

bvse-Vizepräsident Sebastian Will zufolge „hoffen wir jetzt darauf, dass die Industrie langsam wieder anläuft und Tritt fasst. Die Automobilindustrie und auch die Stahlindustrie fahren ihre Produktion derzeit wieder hoch. Wenn es nicht zu einer starken zweiten Infektionswelle, die das Wirtschaftsleben nochmals lahmlegt, kommt, rechnen wir in der zweiten Jahreshälfte mit einem Schrottmarkt, der in normaleren Bahnen verlaufen wird.“

Der Überlebenskampf kleiner und mittlerer Unternehmen habe in der Branche bereits vor der Corona-Krise begonnen, stellt Will fest. Die Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen im Bereich Altgerätebehandlung erfolge in der Regel in bundesweit angelegten Ausschreibungen. Flächendeckend agierende Systeme hätten dabei einen Marktvorteil, ein Unterschied zu dualen Systemen bestehe dabei kaum noch.

Ausschreibungsbedingungen gäben zum Teil unangemessene Marktstandards vor, in dem beispielsweise bei langer Vertragslaufzeit kaum kalkulierbare Fixpreisangebote abgegeben werden müssen.Größere Unternehmen verfügten über eine größere Kapitaldecke, sie seien robuster darin, eine Krise zu überstehen. Eine weitere Marktkonzentration aufgrund der Corona-Krise sei zu befürchten. Gerade auch aus diesem Grund müssten vor allem kleine und mittlere Unternehmen durch unbürokratische Staatshilfen in die Lage versetzt werden, ihren Zahlungen trotz Verdienstausfall nachzukommen.

Sinkende Rohstahlproduktion

Die Rohstahlproduktion, die für die Konjunktur eine Lokomotivfunktion hat, ist in Europa nach den vorläufigen Zahlen des Weltstahlverbandes Worldsteel im Jahresvergleich um 5,3 Prozent auf 158,8 Mio. Tonnen gefallen, in Deutschland gemäß Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl sogar um 6,5 Prozent auf 39,7 Mio. Tonnen.

Das erste Halbjahr 2019 verlief für die deutsche Schrottwirtschaft bei einem Rückgang der Rohstahlproduktion um rund 5 Prozent bei normalen Exportmöglichkeiten verhalten. Im zweiten Halbjahr sank die Rohstahlproduktion um 8 Prozent und die Wirtschaft begann sich merklich abzukühlen, mit Folgen für den Schrottmarkt. Laut bvse-Schätzung haben die Stahlwerke 4,8 Prozent weniger Schrott eingesetzt, laut BDGuss die Gießereien sogar 11,5 Prozent weniger als 2019.

Laut Sebastian Will war der Schrottmarkt im 2. Halbjahr 2019 sehr angespannt, was vor dem Hintergrund der hohen Verunsicherung der Marktteilnehmer in einigen Monaten zu Fehleinschätzungen der tatsächlichen Marktlage geführt hat. Die von Verbrauchern angebotenen Zu- oder Abschläge hatten zum Teil eine geringe Halbwertzeit. Sie lösten jedoch Entscheidungen aus, die Verwerfungen im Handelsmarkt nach sich gezogen haben. Angebot und Nachfrage konnten nicht immer in Einklang gebracht werden.

Schwächung des Industriestandorts

Nach Wills Worten erhielten die konjunkturellen Eckpfeiler der deutschen Wirtschaft, bestehend aus der Automobilindustrie und dem Maschinen- und Anlagenbau, empfindliche Dämpfer, während die relativ robuste Baukonjunktur für eine zwar reduzierte, jedoch kontinuierliche Auslastung der Baustahlhersteller sorgte und damit einen gewissen kontinuierlichen Schrottbedarf sicherten.

Bedauerlich sei, dass eine in Teilen industriefeindliche Klimapolitik zu Standortverlagerungen in Drittländer führe, wodurch nicht nur Arbeitsplätze verloren gehen, sondern auch Schrottbeschaffungs- und Absatzmöglichkeiten für Schrottwirtschaft bzw. die Stahl- und Gießereiindustrie. Einmal verlagerte Standorte könnten in den seltensten Fällen zurückgeholt werden und schwächten den Industriestandort Deutschland.

Um die Sammlung und Verwertung von Elektroaltgeräten zu verbessern und die Sammelquote zu erhöhen, hatte der bvse gemeinsam mit fünf weiteren Verbänden dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit einen Maßnahmenkatalog zur Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) vorgestellt. Die geforderten Anpassungen setzen an bei der Elektroaltgeräte-Erfassung über Mitteilungspflichten und Quotenermittlungen bis hin zu Maßnahmen im Rahmen der Kreislaufwirtschaft und der Ökodesign-Richtlinie.

DK

 

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