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(GZ-19-2020)
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► ITVA-Positionspapier:

 

Zeitenwende für das Flächenrecycling

 

Dem Flächenrecycling zur Deckung des sehr großen Flächenbedarfs in den Kommunen Priorität gegenüber der Ausweisung neuer Flächen „auf der grünen Wiese“ einzuräumen, darüber besteht breiter gesellschaftlicher Konsens. Obwohl die Vorteile des Flächenrecyclings offensichtlich sind, werden die Potenziale aus Sicht des Ingenieurtechnischen Verbands für Altlastenmanagement und Flächenrecycling aufgrund unterschiedlicher Hemmnisse nur unzureichend genutzt. In einem Positionspapier fordert der ITVA, das Flächenrecycling auf kommunaler Ebene deutlich zu stärken und auszubauen – für eine nachhaltige Entwicklung der Städte und Regionen.

Zur Stärkung und Förderung der Innen- vor der Außenentwicklung müssten insbesondere die finanzielle Ausstattung der Kommunen verbessert sowie die Neuinanspruchnahme von Flächen vermieden werden. Kommunen müssten durch konkrete Handlungsstrategien stärker in die Lage versetzt werden, ihre innerstädtischen Flächenpotenziale zu erfassen und geeignete Brachflächen zu identifizieren und zu klassifizieren. Ausgewählte, für die städtische Entwicklung besonders bedeutsame Flächen seien aktiv zu steuern.

Für Flächenvorratspolitik

Nach Erfahrungen des ITVA betragen die nicht rentierlichen Kosten für die Aufbereitung industriell oder gewerblich vorgenutzter Flächen einschließlich Abbruch von Gebäuden und Anlagen in Abhängigkeit von der zukünftigen Nutzung der Fläche Brutto 60 bis 100 Euro/qm. Wesentlich sei es daher, die Kommunen durch finanzielle und personelle Förderung insbesondere bei der Aufbereitung schwerer marktgängiger Flächen zu unterstützen. Speziell für die Erweiterung und Ansiedlung von Gewerbe und Industrie sei eine kommunale und interkommunale Flächenvorratspolitik notwendig.

Ruf nach interkommunalen Instrumenten

Um die Vermarktung aufbereiteter Flächen zu unterstützen, fordert der ITVA interkommunale Instrumente, wie Fondslösungen zur Absicherung von Restrisiken. Eine Schlüsselrolle spielt die notwendige personelle Ausstattung der Kommunen mit Schwerpunkt der Planungs- und Umweltämter zur Umsetzung der Maßnahmen sowie eine externe Beratung und die Entwicklung von Handlungsstrategien, wie mit Brachflächen angemessen umgegangen werden kann und muss.

Politisch, so der ITVA, kann die Aufbereitung von Brachflächen durch eine Novellierung der Grund- und Grunderwerbssteuer deutlich entlastet und die Neuinanspruchnahme von Flächen stärker belastet werden. Für die Wiedernutzung von Brachflächen sind in Landes-, Regional- und Bauleitplanung Vorrangregelungen einzuführen und auf Maßnahmen ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme zu fokussieren.

Flächenhandelssysteme können – wie das Planspiel des Umweltbundesamtes gezeigt habe – die Inanspruchnahme von Flächen wirksam reduzieren, die Innenentwicklung stärken, die nachhaltige Siedlungsentwicklung fördern, die kommunalen Finanzen entlasten sowie regionale Unterschiede ausgleichen. Deshalb fordert der ITVA die bundesweite Einführung des Flächenhandels unter Berücksichtigung der Bodenqualität.

Neben der Förderung des Bewusstseins bei allen bisher benannten Akteuren für die hohe Bedeutung und großen Potenziale des Flächenrecyclings sei die Kommunikation mit der Öffentlichkeit ebenso wichtig, um die Akzeptanz für die Nutzung aufbereiteter Grundstücke bei Kommunen, potenziellen Nutzern, Investoren und Banken zu verbessern.

Blick ins Ausland

Für die Planung und Prioritätensetzung bei der Umsetzung empfiehlt der ITVA, Synergien und „Best Practice“-Beispiele bestehender Instrumente zur Förderung des Flächenrecyclings auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zu berücksichtigen und zusammen zu führen. Auch ein Blick auf internationale Erfahrungen im Flächenrecycling ist dringend angeraten – genannt sei beispielsweise das sog. 60 % Brownfield target in England bei Berücksichtigung der dortigen Besonderheiten:

Unter der New-Labour-Regierung von Tony Blair wurden Kommunen verpflichtet, bis zum Jahr 2008 mindestens 60 % des Wohnungsbaus auf vormals genutzten Flächen zu realisieren. Als Ergebnis dieser klaren Zielsetzung fuhren Kommunen die Entwicklung von Flächen auf der „Grünen Wiese“ extrem zurück, so dass das gesetzte Ziel teilweise sogar übererfüllt wurde.

Aktuell ergeben sich folgende Forderungen an die Politik:

  • Einführung von Vorrangregelungen für die Wiedernutzung von Brachflächen in der Landes-, Regional- und Bauleitplanung.
  • Vorrang von Maßnahmen auf Brachflächen bei den Eingriffs- und Ausgleichsregelungen, Berücksichtigung von Entsiegelungen sowie der Verbesserung der Bodenfunktionen und der Bodenqualität. Schaffung von Ausnahmen von der Eingriffsregelung bei Flächen, für die bereits bei der Vornutzung Ausgleichsmaßnahmen erfolgt sind.
  • Stärkung der Vermarktung durch Schaffung von unabhängigen Instrumenten zur Klärung von Eigentümerinteressen und zur Bewertung von Brachflächen sowie von Fondslösungen zur Absicherung von Restrisiken.
  • Novellierung der Grundsteuer zur Verbesserung der Verfügbarkeit bzw. Bereitstellung von Brachflächen und eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer für die Wiedernutzung ehemals bebauter Flächen.
  • Schaffung von Instrumenten für den und Förderung des kommunalen Zwischenerwerbs und der Flächenbevorratung.
  • Förderung der Erfassung innerstädtischer Flächenpotenziale, der Identifizierung geeigneter Brachflächen und der aktiven Steuerung der Mobilisierung.
  • Harmonisierung der Anforderungen an das Stoffstrom- und Bodenmanagement.
  • Flächendeckende verbindliche Einführung des Handels mit Flächenzertifikaten unter Berücksichtigung der Bodenqualität.

Der ITVA bietet an, sich inhaltlich und beratend in den notwendigen Fachdialog einzubringen.

DK

 

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