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(GZ-20-2020)
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► In­sol­venz ver­mei­den:

 

Ei­gen­ka­pi­tal im Mit­tel­stand stärken

Baye­ri­sche Real- und Fi­nanz­wirt­schaft legt ge­mein­sa­mes Po­si­ti­ons­pa­pier vor

ist ab­ge­schlos­sen
 

Ver­tre­ter der baye­ri­schen Finanz- und Re­al­wirt­schaft spre­chen sich für ge­ziel­te Maß­nah­men aus, um die Ei­gen­ka­pi­tal­si­tua­ti­on des von der Co­ro­na-Kri­se ge­trof­fe­nen Mit­tel­stands zu ver­bes­sern. Un­ter­zeich­net haben die For­de­run­gen die In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer München Ober­bay­ern, die Hand­werks­kam­mern in Bayern, der Ge­nos­sen­schafts­ver­band Bayern, der Spar­kas­sen­ver­band Bayern und der Baye­ri­sche Ban­ken­ver­band. Die Vor­schlä­ge sollen in lau­fen­de Be­ra­tun­gen bei der Bun­des­re­gie­rung ein­ge­speist werden.

Wegen der Co­ro­na-Pan­de­mie mussten viele Un­ter­neh­men Um­satz­ein­bu­ßen hin­neh­men. Die Folge: Rund ein Drittel klagt über einen Rück­gang im Ei­gen­ka­pi­tal. Durch die Ver­schlech­te­rung der Ei­gen­ka­pi­tal­si­tua­ti­on sinkt die Bonität der Un­ter­neh­men, die Kre­dit­fi­nan­zie­rung wird er­schwert und der wirt­schaft­li­che Auf­schwung ver­liert an Fahrt.

Bund und Länder haben auf dieses Problem re­agiert, indem sie Un­ter­stüt­zungs­leis­tun­gen für das Ei­gen­ka­pi­tal, wie den Bay­ern-Fonds, auf­set­zen. Al­ler­dings zielen diese Maß­nah­men auf größere Un­ter­neh­men. Für die Breite der mit­tel­stän­di­schen Un­ter­neh­men gibt es keine pas­sen­den In­stru­men­te zur Ei­gen­ka­pi­tal­stär­kung.

In einem Po­si­ti­ons­pa­pier fordern die Ver­bän­de daher steu­er­li­che Ver­bes­se­run­gen, damit Mit­tel­ständ­ler ihre Ei­gen­ka­pi­tal­po­si­tio­nen rasch wie­der­auf­bau­en können. Es gelte, die steu­er­li­che Ver­lust­rech­nung aus­zu­wei­ten. Als we­sent­li­ches Hemmnis wird der dro­hen­de Ver­lust­un­ter­gang beim Wechsel von An­teils­eig­nern be­trach­tet. In der Krise würden dadurch wirt­schaft­lich sinn­vol­le Maß­nah­men, wie der Ein­tritt neuer In­ves­to­ren in not­lei­den­de Be­trie­be, be­hin­dert. Deshalb sollte der Ver­lust­un­ter­gang auf wirk­li­che Miss­brauchs­fäl­le be­schränkt werden. Er­gän­zend zur Aus­wei­tung der Ver­lust­ver­rech­nung sollte zudem die Mög­lich­keit ge­schaf­fen werden, eine steu­er­freie „Co­ro­na-Rück­la­ge“ im Jah­res­ab­schluss 2019 zu bilden.

Bildung von Ei­gen­ka­pi­tal

Um die Ei­gen­ka­pi­tal­ba­sis der kleinen und mitt­le­ren Be­trie­be zu stärken, sei die sog. The­sau­rie­rungs­rück­la­ge mit­tel­stands­freund­lich und pra­xis­ge­recht fort­zu­ent­wi­ckeln. Die Vor­aus­set­zun­gen für die Bildung von Ei­gen­ka­pi­tal seien zu ver­bes­sern, da nach der der­zei­ti­gen Aus­ge­stal­tung nur wenige auf Dauer er­trags­star­ke Per­so­nen­un­ter­neh­men die Re­ge­lung zur Be­güns­ti­gung nicht ent­nom­me­ner Gewinne nutzen können.

Darüber hinaus spre­chen sich die Un­ter­zeich­ner für die pra­xis­ge­rech­te Aus­ge­stal­tung re­gu­la­to­ri­scher Vor­ga­ben bei den Ei­gen­ka­pi­tal­an­for­de­run­gen in Bezug auf Un­ter­neh­men aus. Ge­sell­schaf­ten, bei denen mehr als die Hälfte des Ei­gen­ka­pi­tals auf­ge­braucht ist, hätten keinen An­spruch auf staat­li­che Un­ter­stüt­zung. Diese In­ten­ti­on sei grund­sätz­lich richtig, al­ler­dings würden durch eine un­zu­rei­chen­de EU-De­fi­ni­ti­on auch zahl­rei­che KMU aus­ge­schlos­sen, die be­rech­tig­ter­wei­se Hilfen er­hal­ten sollten.

Zugang zu Co­ro­na-Hil­fen

Um diesen Un­ter­neh­men den Zugang zu Co­ro­na-Hil­fen zu er­mög­li­chen, sollte die De­fi­ni­ti­on für „Un­ter­neh­men in Schwie­rig­kei­ten“ ver­ein­facht werden. So könnte zum Bei­spiel die De­fi­ni­ti­on auf solche Un­ter­neh­men ein­ge­schränkt werden, die Ge­gen­stand eines In­sol­venz­ver­fah­rens sind. Diese ver­ein­fach­te Re­ge­lung sei nach der De-mi­ni­mis-Bei­hil­fe-Re­ge­lung für Un­ter­neh­men mit weniger als 50 Be­schäf­tig­ten schon heute möglich und werde von einigen För­der­ban­ken (nicht KfW) bei der An­trags­prü­fung aktuell so aus­ge­legt.

Zudem wird die Auflage eines kre­dit­na­hen Pro­dukts der För­der­ban­ken vor­ge­schla­gen, das Nach­rang- bzw. Ei­gen­mit­tel­cha­rak­ter hat. Die Vor­schlä­ge sollten in lau­fen­de Be­ra­tun­gen bei der Bun­des­re­gie­rung ein­ge­speist werden. Al­ter­na­tiv könnte eine Min­dest-Aus­fall­wahr­schein­lich­keit als Be­ur­tei­lungs­kri­te­ri­um für „Un­ter­neh­men in Schwie­rig­kei­ten“ her­an­ge­zo­gen werden. Durch eine Nach­bes­se­rung der De­fi­ni­ti­on wären zahl­rei­che sinn­vol­le Ge­schäfts­fort­füh­run­gen möglich.

Pass­ge­naue Lösung

Wei­te­rer Vor­schlag: Rund 97 % der Un­ter­neh­men haben weniger als 20 Mit­ar­bei­ter. Sie sind dem­zu­fol­ge von den Mög­lich­kei­ten, die der Wirt­schafts­sta­bi­li­sie­rungs­fonds und der Bay­ern­fonds bieten, aus­ge­schlos­sen. Meist sei auch eine Di­rekt­be­tei­li­gung (z.B. über die BayBG oder Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten) nicht pass­ge­nau. Deshalb wird die Auflage eines kre­dit­na­hen Pro­dukts der För­der­ban­ken vor­ge­schla­gen, das Nach­rang- bzw. Ei­gen­mit­tel­cha­rak­ter für KMU hat.

Für kleine und mitt­le­re Un­ter­neh­men käme bei­spiels­wei­se eine Mo­di­fi­ka­ti­on des KfW-Pro­gramms „ERP-Mez­za­ni­ne für In­no­va­ti­on“ in Be­tracht. Im Rahmen des För­der­um­fangs von 5 Mio. Euro sollten die bis­he­ri­gen 60 % Mez­za­ni­ne-An­tei­le durch die KfW auf 80 % auf­ge­stockt werden, ge­kop­pelt mit 20 % Haus­bank­kre­dit. Nachdem jeweils die fi­nan­zie­ren­de Bank mit ins Aus­fall­ri­si­ko geht, er­schei­nen diese An­pas­sun­gen nach Auf­fas­sung der Un­ter­zeich­ner ver­tret­bar.

Nach­tei­le dieser In­stru­men­te lägen al­ler­dings darin, dass eine um­fang­rei­che­re Ein­zel­fall­prü­fung er­for­der­lich ist, als das bei den anderen För­der­pro­gram­men der Fall ist. Struk­tu­ren müssten erst bei För­der­insti­tu­ten oder Bürg­schafts­ban­ken auf­ge­baut werden, so dass ein zeit­li­cher Vorlauf hierfür er­for­der­lich ist.

Und letzt­end­lich müsste auch bei einem Nach­rang­dar­le­hen ein Exitsze­na­rio vor­han­den sein, d.h. die Ka­pi­tal­dienst­fä­hig­keit muss lang­fris­tig wie­der­her­ge­stellt werden. „Vor diesem Hin­ter­grund plä­die­ren wir dafür, im ersten Schritt den steu­er­li­chen Ver­lus­t­rück­trag aus­zu­wei­ten und dann im zweiten Schritt wei­ter­ge­hen­de Maß­nah­men in diese Rich­tung um­zu­set­zen“, heißt es in dem Papier.

In­sol­venz ver­mei­den

Aus Sicht der Ver­bän­de müssen ferner zu­kunfts­fä­hi­ge Re­struk­tu­rie­run­gen auch für kleine Un­ter­neh­men er­mög­licht werden. Die Re­struk­tu­rie­rungs­richt­li­nie sollte spä­tes­tens bis 31.12.2020 in na­tio­na­les Recht um­ge­setzt werden, um Un­ter­neh­men zu­sätz­lich einen rechts­si­che­ren Weg der Sa­nie­rung auch vor einem In­sol­venz­ver­fah­ren zu er­öff­nen. Bei über­schau­ba­rer Gläu­bi­g­er­zahl könnte eine In­sol­venz ver­mie­den und die Fort­füh­rung von Be­trie­ben er­mög­licht werden.

„Nachdem wir mit einer er­höh­ten In­sol­venz­zahl durch die Co­ro­na-Pan­de­mie zu rechnen haben, könnte Gläu­bi­gern und Un­ter­neh­mern dadurch ge­hol­fen und Ge­rich­te ent­las­tet werden. Au­ßer­dem wäre die Sa­nie­rungs­me­dia­ti­on eine gute Er­gän­zung zum Be­ra­tungs­an­ge­bot der LfA Task­force in Bayern. Dieses Angebot sollte zudem in der ak­tu­el­len Si­tua­ti­on ver­stärkt be­wor­ben werden“, heißt es ab­schlie­ßend.

DK

 

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