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(GZ-23-2020)
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► Deutsche Kreislaufwirtschaft:

 

Statusbericht 2020

 

Aktuelle Leistungen, die wirtschaftliche Bedeutung und die künftigen Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft durch den Klima- und Ressourcenschutz stehen im Mittelpunkt des „Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020“. Darin informieren insgesamt 15 Verbände, Vereine und Unternehmen quer durch alle Werkstoffe und Abfallfraktionen.

Seit der ersten Veröffentlichung des Statusberichtes im Jahr 2018 haben wichtige Entwicklungen ihren Anfang genommen. Dies gilt zunächst für die Corona-Krise, die nicht nur die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit der Branche, sondern auch ihre Systemrelevanz für die Funktionsfähigkeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens unter Beweis gestellt hat. Das Ansehen der Branche und vor allem der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist seit Anfang des Jahres 2020 in der Bevölkerung deutlich gestiegen.

„Kreislaufwirtschaft fängt nicht beim Abfall an, sondern beim Produktdesign. Nur recyclingfähige Produkte können im Kreislauf geführt werden. Die Produkte wiederum sollten aus recyceltem Material hergestellt und von öffentlicher Hand, Gewerbe, Industrie und Privatkonsumenten nachgefragt werden“, machte Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer
des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung, deutlich. Von diesem Ziel sei man leider noch ein ganzes Stück entfernt.

„Was nützt Recycling, wenn die Recyclingprodukte nicht eingesetzt werden?“, fragte Rehbock. Aus seiner Sicht fehlt nach wie vor der Wille, das Ruder herumzureißen. Machbar wäre dies, denn allein Bund, Länder und Kommunen verfügten über ein direktes Beschaffungsvolumen von jährlich mehr als 122 Milliarden Euro.

„Sie haben es in der Hand der Kreislaufwirtschaft den entscheidenden Impuls zu geben und aus Worten endlich Taten werden zu lassen.“

Zu einem richtigen Verständnis von Kreislaufwirtschaft gehöre auch zu erkennen, dass der weltweite Handel mit aus Abfällen gewonnenen Sekundärrohstoffen sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch sinnvoll ist.

„Wir haben beispielsweise in Deutschland ein gut funktionierendes Erfassungssystem für alle wichtigen Sekundärrohstoffe, wie beispielsweise Fe- und NE-Metallschrotte oder auch Altpapier. Es wird dabei mehr gesammelt als in Deutschland oder der Europäischen Union wiedereingesetzt werden kann. Da ist es gut und richtig, dass diese Sekundärrohstoffe dorthin exportiert werden, wo sie benötigt werden“, unterstrich der Hauptgeschäftsführer.

Genauso richtig sei es aber auch zu verhindern, dass Müll aus Deutschland an den heimischen Aufbereitungsanlagen vorbei irgendwo billig im Ausland verklappt wird.

Kommunale Abfallgebühren

Laut Studie ist der Leistungsumfang der Kreislaufwirtschaft durch die hohen Standards für die Behandlung der Abfälle und die Kreislaufführung der Rohstoffe sehr umfangreich. In Anbetracht des hohen Aufwandes liegen die durchschnittlichen Kosten der privaten Haushalte für die Abfallentsorgung mit etwa 70 bis 120 Euro je Einwohner und Jahr wohl deutlich unter dem, was die Bürgerinnen und Bürger vermuten würden: Nach Umfragen des INFA werden die kommunalen Abfallgebühren von den Bürgerinnen und Bürgern bis zu 5 mal so hoch eingeschätzt, wie sie in den jeweiligen Kommunen tatsächlich anfallen.

Die kommunalen Abfallgebühren decken die Kosten für die Sammlung, den Transport und die umweltgerechte Entsorgung insbesondere der Restabfälle, des Sperrmülls sowie der Verwertung von Bioabfällen und Papier. Die Kosten für die Verwertung von Verpackungsabfällen (gelber Sack bzw. Behälter) werden über Lizenzentgelte gedeckt, die vom Hersteller für jede einzelne Verpackung an die Dualen Systeme zu entrichten sind und die die Verbraucher bereits beim Kauf des Produktes/der Verpackung bezahlen. Zusätzlich zu den Abfallgebühren entstehen den Bürgerinnen und Bürgern weitere Kosten von rund 14,90 Euro pro Jahr bzw. rund 1,24 Euro pro Monat und Einwohner.

Die durchschnittliche Monatsbelastung teilt sich wiederum auf in Beträge für die Verwertung von Glas in Höhe von 7 Cent, die Verwertung von Papier, Pappe, Karton (PPK) in Höhe von 27 Cent und von Leichtverpackungen (LVP) in Höhe von 90 Cent.

Kritisch beobachtet der bvse, dass die Recyclat-Nachfrage deutlich eingebrochen ist. Der Grund hierfür sei banal: Die kunststoffverarbeitende Industrie setzt wieder verstärkt auf Neuware, weil diese inzwischen konkurrenzlos günstig zu haben ist.

„Wir brauchen ein Level Playing Field, das Recyclaten und damit dem Kunststoffrecycling als wichtigem Part im Um- und Ausbau einer Kreislaufwirtschaft eine faire Chance gibt. Der klimaschädliche CO2-Rucksack, der bei der Produktion von Kunststoffneuware entsteht, bleibt bei der Preisbildung bislang nämlich völlig außen vor. Dies muss sich dringend ändern. Klimaschutz und Recycling müssen gleichermaßen gestärkt werden.

Wenn mehr Recyclate und weniger Kunststoffneuware eingesetzt werden, reduzieren sich die CO2-Emmissionen. Wer darauf aus Kostengründen verzichtet, darf nicht belohnt, sondern muss mit einem deutlichen Preisaufschlag sanktioniert werden“, lautet daher die bvse-Forderung.

Klimaschutzpotenziale

Nach Ansicht von VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp macht der veröffentlichte Statusbericht deutlich, wie wichtig es ist, die Klimaschutzpotenziale der Kreislaufwirtschaft mehr in den Fokus zu rücken. Das bisher Erreichte sei eindrucksvoll: Die Emissionen im Sektor Abfallwirtschaft sind seit 1990 von 38 Millionen Tonnen CO2eq um 75 Prozent auf knapp 10 Millionen Tonnen CO2eq im Jahr 2018 gesunken. Wesentliche Ursache dafür ist die Schließung von Deponien für die Ablagerung unvorbehandelter Siedlungsabfälle im Jahr 2005 und ihre sukzessive Abdichtung gegen Methangasemissionen. Dies sei dem Engagement der kommunalen Unternehmen zu verdanken.

Der Blick in andere EU-Staaten zeige, dass noch zu viele Abfälle zu Lasten des Klimas ungenutzt deponieren. Erst bis 2030 soll dieser Umgang mit Abfällen beendet werden. „Das ist bedauerlich, denn die Beendigung der Deponierung ist eine vergleichsweise kostengünstige Form des Klimaschutzes“, erklärte Hasenkamp.

Seit einigen Jahren beschleunige sich ein Trend, der sich ebenfalls positiv auf die Klimabilanz der Branche auswirkt.

Kommunale Abfallwirtschaftsbetriebe leisteten oft in Kooperation mit anderen Unternehmen einen zunehmenden Beitrag zur dezentralen Energieerzeugung und -versorgung sowie zur Sektorenkopplung:

Sie übernehmen laut Hasenkamp die Versorgung von Industriestandorten mit Strom und Dampf, versorgen Bürgerinnen und Bürger mit Fernwärme, betanken Fahrzeuge mit aus Bioabfällen erzeugtem Biogas, wandeln Energie in speicherbaren Wasserstoff um oder nutzen Sonnen- und Windkraft auf abfallwirtschaftlich geprägten Flächen.

„Damit trägt die Fernwärmeversorgung aus der Abwärme der Abfallverbrennung konkret zum Kohleausstieg bei.“

Besonderes Augenmerk der kommunalen Entsorger liege auf den Bioabfällen: 2017 wurden mehr als 10 Millionen Tonnen unter Regie der kommunalen Abfallwirtschaft getrennt gesammelt. Das war etwa ein Drittel mehr als noch im Jahr 2005. Die Bioabfälle werden zu Biogas und Komposten verwertet. Die Kompostierung bindet mehr als 30 Kilogramm CO2eq pro Tonne auf dem Acker, insgesamt also rund 300.000 Tonnen pro Jahr.

Hasenkamp zufolge sind die Potenziale der Bioabfallerfassung auch in Deutschland noch nicht vollständig genutzt. Zudem beeinträchtigt der hohe Anteil an Plastiktüten aus sogenanntem Bioplastik in der Biotonne die Qualität des erzeugten Komposts. Die kommunalen Entsorger werben daher in zahlreichen Kampagnen dafür, Abfälle konsequent und sauber getrennt zu sammeln.

„Unsere Botschaft: ‚Wer seinen Müll sauber trennt, betreibt aktiven Klimaschutz!‘“

DK

 

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