Fachthemazurück

(GZ-4-2021)
gz fachthema
GZ-Plus-Mitgliedschaft

► Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung bvse:

 

Kreislaufwirtschaft für mehr Klimaschutz

 

Den Beschluss der EU-Regierungschefs, das 55 %-Klimaziel bis 2030 zu erreichen, wertet Herbert Snell, Vizepräsident des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung als „extrem anspruchsvoll“. „Wir können der Europäischen Union deshalb nur dringend raten, die Möglichkeiten der CO2-Reduktion, die die Kreislaufwirtschaft bietet, zu nutzen“, so Snell. 

So könne zum Beispiel der Einsatz von Kunststoffrecyclat anstatt von Neuware große Mengen CO2 einsparen. „Momentan sehen wir aber einen gegenläufigen Trend. Kunststoffneuware ist so billig, dass deutlich weniger Recyclate eingesetzt werden, als es möglich wäre“, kritisiert der bvse-Vizepräsident. Anspruch und Wirklichkeit der kunststoffverarbeitenden Industrie klafften hier noch weit auseinander.

Es zeige sich, dass freiwillige Zielvereinbarungen schnell in den Hintergrund geraten, wenn der Preis stimmt. „Wir sehen daher keine andere Chance, als ordnungspolitisch einzugreifen und den Kunststoffeinsatz zu verteuern, wenn auf den Recyclateinsatz verzichtet wird.“

Das klimarelevante Einsparungspotenzial von Kunststoffen ist enorm. So wurden in 2019 1,95 Mio. Tonnen an Recyclaten erzeugt, die immerhin 2,3 Mio. Tonnen an CO2 einsparen. Dabei sind die CO2-Einsparungen durch 1,16 Mio. Tonnen Kunststoffe, die zu Ersatzbrennstoffen aufbereitet wurden, noch gar nicht eingerechnet.

Kunststoffabfälle sind Wertstoffe

Kreislaufwirtschaft für mehr Klimaschutz wird Snell zufolge aber auch dadurch konterkariert, dass es in Europa immer noch möglich und üblich ist, Kunststoffabfälle ganz legal zu deponieren. „Es muss endlich in das Bewusstsein der politisch Verantwortlichen dringen, dass Kunststoffabfälle kein Müll sind, sondern Wertstoffe, die es zu nutzen gilt.

Die politischen Rahmenbedingungen für die gelebte Kreislaufwirtschaft sind aber noch lange nicht gegeben. Deshalb muss ein europaweites Deponieverbot für Haushaltsabfälle so schnell wie möglich umgesetzt werden“, fordert der Vizepräsident und weist darauf hin, dass das deutsche Deponieverbot gezeigt habe, dass allein dadurch eine erhebliche CO2-Reduktion in Europa erreicht werden könne.

Der bvse mahnt zudem an, dass der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung deutschland- wie europaweit endlich die notwendige Priorität eingeräumt wird. Als „positives Signal“ wertet der Verband, dass die 95.

Umweltministerkonferenz eine Sondereinsatzgruppe Recyclateinsatz (RESAG) beschlossen hat. Diese Sondereinsatzgruppe soll unter Einbindung der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) auf Leitungsebene, unter Beteiligung einer ausgewählten Vertretung aus Wirtschaft, der Wirtschaftsministerien, aus der privaten und kommunalen Entsorgungswirtschaft, des Handels und der Wissenschaft und möglichst der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister binnen zwölf Monaten die Fragen zur „Förderung des Recyclatmarktes“ analysieren.

Unter Hinzuziehung der entsprechenden Studie des Umweltbundesamtes sollen möglichst rasche Lösungen erarbeitet und der Umweltministerkonferenz vorgelegt werden.
Snell: „Wenn unsere Expertise gefragt ist, werden wir uns hier intensiv einbringen. Es muss jedem klar sein, dass nun konkrete Umsetzungsschritte erforderlich sind, um die Kreislaufwirtschaft ganz praktisch umzusetzen.“

Enttäuscht zeigt sich der bvse vom Referentenentwurf zur Novelle der Bioabfallverordnung. Das BMU setzt hier auf die Einführung eines Fremdstoff-Kontrollwertes vor der Zuführung des Materials in die biologische oder hygienisierende Behandlungsstufe.

Verpflichtet zur Einhaltung des Kontrollwertes werden einseitig die Behandlungsanlagen. Nach Auffassung des stellvertretenden Vorsitzenden des bvse-Fachverbands Ersatzbrennstoffe, Altholz und Biogene Abfälle, Bernd Jörg, setzt der Referentenentwurf den Hebel zu spät an. Qualität beginne bereits mit der Bioabfallerfassung.

Schon heute betrieben die Anlagen einen hohen Aufwand zur Qualitätssicherung, denn die Anforderungen an die stoffliche Verwertung wurden bereits Schritt für Schritt vom Gesetzgeber angehoben. Wie gut dies gelingt, hänge allerdings entscheidend von der Sortenreinheit des Materials ab, das ihnen angeliefert wird. Die Sammlung sei der erste entscheidende Schritt für eine hochwertige Abfallverwertung.

Technische Grenzen

Nach Meinung des Fachexperten versucht das BMU mit seinem Entwurf das Pferd von hinten aufzuzäumen. Bei hohen Fremdstoffeinträgen im Input stießen die Anlagen aber an technische Grenzen. Es bestehe die Problematik, dass sich Fremdstoffe im frischen, also feuchten bzw. nassen, angelieferten Bioabfall technisch nicht effizient abtrennen lassen. Daher hatte sich der bvse bereits im Vorfeld dafür ausgesprochen, Anforderungen an die Bioabfallerfassung zu formulieren und maximale Fremdstoffgehalte für die Anlieferung zur Anlage festzulegen.

„Allein darauf zu setzen, dass der Annahmepreis die Qualität des gesammelten Bioabfalls verbessern wird, ist spekulativ“, betont Jörg. Zwar würden auch die Sammler im Entwurf aufgefordert, Bioabfälle so zu erfassen, dass eine Einhaltung des Kontrollwertes zur biologischen Stufe möglich wird, allerdings ließen sich konkrete Verpflichtungen daraus nicht ableiten.

DK

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Fachthema

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung