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(GZ-4-2021)
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Fingerabdruck für die Entstehung von Lachgas-Emissionen

Wissenschaftler*innen um Eliza Harris und Michael Bahn vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck ist es gelungen, die Emissionen des Treibhausgases Lachgas unter Einfluss von Umweltfaktoren in einem noch nie dagewesenen Detaillierungsgrad zu untersuchen. Die Studie, die nun im Fachmagazin Science Advances erschienen ist, stellt damit auch einen Ausgangspunkt für die Erstellung von Modellen dar, welche künftige Trends der Emissionsdynamik von Treibhausgasen in Ökosystemen unter globalen Klimaveränderungen vorhersagen könnten.

Distickstoffoxid (N2O), allgemein als Lachgas bekannt, ist ein starkes Treibhausgas, dessen atmosphärische Wachstumsrate sich in den letzten zehn Jahren beschleunigt hat. Der größte Anteil der anthropogenen N2O-Emissionen resultiert aus der Düngung der Böden mit Stickstoff, der über verschiedene abiotische und biologische Prozesse in N2O umgewandelt wird. Ein Team von Wissenschaftler*innen um Eliza Harris und Michael Bahn von der Forschungsgruppe Funktionelle Ökologie an der Universität Innsbruck konnte nun im Rahmen des vom FWF geförderten Projekts NitroTrace diese N2O-Produktions- und Verbrauchswege, die innerhalb des Stickstoffkreislaufs ablaufen und letztlich zur Emission dieses Treibhausgases führen, im Detail nachvollziehen. In einer Versuchsanordnung im Botanischen Garten der Universität Innsbruck wurden 16 intakte Grünlandmonolithe von der Kaserstattalm im Tiroler Stubaital, einem Standort für Langzeit-Ökosystemforschung (LTER), untersucht. Die Bodenblöcke wurden dabei extremer Trockenheit und einer anschließenden Wiederbefeuchtung ausgesetzt. Diese Wetterbedingungen spiegeln die klimatischen Veränderungen wider, denen viele Regionen der Erde, darunter auch die Alpen, zunehmend ausgesetztsind. „Unser Ziel war es, den Nettoeffekt von Trockenheit und Wiederbefeuchtung auf den Entstehungsprozess von N2O und seine Emissionen zu quantifizieren, der derzeit weitgehend unerforscht ist“, sagt Harris.

Unerwartetes Ergebnis

Entgegen den Erwartungen der Forscher*innen hat auch in sehr trockenen Böden der Prozess der Denitrifikation, also der Abbau von Nitrat zu N2O und molekularem Stickstoff (N2) durch spezielle Mikroorganismen, dominiert. Dieser Prozess findet nach bisherigen Annahmen vor allem in feuchten, sauerstoffarmen Böden statt und durch ihn wird vermehrt N2O an die Atmosphäre abgegeben. Erwartet hatten die Forscher*innen, dass in den trockenen Böden der Prozess der Nitrifikation überwiegt, bei dem Nitrat entsteht, das eine wichtige chemische Verbindung für Pflanzen darstellt. „Wir sind davon ausgegangen, dass in trockenem Boden genug Sauerstoff für die Nitrifikation zur Verfügung steht. Nach genaueren Untersuchungen konnten wir an der Oberfläche unserer Bodenproben trockenheitsbedingte Anreicherungen von stickstoffhaltiger organischer Substanz feststellen und als Auslöser für die Denitrifikation im trockenen Boden identifizieren. Das deutet auf eine starke Rolle der bisher wenig erforschten Chemo- und Codenitrifikationswege hin, bei denen zusätzliche abiotische und biotische Prozesse zur Entstehung von N2O führen“, erklärt Harris das überraschende Ergebnis. Insgesamt war die N2O Emission bei der Wiederbefeuchtung nach extremer Trockenheit am größten. Die Ergebnisse ermöglichen den Forscher*innen einen noch nie dagewesenen Einblick in den Stickstoffkreislauf und die darin enthaltenen Prozesse zur Entstehung des Treibhausgases N2O als Reaktion auf Umweltparameter. Ein besseres Verständnis kann dazu beitragen, Lösungen zu finden, die seit Jahrzehnten ansteigenden Treibhausgas-Emissionen zu verringern.

Neuartiges Analyseverfahren

Entscheidend für den Forschungserfolg war der Einsatz der Laserisotopenspektroskopie, die durch das FFG-geförderte Projekt LTER-CWN ermöglicht wurde. „Durch dieses neuartige Analyseverfahren können wir die Isotopenzusammensetzung von N2O bestimmen. Somit erhalten wir eine Art Fingerabdruck für den Entstehungsprozess des emittierten N2O, was uns wiederum hilft, seinen mikrobiellen Entstehungsprozess zu verstehen“, betont Harris die Bedeutung dieses Verfahrens. Mit Hilfe von molekularökologischen Analysen konnten sie außerdem bestimmen, welche mikrobiellen Gene an der Stickstoff-Transformation beteiligt waren. Außerdem halfen räumliche Analysetechniken, die elementare Zusammensetzung und Verteilung im Boden zu bestimmen. „Wir erhoffen uns, dass wir durch die weitere Anwendung der Kombination dieser Methoden künftig weitere Erkenntnisse zu Rückkoppelungseffekten zwischen Klimaveränderungen und dem Stickstoffkreislauf erhalten“, sagt Harris. Langfristiges Ziel der Forscher*innen ist es, mit Modellen die Emissionsdynamik von Ökosystemen vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen voraussagen zu können.

 

 

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