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(GZ-8-2021)
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► Expertenrunde:

 

Stromspeicher als  Königsweg zur sicheren Energieversorgung?

 

„Stromspeicher der Zukunft“ – so lautete das Thema der jüngsten Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Wirtschaft, Landesentwicklung, Energie Medien und Digitalisierung im Bayerischen Landtag. Die Experten diskutierten mit den Abgeordneten, wie ein modernes Stromversorgungssystem aus dem intelligenten Zusammenspiel von bedarfsgerechter Erzeugung und Speicherung in Zukunft gestaltet werden kann. Deutlich wurde: Um zukunftsfähig agieren zu können, müssen nicht nur Technologien, sondern auch regulatorische sowie rechtliche Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden.

Speicher für Strom aus erneuerbaren, klimaschonenden Energiequellen, sollen künftig eine wichtige Grundlage für die dezentrale Energiewende bilden. Denn sie ermöglichen regionale Wertschöpfung und garantieren eine sichere Stromversorgung in den Kommunen. Zu den modernen Speichermöglichkeiten zählen Pump- oder Druckluftspeicher, elektrochemische Speicher (Batterien/Akkus), chemische Speicher sowie reine Wasserstoffspeicher.

„Stromspeicher werden immer wichtiger, um Zeiten zu überbrücken, in denen Sonne und Wind nicht genügend Energie liefern. Daher werden wir unseren Einsatz auch auf Bundesebene weiter intensivieren, um Kommunen bei Photovoltaik-Anlagen beteiligen zu können und die Akzeptanz für erneuerbare Energien zu erhöhen“, sagte Rainer Ludwig, energiepolitischer Sprecher der Freie Wähler-Landtagsfraktion.

Förderung bringt Zuwächse

In Bayern wurde in den letzten Jahren knapp die Hälfte der benötigten Elektrizität aus heimischen Erneuerbaren Energien gedeckt. Laut Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW kann jedoch nur die volatile Photovoltaik nennenswerte Zuwächse für sich verbuchen und liegt als Spitzenreiter mittlerweile gleichauf mit der bedarfsgerechten Stromerzeugung aus Wasserkraft.

Insgesamt wurden 46 % des Stromverbrauchs im Jahr 2019 regenerativ gedeckt. Nach VBEW-Schätzungen werden es im Jahr 2022 rund 54 % sein. Im vergangenen Jahr wurden in Bayern mehr als 20.000 Photovoltaik-Anlagen durch das Photovoltaik-Speicherprogramm des Wirtschafts- und Energieministeriums gefördert. Ein Schwerpunkt ist dabei das stark frequentierte 10.000 Häuser- Programm gezielt für Kleinanlagen auf Dächern von Privatbauten in Verbindung mit Speichern.

Batterien nutzbarer machen

Die Bevölkerung ist bei der regenerativen Stromerzeugung darauf angewiesen, dass dann genügend Strom vorhanden ist, wenn dieser benötigt wird. Eine stabile Stromversorgung zu jeder Stunde, bei jeder Wetterlage und zu jeder Jahreszeit ist daher die unabdingbare Voraussetzung für eine gute wirtschaftliche Weiterentwicklung in Bayern. Dafür braucht es aber mit dem Abschalten der Kernkraftwerke in Bayern durch die Dezentralisierung der Stromversorgung mehr Erzeugungsanlagen, mehr Speicher und mehr Netzkapazitäten als früher.

In der Expertenrunde im Wirtschaftsausschuss kündigte Wolfgang Arlt, Professor im Ruhestand an der Universität Erlangen an, dass Bayern immer Energie aus Ländern mit mehr Wind oder mehr Sonne importieren werden müsse, um den Energiebedarf zu decken. Prof. Michael Sterner von der OTH Regensburg forderte, dass Batterien in Häusern und Autos daher verstärkt als Speicher nutzbar gemacht werden sollten, um Netzstabilität zu gewährleisten – was aber bisher nicht erlaubt sei.

Forschungsbedarf nötig

Zudem sei im Bereich der Sicherheit von großen Batterien noch Forschungsbedarf nötig. „Bei einer stationären Stromspeicherung ist die Lebensdauer einer Lithium-Ionen-Batterie einer der wichtigsten Punkte“, sagte Professor Hubert Gasteiger von der LMU München. Um Energie langfristig zu speichern, sei vor allem die Wasserstofftechnologie eine Möglichkeit, erläuterte Professor Markus Brautsch von der OTH Amberg-Weiden. Denn klimafreundlich hergestellter Wasserstoff ermöglicht es, die CO2-Emissionen vor allem in Industrie und Verkehr dort deutlich zu verringern, wo Energieeffizienz und die direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht ausreichen. In diesem Bereich gebe es jedoch ebenfalls noch Forschungsbedarf.

Heinrich Gärtner, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Energiespeicher (BVES) betonte, Wind und Solarenergie seien unerschöpfliche Ressourcen. Speicher stünden heute schon bereit. Das Problem allerdings seien veraltete Gesetze. Anders als noch vor ein paar Jahren gebe es heute Techniken, um Strom zu speichern, verteidigte Dr. Kathrin Goldammer, Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Instituts in Berlin, den aktuellen Forschungsstand. Welche Technologien angewendet werden, sei allerdings immer eine Kostenfrage.

Infrastruktur und Backup-System

Professor Gerhard Sextl von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg schlug vor, Photovoltaik-Module zur Stromgewinnung an den bayerischen Autobahntrassen zu installieren. Bayern habe großes Potenzial, müsse aber in die Infrastruktur investieren.

„Der Energiewende liegt kein Masterplan zugrunde, sonst säßen wir heute nicht hier“, sagte Ingenieur und Buchautor Frank Hennig. Speicher seien eine Lösung, um ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herzustellen. Es müsse ein „Backup-System“ für die gesamte Leistung aufrechterhalten werden.

Mehr Bürokratieabbau

In der anschließenden Aussprache stellte Annette Karl (SPD) fest, dass die Regierung nach dem Ausstieg aus Atomkraft und Kohle zum Gelingen der Energiewende verdammt sei. Dabei werde jedoch deutlich, dass das System den Anforderungen nicht mehr gerecht werde, kritisierte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Martin Stümpfig (Bündnis 90/Die Grünen).

Walter Nussel (CSU), Beauftragter für Bürokratieabbau, bat die Experten, Rückmeldungen zu geben, wo Regularien Hindernisse seien zum Ausbau einer sicheren Energieversorgung.

 

 

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