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(GZ-19-2021)
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► Deutscher Landschaftspflegetag 2021:

 

Erfahrungsvorsprung nutzen

 

Ganz unter dem Zeichen der Bundestagswahl, aber auch der Europäischen Agrarreform, stand der diesjährige Deutsche Landschaftspflegetag unter dem Motto „Kooperativ Herausforderungen anpacken“. Mehr als 300 Teilnehmer diskutierten auf der virtuellen Veranstaltung Wege, wie Biodiversität und Klimaanpassung besser als bisher gefördert und organisiert werden können.

Josef Göppel, Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL), erhielt in Ansbach aus der Hand des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Bild: DVL
Josef Göppel, Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL), erhielt in Ansbach aus der Hand des Bayerischen Innenministers Joachim Herrmann das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Bild: DVL

Vor Kurzem hat der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) Empfehlungen für die Umsetzung kooperativer Zusammenarbeit veröffentlicht. Die unverzügliche Förderung kooperativer Modelle im Zuge der Agrarreform wird auch von der Zukunftskommission Landwirtschaft gefordert. „Deutschland hat durch die 30-jährige Tätigkeit der Landschaftspflegeverbände einen großen praktischen Erfahrungsvorsprung. Es ist sinnvoll, flächendeckend solche Kooperationen zu gründen“, unterstrich DVL-Vorsitzender Josef Göppel.

Bundesweite Vorbilder

„Damit unsere Landschaften in ihrer Vielfältigkeit erhalten bleiben, müssen Schutz und Nutzung in Einklang gebracht werden. Dabei sind die kooperativ organisierten Landschaftspflegeorganisationen wichtige Partner. Mit ihrer drittelparitätischen Zusammensetzung sind sie bundesweites Vorbild“, betonte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Sie freue sich, „dass wir die Expertise und Impulse des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege und seiner Landschaftspflegeorganisationen nutzen können, um flächendeckend diese erfolgreichen Lösungen vor Ort zu schaffen“.

Maria Noichl, Mitglied des Europäischen Parlaments, lobte den DVL für seine Ideen zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik: „Mit der Gemeinwohlprämie wurden auch auf europäischer Ebene ganz neue Möglichkeiten aufgezeigt, wie unsere Landwirtschaft Gemeinwohl produzieren und gleichzeitig damit Geld verdienen kann.“
Im Mittelpunkt des Deutschen Landschaftspflegetages standen die Folgen des Klimawandels und die Möglichkeiten erfolgreichen Wasserrückhalts in der Landschaft. Auch wurden in einem eigenen Fachforum Möglichkeiten des Herdenschutzes vor Wölfen vorgestellt und diskutiert.

Initiative „boden:ständig“

Landwirtschaftlich nutzbare Flächen sind weltweit eine knappe Ressource. Bodenabtrag mindert allerdings die Fruchtbarkeit der Böden und belastet zudem die Gewässer. Die aktuellen klimatischen Veränderungen mit zunehmenden Starkregenereignissen und Trockenphasen erfordern Anpassungen der Flurgestaltung und Bodennutzung. Deshalb hat die Verwaltung für Ländliche Entwicklung die Initiative „boden:ständig“ zum Erhalt lebendiger Böden und zur abflussbremsenden Flurgestaltung gestartet, in der Gemeinden und Landwirte gemeinsam aktiv sind.

Dabei gibt es eine gute Arbeitsteilung, wie Sandra Corbeck, Bayerische Verwaltung für Ländliche Entwicklung, berichtete. Die Landwirte engagierten sich mit erosionsmindernden Bewirtschaftungsmethoden, die Gemeinden an den Bächen, und gemeinsam seien sie in der Flur bei der Anlage von Puffersystemen aktiv. Kernelement sei das Prinzip der Freiwilligkeit. Unterstützt werden sie dabei von den Ämtern für Ländliche Entwicklung und den Landwirtschaftsämtern.

Erfolgsfaktoren für die Verbesserung des natürlichen Wasserrückhaltes definierte Corinna Friedrich, DVL. Welche Maßnahmen bevorzugt umgesetzt werden sollten, ist Friedrich zufolge je nach Region unterschiedlich. Dabei spielten Naturraum, Förderinstrumente, vorhandene Akteursnetzwerke und landwirtschaftliche Betriebsstrukturen eine Rolle. Eine individuelle Maßnahmenentwicklung und Beratung von Kommunen und Landwirtschaft sei deshalb essenziell.

Bei der Umsetzung von Projekten auf Flurebene fielen dabei vielseitige Aufgaben an, von der Kontaktaufnahme und Beratung von relevanten Akteuren über die Bestandskartierung, Maßnahmenentwicklung und Finanzierung bis zur Umsetzung. Eine wichtige Aufgabe sei es, die unterschiedlichen Flächeneigentümer und -bewirtschafter im Projektgebiet zu kontaktieren und für das Projekt zu gewinnen, sowie die passenden Maßnahmen mit ihnen abzustimmen. Dafür seien zielgruppenspezifische Kommunikation und Kompetenzen in der Mediation essenziell.

Beratungsleistungen finanziell fördern

Landschaftspflegeorganisationen hätten durch ihre Drittelparität und ihre Gemeinnützigkeit ideale Voraussetzungen dafür, diese Aufgabe auszufüllen, so Friedrich. Dies könne nur funktionieren, wenn die Beratungsleistungen finanziell gefördert werden. Gleiches gelte für die Finanzierung von Maßnahmen, die je nach Region unterschiedlich ist. Dabei könnten Finanzquellen aus Landwirtschaft, Naturschutz, Raumplanung sowie von betroffenen Kommunen und privaten Akteuren zum Einsatz kommen.

Planungsbüros müssten ökologische Zusammenhänge verstehen und die Anliegen der Akteure bei der Maßnahmenplanung miteinbeziehen. Wichtig bei Projekten zur Verbesserung des natürlichen Wasserrückhaltes sei auch die Begleitung durch Öffentlichkeitsarbeit, um die Bevölkerung zu informieren und Akzeptanz zu fördern, was wiederum die Bereitschaft von Landwirten zur Beteiligung erhöhe.

Im Hinblick auf den voranschreitenden Klimawandel mit seinen veränderten Witterungsbedingungen und aufgrund von Defiziten beim Schutz von natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden und Biodiversität böten Projekte zur Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Agrarlandschaft ein hohes Potenzial, den Herausforderungen ganzheitlich zu begegnen.
Das Netzwerk von 181 Landschaftspflegeorganisationen in Deutschland mit ihrer regionalen Arbeitsweise könne beim Wasserrückhalt in der Agrarlandschaft, der viele Synergien mit anderen Aufgaben der Landschaftspflege hat, bundesweit unterstützen.

Schwäbisches Donaumoos

Die „ARGE Donaumoos“ (Arbeitsgemeinschaft Schwäbisches Donaumoos e.V.) engagiert sich für den Erhalt und die gezielte Weiterentwicklung eines einmaligen Lebensraumes, wie Anja Schumann, ARGE Schwäbisches Donaumoos, erläuterte. Vielgestaltige, offene Landschaften wie das Schwäbische Donaumoos seien selten geworden. Das zu erhalten, was im Moor und an der Donau noch intakt ist, das zu entwickeln, was diese einzigarten Lebensräume auf lange Sicht bewahrt und über das zu informieren, was passiert, sei Kern der Arbeit.

Schumann wies darauf hin, dass Moore pro Hektar sechsmal mehr Kohlenstoff als der Wald speichern. Die Ausgasung aus trockengelegten Mooren macht ca. 5 Prozent des deutschen Gesamtausstoßes an CO2-Äquivalenten aus. Etwa 40 Prozent der Klimabelastung der Landwirtschaft stammen aus der Moorbewirtschaftung auf nur ca. 7 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Die Renaturierung deutscher Moore könnte die Ausgasung von jährlich ca. 50 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente verhindern. Dies entspricht ca. drei Viertel des Reduzierungszieles von 473 Mio. Tonnen (2013) auf 411 Mio. Tonnen bis 2020. Pro eingesparter Tonne CO2-Äquivalent ist beim Moorschutz mit Kosten von 30 bis 80 Euro zu rechnen (zum Vergleich: Biogas 150 Euro, Wärmedämmung 400-500 Euro).

„Moorbauernprogramm“

Als Projektpartner fungiert die ARGE Donaumoos Schumann zufolge unter anderem im Rahmen des „Moorbauernprogramms“ sowie des EU-Projekts „Mixed“. Das Projekt „Entwicklung moorverträglicher Bewirtschaftungsmaßnahmen für landwirtschaftlichen Moor- und Klimaschutz“ mit der Landesanstalt für Landwirtschaft in Bayern in Zusammenarbeit mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf untersucht, wie Klimaschutz durch eine angepasste Nutzung von Moorböden mit angehobenen Grundwasserständen in der Praxis umgesetzt werden kann.

Ziel des Vorhabens ist es, die wesentlichen Hemmnisse für eine moorverträglichere Nutzung zu lösen und gleichzeitig die Klimaschutzwirkung moorverträglicher Bewirtschaftungsoptionen zu quantifizieren. Schwerpunkte bilden dabei Techniken zur Wasserstandsregelung, Bewirtschaftungsmethoden im Grünland, Anbauverfahren von Paludikulturen (neue Kulturen, die bei sehr nassen Bedingungen gut gedeihen und auf Moorböden natürlich vorkommen wie z.B. Rohrkolben), die Entwicklung von Wertschöpfungsketten für die Ernteprodukte im Bereich der Nachwachsenden Rohstoffe, sowie die Klimawirkung der Verfahren. Im Rahmen des EU-Projekts „Mixed“ mit 15 weiteren Partnern aus zehn Ländern der EU werden wiederum die Vorteile von gemischten Landwirtschafts- und Agroforstsystemen (MiFAS) für das Klima, die Umwelt und die Gesellschaft erforscht. Damit soll die Entwicklung solcher Systeme vorangetrieben werden.

DK

 

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