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(GZ-21-2021)
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► Werner Raithmayr - DB Energie GmbH:

 

Wasserkraft – Antrieb für die Eisenbahn

Seit Jahrhunderten wird die Kraft des Wassers zur Energiegewinnung genutzt. Auch die Bahn ist seit über 100 Jahren vor allem mit grünem Strom aus Wasserkraft unterwegs. Wasserkraftwerke an Rhein, Mosel, Ruhr, Main, Donau, Lech, Isar, Inn und vom Edersee liefern heute an die Deutsche Bahn.

Werner Raithmayr. Bild: DB Energie GmbH
Werner Raithmayr. Bild: DB Energie GmbH

Der Ersatz fossiler Energiequellen beim Schienenverkehr der Eisenbahn in Deutschland durch Erneuerbare Energien zählt zu den Top-Zielen der Deutschen Bahn. Dabei leistet die DB Energie einen wichtigen Beitrag zur CO2-Reduktion des Konzerns. Schon heute liegt der Anteil erneuerbarer Energien am Bahnstrommix bei rund 61 Prozent. Bis 2030 werden es 80 Prozent sein, bis 2038 soll sogar auf 100 Prozent umgestellt werden.

Ihren Strom bezieht die Deutsche Bahn unter anderem aus zahlreichen Wasserkraftwerken in Deutschland. Eines davon, das Saalachkraftwerk in Bad Reichenhall mit einer Gesamtleistung von ca. 5,2 MW, betreibt die DB Energie GmbH heute sogar selbst. Es gehört zu den ältesten, noch in Betrieb befindlichen Bahnkraftwerken in Deutschland. Seit 1914 erzeugt es Bahnstrom. Gedacht war das Laufwasserkraftwerk zur sauberen Versorgung der bereits 1888 erbauten Eisenbahnstrecke nach Berchtesgaden. Hier kamen bis zur Elektrifizierung Dampflokomotiven zum Einsatz, die mit den Ansprüchen eines Luftkurortes nicht vereinbar waren.

Saalachkraftwerk Bad reichenhall

Jahr für Jahr erzeugt das Saalachkraftwerk rund 40 Millionen kWh, eine Menge, die auch heute noch ausreicht, um 10.000 Vier-Personen-Haushalte zu versorgen. Dabei gehen seit der Inbetriebnahme 60 Prozent der hier erzeugten Energie an die Stadt Bad Reichenhall, da infolge des Aufstauens der Saalach zwei städtische Wasserkraftwerke trocken lagen. Da sich die Saalach aufgrund der starken Pegelschwankungen für ein herkömmliches Laufwasserwerk nicht eignete, entschieden sich die Kraftwerksbauer dazu, die Saalach künstlich zu stauen. Über einen 576 Meter langen Druckstollen gelangt das Wasser zu den mittlerweile fünf Turbinen. Danach wird es über einen 600 Meter langen Unterwasserkanal wieder der Saalach zugeführt.


Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben
Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

Bereits von 1897 bis 1899 wurde das Bahnkraftwerk Kammerl gemeinsam mit der Bahnstrecke Murnau Oberammergau mit der Absicht erbaut, hier erstmals in Deutschland eine Bahnlinie elektrisch mit Drehstrom (3-Phasen-Wechselstrom) betreiben zu können. Zur Passion 1900 in Oberammergau funktionierte dies noch nicht und so wurden zunächst in der umliegenden Gegend Bauernhöfe und Häuser mit Strom versorgt. 1904 aber war die Lösung gefunden: In nur sieben Monaten war das Wasserkraftwerk Kammerl mit Generatoren für niederfrequenten Wechselstrom ergänzt worden und erzeugte so bis zu seiner vorübergehenden Stilllegung im Jahr 2012 Bahnstrom für die Strecke Murnau-Oberammergau.

Von der vor 1900 errichteten Anlage sind die wasserbaulichen Teile nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen seit Februar 2015 wieder in Betrieb. Seither erzeugt die DB Energie GmbH in dem neuen, überwiegend unterirdischen Kraftwerk Drehstrom mit der Frequenz 50 Hertz und speist diesen in das Landesnetz ein. In solchen besonderen Bahnstrom-Kraftwerken erzeugt die Deutsche Bahn insgesamt zwei Drittel der Energie. Ein Drittel bezieht sie aus dem öffentlichen 50-Hertz-Netz über Umformer und Umrichter, die den öffentlichen 50 Hertz-Strom in Bahnstrom mit der besonderen Frequenz von 16,7 Hertz (früher: 16 2/3 Hertz) umwandeln. Das Bahnstromnetz verteilt den für den Eisenbahnverkehr benötigten Strom mit einer Hochspannung von 110 kV zu den Unterwerken. Diese transformieren Hochspannung in 15.000 Volt Mittelspannung. Diese Energie fließt durch die Oberleitungen und treibt die elektrischen Züge an.

Als Wiege der industriellen Stromerzeugung in Bayern gilt das imposante Speicherkraftwerk am Walchensee. Bei seiner Inbetriebnahme 1924 gehörte es mit einer Leistung von 124 MW zu den größten Wasserkraftwerken der Welt und ist heute noch mit einer Jahreserzeugung von rund 300 Millionen kWh eines der größten Hochdruckspeicherkraftwerke in Deutschland. Erbaut wurde es von Oskar von Miller, einem Vordenker, der mit Hilfe des Höhenunterschieds zwischen Walchen- und Kochelsee elektrische Energie gewinnen wollte. Die Elektrifizierung Bayerns, insbesondere der Bahn, sollte damit voranschreiten.

Ende 1924 konnte die Deutsche Reichsbahn den elektrischen Betrieb auf der Strecke Garmisch-Murnau aufnehmen (die Strecke wurde mit Strom aus dem Walchenseekraftwerk versorgt) und im Januar 1925 ging der elektrische Betrieb bis Weilheim an den Start. Einen Monat später konnte der Betrieb bis Starnberg fortgeführt werden und bereits kurz darauf wurde die erste elektrische Probefahrt nach München Hauptbahnhof unternommen.

Pro Tag benötigen die elektrisch betriebenen Züge der Deutschen Bahn allein in Bayern etwa 2,7 Mrd. kWh Bahnstrom. Die Donau-Kraftwerkskette, bestehend aus den fünf Laufwasserkraftwerken Bertoldsheim, Bittenbrunn, Bergheim, Ingolstadt und Vohburg der Donau-Wasserkraft AG (DWK), liefert jährlich rund 640 Mio. kWh Bahnstrom aus nachhaltiger Wasserkraft und speist sie in das Netz der DB Energie. Die Kraftwerke sind schwellbetriebsfähige Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 106 MW. Sie verfügen über jeweils drei Kaplanturbinen, die für die Stromerzeugung bei relativ geringer Fallhöhe und an Flüssen mit großer Wasserführung ideal sind. Durch die verstellbaren Leit- und Laufradschaufeln können Kaplanturbinen auf die jeweilige Wassermenge sehr gut angepasst werden und sind so bestens geeignet für den Einsatz an der Donau.

Fazit: Inzwischen erlebt die Nutzung der Wasserkraft nicht zuletzt durch die Energiewende eine Renaissance. Die CO2-neutrale Energiequelle erzeugt nicht nur nachhaltigen Strom in großem Maßstab, sondern sorgt insbesondere auch für eine hohe Flexibilität im Stromnetz, da der Wasserfluss durch Turbinen in Stauseen und durch Pumpspeicher gesteuert werden kann. Die Erzeugung von elektrischer Energie durch Wasserkraftanlagen in Kombination mit einem angemessenen Schutz und Wahrung der Gewässerökologie stellen einen wichtigen Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energiewende dar.

DB Bahnstrom Energiebilanz 2019

Bahnstromeinspeisung 16,7 Hz: 9.248 GWh
Anteil Wasserkraft: 25,9 %
Bahnstromeinspeisung Wasserkraft aus Drehstrombezug: 1.470 GWh
Bahnstromerzeugung aus Wasserkraft in Bayern: 1.003 GWh
Bahnstromeinspeisung in die Oberleitung aus Unterwerken in Bayern: 1.037 GWh

 

Dieser Artikel ist im Sonderdruck „Heimische Energie aus Wasserkraft“ erschienen, der am 05.11.2021 der Ausgabe 21/2021 der Bayerischen GemeindeZeitung beilag.

Der Sonderdruck kann hier komplett heruntergeladen werden.

 

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