(GZ-7-2022) |
► Digitaler Aufbruch: |
Gigabitstrategie für Deutschland |
„Wir wollen den digitalen Aufbruch für Deutschland. Die Digitalisierung bringt uns mehr Fortschritt, mehr Teilhabe, mehr Chancen. Dafür brauchen wir überall leistungsfähige digitale Infrastrukturen, das heißt Glasfaser bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard“, betonte der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, bei der Vorlage der Eckpunkte zur Gigabitstrategie. Aus den Eckpunkten, den Branchengesprächen sowie Gesprächen mit den Ländern wird nun die Gigabitstrategie ausformuliert, die noch vor der Sommerpause im Kabinett beschlossen werden soll.
Laut BMDV „wollen wir bis zum Jahr 2030 Glasfaser bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard überall dort, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind. In einem ersten Schritt wollen wir bis Ende des Jahres 2025 die Anzahl der Glasfaseranschlüsse verdreifachen. Außerdem soll mindestens die Hälfte der Haushalte und Unternehmen mit FTTB/H versorgt sein.“ Allein in den privatwirtschaftlichen Glasfaserausbau wolle die Telekommunikationsbranche bis 2025 50 Milliarden Euro investieren. Dies begleite und unterstütze man mit passenden Rahmenbedingungen.
Genehmigungen vereinfachen
Um den Glasfaser- und auch den Mobilfunkausbau zu beschleunigen, müssen aus Sicht des BMDV die Bau- und Standortgenehmigungen vereinfacht werden. Dafür sollen die Bundesländer bis Ende 2022 entsprechende Gesetzesänderungen vornehmen. Dazu zählen unter anderem die Möglichkeit zum vorzeitigen Baustart noch vor Erteilung der Baugenehmigung, die Verringerung der Grenzabstände, die für Mobilfunkmasten vorgesehen sind, sowie die Genehmigungsfreistellung für mobile Masten und Änderungen an bestehenden Mobilfunkmasten.
Zudem müssten neue Verlegetechniken in die Fläche gebracht werden. Durch die Änderung des TKG sei es heute schon möglich, etwa Microtrenching und oberirdische Verlegetechniken zu nutzen, die das Glasfaserkabel schneller und kapazitätssparender verlegen. Bislang komme dies jedoch vor Ort nur wenig zum Einsatz. „Wir wollen die Akzeptanz bei Kommunen und Unternehmen der Baubranche erhöhen und Unsicherheiten abbauen. Mithilfe von guten Beispielen und Pilotprojekten wollen wir Potenziale und Umsetzungsmöglichkeiten zeigen. Zugleich unterstützen wir die Prozesse zur Normung und Standardisierung alternativer Verlegetechniken und prüfen, ob und wie mögliche Bauschäden oder Risiken abgefedert werden können“, heißt es in dem Eckpunktepapier.
Ab nächstem Jahr sei es in Deutschland möglich, die Aufrüstung von Kupfer zu Glasfaser auch in Gebieten zu fördern, die bereits mit 100 Mbit/s versorgt sind. „Damit diese Fördermöglichkeit effizient genau dort zum Einsatz kommt, wo die TK-Unternehmen nicht investieren, passen wir unsere Förderung an und machen die Genehmigungsverfahren digitaler und schneller“, so das BMDV.
Planungssicherheit für Kommunen
„Die Fördersätze bleiben, wie sie sind. Damit wollen wir den Ländern und Kommunen die notwendige Planungssicherheit geben. Zugleich wollen wir die Förderung vereinfachen: Deshalb schlagen wir eine Cluster-Förderung vor. In den Regionen mit einem hohen Anteil weißen Flecken starten wir unsere Förderung. Auch das Land entscheidet im Rahmen seiner Ko-Finanzierung mit. Das bedeutet: weniger Markterkundungsverfahren und damit weniger bürokratischer Aufwand. Zugleich erreichen wir so vor allem den ländlichen Raum, in dem privatwirtschaftlich seltener ausgebaut wird“, heißt es weiter.
Um die Länder und Kommunen von zusätzlicher Bürokratie zu entlasten, werde das Antragsverfahren vollständig digitalisiert. „Wir entwickeln zudem einen Mustervertrag für das Betreibermodell und ermöglichen die gleichzeitige Ausschreibung von Planung und Bau. Das wird das Förderverfahren um einige Monate verkürzen.“ Zusätzlich werde der Einsatz von Gutscheinen geprüft, um schnell Menschen in unterversorgten Gebieten anzuschließen.
„Wir wollen für Deutschland den neuesten Mobilfunkstandard überall dort, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind. Dafür konzentrieren wir die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft auf ihre Kernaufgaben, sorgen für eine bessere Mobilfunkversorgung an Bahnstrecken und schaffen einen neuen Bund-Länder-Staatssekretärs-Ausschuss. Dieser wird sich mindestens vier Mal im Jahr treffen, um die Umsetzung der Gigabitstrategie zu überprüfen und wo nötig Anpassungen vorzunehmen sowie Hilfestellungen zu geben“, betont das BMDV. Zudem etabliere man einen institutionalisierten Branchendialog, um die Kooperation zwischen Staat und Markt bei der Beschleunigung des Ausbaus zu verbessern.
Bitkom-Reaktion
„Mit der Gigabit-Strategie des Digitalministeriums können Deutschlands Netze bis 2025 auf ein ganz neues Niveau gehoben werden: viel dichter geknüpft, schneller und ressourcenschonender“, begrüßt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder den angekündigten Maßnahmenkatalog. Seit Jahren weise der Branchenverband darauf hin, dass der Netzausbau mit einfachen Maßnahmen unter anderem im Bereich des Bau- und Verwaltungsrechts massiv beschleunigt werden kann. Wichtig sei, dass die neue Strategie nun auch umgesetzt und mit Leben gefüllt wird. Dazu brauche es die Länder und Gemeinden.
Aktuell bestehe eine hohe Investitionsbereitschaft in Gigabit-Netze, bekräftigte der Verbandsvertreter. So hätten schon heute fast zwei Drittel aller Haushalte Zugang zu Gigabit-Internet, 7,5 Millionen Haushalte könnten mit Glasfaser angebunden werden. Genauso wie die Regierung sähen aber auch die Unternehmen weiteren Handlungsbedarf. An mehr als 1.000 Standorten kämen die Mobilfunkunternehmen mit Ausbauvorhaben für Mobilfunkanlagen derzeit nicht voran, viele Verfahren zögen sich über mehr als zwei Jahre. Die Gründe lägen in der schwierigen Suche nach Standorten, langwierigen Genehmigungsverfahren und fehlender Akzeptanz bei politischen Entscheidungsträgern oder in der Bevölkerung vor Ort.
Aus Rohleders Sicht ist die Bereitschaft der Netzbetreiber groß, ihre Investitionen zu steigern und ganz Deutschland in den kommenden Jahren gigabitfähig zu machen. Bis 2025 bestehe seitens der Unternehmen ein Investitionspotenzial von zehn bis zwölf Milliarden Euro pro Jahr für den Ausbau von Festnetz und Mobilfunk. Die Politik habe die Aufgabe, ideale Rahmenbedingungen zu schaffen, um dieses Potenzial auszuschöpfen.
Auch der VKU begrüßt die klare Festlegung auf das Infrastrukturziel eines Glasfaserausbaus bis in die Gebäude. Stadtwerke orientierten sich beim Glasfaserausbau schon zu über 90 Prozent genau an diesem Ziel, erklärte VKU-Chef Ingbert Liebing.
Liebing forderte mehr Kooperationen beim Ausbau. Zudem werde Open Access für die Glasfaserwende benötigt – weg vom Wettbewerb zwischen den Netzen, hin zum Wettbewerb auf dem Netz: „Es macht keinen Sinn, dass jeder weiter sein eigenes Glasfasernetz ‚buddelt‘ und mancherorts zwei, drei oder vier Netze nebeneinander liegen und in anderen Orten gar keins. Man hat schließlich auch nicht für jede Automarke ein eigenes Straßennetz aufgebaut, sondern ein Straßennetz für alle Marken.“
Die weit überwiegende Zahl der Stadtwerke offeriere bereits einen diskriminierungsfreien Zugang zu ihrem Glasfasernetz für Wettbewerber, unterstrich der VKU-Chef. „Deswegen bieten wir den Telekommunikationskonzernen an, auf unsere bestehenden Glasfasernetze zu kommen. Das könnte den Glasfaserausbau erheblich beschleunigen und unser Land schneller ans Ziel von flächendeckend schnellem Internet in Stadt und Land bringen.“ Außerdem sei es dringend erforderlich, den Übergang von der Kupferleitung auf die Glasfaser zu gestalten anstatt an der alten Kupfertechnik festzuhalten.
DK
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