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(GZ-11-2022)
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► Bayernwerk-Jahrespressekonferenz in Regensburg:

 

Energiesysteme in neuer Dimension

Zu einem laut Bayernwerk-Vorstandsvorsitzendem Dr. Egon Westphal „Tauchgang in die aktuelle Situation der Energieversorgung“ lud das Unternehmen im Rahmen seiner Jahrespressekonferenz in Regensburg ein. Die Energieversorgung befindet sich in einer Zeitenwende. „Der Weg hin zu Erneuerbarer Energie ist der beste und vielversprechendste Weg aus der heutigen Situation der Abhängigkeit“, betonte Westphal. Die Ziele, die die Bunderegierung dabei vorgibt, erforderten jedoch Energiesysteme in einer neuen Dimension. Damit stehe das Bayernwerk vor einem der größten Transformationsschritte in seiner 100-jährigen Unternehmensgeschichte.

Big Data aus der Luft: Andreas Ladda (links), Dr. Egon Leo Westphal und Melanie Wiese vor dem Modell einer Schiebel-Flugdrohne, die die Bayernwerk Netz GmbH künftig zur Instandhaltung und Netzwartung einsetzen wird. Die Drohne steigt in Deutschland erstmalig im Herbst im Einsatz des Bayernwerks. Die hochinnovative Kamera- und Steuerungstechnologie von Siemens Energy ermöglicht ein detailliertes Abbild von Maste, Leitungen, Schrauben und der Umgebung. Bild: Uwe Moosburger, altrofoto/ Bayernwerk AG
Big Data aus der Luft: Andreas Ladda (links), Dr. Egon Leo Westphal und Melanie Wiese vor dem Modell einer Schiebel-Flugdrohne, die die Bayernwerk Netz GmbH künftig zur Instandhaltung und Netzwartung einsetzen wird. Die Drohne steigt in Deutschland erstmalig im Herbst im Einsatz des Bayernwerks. Die hochinnovative Kamera- und Steuerungstechnologie von Siemens Energy ermöglicht ein detailliertes Abbild von Maste, Leitungen, Schrauben und der Umgebung. Bild: Uwe Moosburger, altrofoto/ Bayernwerk AG

Notwendig ist aus Sicht der Bayernwerk-Gruppe ein massiver Ausbau der Energienetze, vor allem der regionalen Verteilnetze. Dafür plant das Unternehmen Rekordbudgets und fordert von der Politik den Abbau der Genehmigungsbürokratie. Zur Umsetzung der energiepolitischen Ziele richtet sich das Augenmerk zudem auf Digitalisierung, Innovation und nachhaltige Lösungen für Kommunen, Industrie, Gewerbe und Verbraucher.

Photovoltaik-Boom

Westphal zufolge hat die Energiezukunft beim Bayernwerk mit der Jahrtausendwende begonnen, aber erst im Jahr 2010 richtig Fahrt aufgenommen. Damals startete der erste Photovoltaik-Boom, vorübergehend mit einem Anschlussvolumen von 40.000 PV-Anlagen pro Jahr. Inzwischen hat die Bayernwerk Netz 350.000 PV-Anlagen an ihr Netz angeschlossen.

Vergangenes Jahr habe sich ein neuer PV-Boom im Freistaat aufgebaut. „Haben wir bislang, also in der ersten Stufe der Energiewende seit dem Jahr 2000, eine PV-Leistung von rund 9.000 Megawatt an unser Netz angeschlossen, liegen bei uns Stand heute PV-Anschlussanträge mit einem Leistungsvolumen von 15.000 Megawatt auf dem Tisch. Das entspricht ungefähr der zehnfachen Leistung des Kernkraftwerks Isar 2. Auch hatten wir letztes Jahr wieder 40.000 Anfragen für neue PV-Anlagen“, beschrieb der Vorstandsvorsitzende die Entwicklung.

Erhebliche Dynamik

Mit der neuen Bundesregierung und der nun erfolgten politischen Neupositionierung der Energieversorgung als Sicherheitspolitik komme nochmals eine erhebliche Dynamik dazu. Bis 2030 sollten bundesweit rund 215 Gigawatt an Solarleistung installiert sein. „Um den geplanten Zubau an Erneuerbarer Energie perspektivisch möglich zu machen, müssen wir in unserem Energienetz von heute an bis zum Jahr 2040 rund 600 neue Umspannwerke und zigtausende Kilometer an Netzen ausbauen. Was die Menge an Netzinfrastruktur betrifft, heißt das: Wir bauen in den nächsten 15 bis 20 Jahren ein weiteres Bayernwerk“, so der Vorstandsvorsitzende. Dies sei erforderlich, da ohne entsprechende Kapazitäten im regionalen Verteilnetz der geplante Zubau an Erneuerbaren Energien nicht stattfinden kann. „Wer die Erneuerbaren Energien entfesseln will, muss die Energienetze entfesseln“, unterstrich Westphal.

Von der Politik fordert der Bayernwerk-Chef daher einen vorausschauenden Verteilnetzausbau und ein bayerisches Umsetzungskonzept, das den Freistaat, die Kommunen, die Netzbetreiber, die Anbieter von Erneuerbarer Energien und die Wirtschaft zusammenbringt. „Die Genehmigungsprozesse müssen deutlich verschlankt werden. Wir müssen weg von einer Verwaltungskultur und hin zu einer Gestaltungskultur.“ Im Mittelpunkt des Handels müsse der gestalterische Auftrag stehen. Die aktuellen Planungen der Bayerischen Staatsregierung, die Personalkapazitäten in den bayerischen Genehmigungsbehörden aufzustocken und die bayerische Forderung an den Bund, den Ausbau des regionalen Verteilnetzes als „im besonderen öffentlichen Interesse liegend“ einzustufen, seien begrüßenswert.

Die Energiezukunft verändert Bayern – und zwar vor Ort. Bayernwerk, so Westphal, habe ein realistisches Berechnungsmodell für ein klimaneutrales Bayern erstellt. Die Ergebnisse zeigten: „In den nächsten 15 bis 20 Jahren steigt die Anzahl an Landkreisen mit bilanziellem Stromüberschuss kontinuierlich an. Der ländliche Raum wird so zu einem grünen Kraftwerk. Während Bayern heute noch bilanziell Strom importiert, werden bis 2040 die bilanziellen Energieexporte wachsen und auf 46 Terrawattstunden steigen. Heute laststarke Regionen wie das Chemiedreieck Burghausen bleiben dennoch auch künftig beziehend.“

Rekord-Netzinvestitionen

Bayernwerk-Vorstandsmitglied Melanie Wiese, die die Ressorts Finanzen, IT und Materialwirtschaft verantwortet, stellte die Entwicklung der Netzinvestitionen der Bayernwerk Netz vor. „Unser letztjähriges Rekordbudget im Netz von 650 Millionen Euro werden wir in diesem Jahr mit Aufwendungen in Höhe von 680 Millionen Euro nochmals übertreffen. 2023 werden wir 750 Millionen Euro für die Netze aufwenden. Im Jahr 2024 sind es dann nach heutiger Planung 815 Millionen Euro.“

Spannt man den Bogen von 2020 bis 2025, „werden wir allein als Bayernwerk über vier Milliarden Euro in das regionale Verteilnetz gesteckt haben. Ohne dieses kostenintensive Engagement werden wir jedoch die politischen Ziele einer klimaneutralen Energiezukunft nicht umsetzen können“, machte Wiese deutlich. „Unsere finanziellen Mittel für eine zukunftsfähige Energieinfrastruktur gehen, soweit möglich, in die Region. Viele Partnerfirmen aus den verschiedenen Regionen werden wir in die Umsetzung unserer Baumaßnahmen einbinden.“

Geschäftsprozesse von A bis Z

Um sich für die Herausforderungen der Zukunft zu wappnen, setzt die Bayernwerk-Gruppe zudem auf Digitalisierung, IT und Innovation. Die gesamte IT-Landschaft werde auf neue, standardisierte Füße gestellt. So könne man aus einem IT-Baukasten heraus Geschäftsprozesse von Anfang bis Ende gestalten.

„Die gewaltigen Herausforderungen im Infrastrukturgeschäft bleiben nicht ohne Auswirkungen auf unsere vertriebliche Ausrichtung“, unterstrich Andreas Ladda, Bayernwerk-Vorstand für Personal und Markt. Der Fokus richte sich auf Energiedienstleistungen und Partnerschaften, die den Kunden helfen, ihre individuelle Energietransformation zu gestalten. „Wir wollen unsere Rolle als Lösungsanbieter im Energiegeschäft weiter ausbauen und schärfen. Das gilt in erster Linie für unsere 1.300 Partnerkommunen in Bayern sowie für Stadtwerke, Gewerbe und Industrie, aber auch - im Hinblick auf technologische Lösungen - für private Haushalte und Bürgerinnen und Bürger“, hob Ladda hervor.

Baukastenprinzip

Im Übrigen, so der Personalvorstand, stünden auch die Kunden des Unternehmens vor der Aufgabe, ihre individuelle Energiezukunft zu gestalten. „Die Anforderungen sind komplex. Um schnell und effizient Lösungen anbieten zu können, arbeiten wir im Kundengeschäft mit standardisierten, digitalen Plattformen und einem Baukastenprinzip."

Als Beispiele nannte er das Angebot lokaler Strommärkte, das Energieportal Business für Industrie und Gewerbe, das Tochterunternehmen Energielösung oder die Quartierslösungen der Bayernwerk Natur und das Energieportal für Kommunen.

Energieportal für Kommunen

Mit dem Energieportal können sich die Kommunen in Echtzeit ein umfangreiches, digitales Abbild über den Zustand aller kommunalen Anlagen verschaffen. Dank automatisierter Messysteme und moderner Sensorik können Daten erfasst, direkt in das Energieportal eingestellt und dort abgerufen werden – oder direkt aufs Smartphone des Bürgermeisters geschickt werden. Vom Zustand der Straßenbeleuchtung, über kommunale Zählerstände, die Luftqualität, örtliche Temperaturen, Besucherzahlen, Verkehrsdaten, Batterie- und Füllständen an kommunalen Anlagen: Die Bandbreite ist umfangreich. Und auch Planungsarbeit ist möglich: So können Kommunen im Energieportal zum Beispiel die Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED vorbereiten.

Quartierslösungen

Beispiele für Quartierslösungen, die die Bayernwerk Natur energetisch mit entwickelt, sind das Münchner Werksviertel Mitte, München-Neuried, das Nürnberg-Seetor, der Augsburger Technology Campus, Eggenfelden, Thalmassing und aktuell das Quartier „Ortsmitte“ in Wackersdorf, bei dem Strom und Wärme intelligent miteinander verzahnt sind. „Grundsätzlich“, so Ladda, „haben wir in unserer Nachhaltigkeitsstrategie entschieden, dass wir ab 2023 in neu entwickelten Quartieren keine fossilen Brennstoffe mehr einsetzen – und damit auch kein Erdgas. Wir bieten in Wohnquartieren nur noch Lösungen für 100 Prozent CO2-freie Energie- und Wärmeversorgung an.“

Innovations-Parcours

Im Rahmen eines Innovations-Parcours stellte das Bayernwerk die Entwicklung im Bereich Digitalisierung anhand einzelner Projekte vor. So arbeitet etwa die Bayernwerk Netz mit Siemens Energy am Projekt NEXT.Sieaero: Eine Flugdrohne inspiziert Stromleitungen und liefert mit hochauflösender Kameratechnologie detaillierte Ergebnisse über den Mastzustand. Ein virtueller Raum liefert exakte Eindrücke von LED-Straßenbeleuchtung, von der Leuchtenoptik bis zur Lichtanmutung. Laufroboter kommen künftig als Helfer in Umspannwerken zum Einsatz. Ölschichten in veralteten Stromkabeln werden mittels Bakterieneinsatz umweltschonend ausgespült. Ausgediente Fahrzeugbatterien bekommen ein zweites Leben als Großspeicher.

DK

 

 

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