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(GZ-17-2022)
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► Halbjahres-Bilanz der bayerischen Sparkassen:

 

Starkes Kundenvertrauen in Krisenzeiten

Zufriedenheit bei den bayerischen Sparkassen: Wie Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, bei der Präsentation der Halbjahres-Bilanz in München bekanntgab, betragen die bei den kommunalen Kreditinstituten hinterlegten Einlagen knapp 193 Mrd. Euro, das Kreditvolumen konnte um insgesamt 5,7 Mrd. Euro (+3,6 Prozent seit Jahresbeginn) auf 165,6 Mrd. Euro ausgebaut werden. Mehr als die Hälfte davon sind Finanzierungen für Unternehmen und Selbstständige. „In Krisenzeiten kommt es vor allem auf das Vertrauen an. Die Menschen wissen, dass die Sparkassen stabil sind und mit Krisen umgehen können“, unterstrich Reuter.

V.l.: Pressesprecherin Eva Mang, Präsident Prof. Dr. Ulrich Reuter und Vizepräsident Roland Schmautz, Bayerischer Sparkassenverband. Bild: Sparkassenverband Bayern
V.l.: Pressesprecherin Eva Mang, Präsident Prof. Dr. Ulrich Reuter und Vizepräsident Roland Schmautz, Bayerischer Sparkassenverband. Bild: Sparkassenverband Bayern

Um 4 Prozent (3,4 Mrd. Euro) auf 89,3 Mrd. Euro wuchs in den ersten sechs Monaten der Kreditbestand der Unternehmenskunden. Mit ihnen nimmt seit Jahren das Kreditneugeschäft im Vergleichszeitraum um 8 bis 9 Mrd. Euro zu und steigt jetzt nach einem im Vergleich zum Corona-bedingten Rekordjahr 2020 schwächeren 2021 sogar auf ein neues Rekordniveau von 11 Mrd. Euro (+21 Prozent) an.

Der Gesamtkreditbestand enthält auch 15.060 Corona-Förderdarlehen mit einem Gesamtvolumen von 3,2 Mrd. Euro (seit Förderstart März 2020). Die Antragsdynamik hatte in den vergangenen Monaten allerdings stark nachgelassen. Die letzten Hilfsmittel-Programme sind zum 30.06.2022 ausgelaufen. 2022 wurden dann auch lediglich 306,9 Mio. Euro zu 1.075 Anträgen aus staatlichen Förderprogrammen zur Corona-Hilfe bewilligt (1. Halbjahr 2021: 419,6 Mio. Euro). Damit fließt der größte Teil der staatlichen Förderkredite nicht mehr in Corona-Hilfsprogramme, sondern in die Bereiche Digitalisierung, Wachstum und Nachhaltigkeit.

Aktuell führen viele Sparkassen gemeinsam mit Fördermittelexperten aktive „Nachhaltigkeitsgespräche“ mit ihren Firmenkunden, in denen Möglichkeiten zur Förderung von Maßnahmen im Rahmen der ökologischen Transformation der Wirtschaft ausgelotet werden, wie z.B. die Umrüstung des Maschinenparks oder die Umstellung auf Elektromobilität. Ukraine-Hilfen (UBR) werden bei den bayerischen Sparkassen nur sehr selten nachgefragt, da nur unmittelbar betroffene Unternehmen, die z.B. Produktions-
standorte nicht nutzen können, antragsberechtigt sind.

Groß war auch das Vertrauen der Privatkunden zu ihren Sparkassen. Sie nahmen wieder fast so viele Kredite in Anspruch wie im entsprechenden Zeitraum der beiden Vorjahre, in denen die Nachfrage trotz Pandemie deutlich gewachsen war: Der Kreditbestand von Privatpersonen wuchs um 2,9 Prozent auf 68,3 Mrd. Euro. Auch die neuen Darlehenszusagen an Private lagen auf hohem Niveau (+8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), wenn auch das Wachstum deutlich unter dem der beiden ersten Corona-Jahre liegt. Treiber des Wachstums sind aber nach wie vor Finanzierungen rund um den Kauf oder die Sanierung von Wohneigentum (+8,5 Prozent).

Nach mehr als zehn Jahren Niedrigzinsen ist der Einlagenbestand der 61 bayerischen Sparkassen erstmals wieder leicht gesunken (-1 Prozent) und beträgt jetzt 192,6 Mrd. Euro. Während Sichteinlagen und Spareinlagen von nahezu allen Kundengruppen abgebaut werden, sind gleichzeitig Zuflüsse bei Termingeldern (+28,3 Prozent) vor allem von Unternehmen und öffentlichen Haushalten zu verzeichnen. Der Anteil der täglich fälligen Verbindlichkeiten an den Gesamteinlagen beträgt bei den bayerischen Sparkassen aber noch immer fast 80 Prozent.

Der Einlagenüberhang der Sparkassen verändert sich nur wenig, die Überschuss-Mittel können jetzt aber zunehmend wieder leicht rentierlich eingesetzt werden und belasten die Sparkassen nicht mehr wie in den Vorjahren. Perspektivisch kommt den Sparkassen auch die aktuelle Zinsentscheidung der EZB zugute, da sich ihre Margenaussichten verbessern. „Entscheidend ist aber, dass die EZB auf diesem Pfad bleibt, auch wenn im Moment das Risiko einer Rezession wegen reduzierter Gaslieferungen im Raum steht“, warnte Präsident Reuter.

Kraft und Resilienz

Mit der Zinswende kommen aber für eine Übergangszeit Herausforderungen auf die Sparkassen zu, denn die Konditionen ihrer Engagements und Anlagen mit unterschiedlicher Fristigkeit müssen schrittweise wieder in Einklang gebracht werden, damit die steigenden Zinsen nicht zur Belastung werden. Reuter zufolge „hilft uns hier aber die große betriebswirtschaftliche Kraft und Resilienz, mit der wir auch die vielen Jahre der Null- und Negativzinsen durchgestanden haben. So werden wir auch die Folgewirkungen aus Energie-Krise und Inflation bewältigen.“

Nach wir vor auf Hochtouren läuft das private und gewerbliche Immobiliengeschäft der bayerischen Sparkassen. Im ersten Halbjahr 2022 haben sie 7,7 Mrd. Euro an neuen Darlehen im privaten Wohnungsbau zugesagt - 600 Mio. Euro bzw. 8,5 Prozent mehr als im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres. Das Kreditvolumen im privaten Wohnungsbaukreditgeschäft (d.h. zwei Drittel des Gesamtbestands an Krediten für den Wohnungsbau) nahm trotz schnell ansteigender Bauzinsen um 3,1 Prozent zu und betrug zum Halbjahr 62,4 Mrd. Euro.

Noch stärker als im Privatbereich zeigte sich im ersten Halbjahr die Dynamik in der gewerblichen Wohnungsbaufinanzierung: Hier konnten die bayerischen Sparkassen trotz des zu Ende gehenden Immobilienbooms neue Darlehen in Höhe von 4,5 Mrd. Euro zusagen, eine Steigerung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 23 Prozent. Allerdings rechnet Roland Schmautz, Vizepräsident des Sparkassenverbands Bayern, für den Bausektor infolge der Zinswende und der jüngsten Zinsentscheidung der EZB mit deutlichen Rückgängen.

Wie Schmautz zudem mitteilte, ist der Wertpapierumsatz der bayerischen Sparkassen seit Jahresbeginn um mehr als 9 Prozent gesunken, verkauften doch die Kunden weniger Papiere als sie neu ins Depot nahmen. Dabei handelte es sich vor allem um Investmentfonds und Aktien. Der Nettoabsatz ist daher in den ersten sechs Monaten um 40 Prozent auf 3,2 Mrd. Euro gestiegen.

Trend zu steigendem Renditebewusstsein

Auch die Nachfrage nach Wertpapiersparplänen, die bereits mit geringen monatlichen Beträgen bespart werden können, bleibt beständig. Schmautz zufolge „ist das weiter zunehmende Engagement unserer Kunden am Kapitalmarkt Ausdruck eines steigenden Renditebewusstseins. Denn selbst steigende Einlagenzinsen werden bei der hohen Inflation keinen wirksamen Vermögensaufbau erlauben. Das ist für viele der richtige Weg zum Vermögensaufbau, ob direkt über Aktien oder eben über Investmentfonds und entsprechende Sparpläne. Deshalb muss die Politik die Rahmenbedingungen jetzt so setzen, dass dieser Trend verstärkt wird: Der Erwerb von Aktien und Wertpapieren muss in Deutschland über Anreize noch attraktiver gestaltet werden, damit sich Unternehmen in der Transformation über öffentliche Mittel hinaus schneller mit Kapital ausstatten können, aber vor allem damit die breite Bevölkerung mittel- bis langfristig Mittel für die Altersvorsorge aufbauen kann. Dabei spielen die Sparkassen als Hausbanken vor Ort eine wichtige Rolle.“

Prognosen über das Ergebnis der Sparkassen im weiteren Jahresverlauf können angesichts der komplexen und mit vielen Unsicherheiten behafteten Situation mit Blick auf Zinsentwicklung, Inflationsverlauf und die konjunkturelle Entwicklung zwangsläufig nur sehr vorläufig getroffen werden, betonte Verbandschef Reuter. Das operative Geschäft sei 2022 für die bayerischen Sparkassen bislang sehr zufriedenstellend verlaufen, jedoch hingen der Zinsüberschuss und das Bewertungsergebnis stark von den Entwicklungen im weiteren Jahresverlauf ab.

Aktuell prognostizieren die bayerischen Sparkassen einen weiteren Rückgang des Zinsüberschusses für das Gesamtjahr 2022, während das diesjährige Provisionsergebnis dem für 2021 gleicht. Insgesamt dürfte das Betriebsergebnis vor Bewertung auf dem Niveau von 2021 liegen.

Zum ersten Mal seit zehn Jahren müssen die Sparkassen jetzt außerdem wieder mit Kreditausfällen rechnen. Nach Reuters Worten dürften sich die Risikovorsorge Kredit und auch das Bewertungsergebnis für das Wertpapiergeschäft daher gegenüber 2021 schlechter entwickeln, beide Kennzahlen seien wegen ihrer Abhängigkeit von der Konjunktur- bzw. Kapitalmarktentwicklung jedoch mit Unsicherheiten behaftet.

Mit dem aktuellen Zinsanstieg werde durch die Rechnungslegungsvorschriften ein Bewertungsbedarf bei den Wertpapieranlagen der Sparkassen ausgelöst: Der Zinsanstieg seit dem Jahreswechsel dürfte bereits zum Teil merkliche Auswirkungen auf den Abschreibungsbedarf der im eigenen Depot gehaltenen Wertpapiere der Sparkassen zum Stichtag 30. Juni haben. Wie Reuter erläuterte, „scheint damit die Lage der Sparkassen im Wertpapierbereich im Einzelfall schlechter als sie tatsächlich ist, diese Abschreibungen sind in der Praxis jedoch nur vorübergehend. Spätestens bei Fälligkeit werden die Wertpapiere wieder mit dem Nominalbetrag eingelöst. Die Wertminderung wird also im Lauf der Zeit abnehmen... Der Zinsanstieg an sich ist gut für das Geschäftsmodell der Sparkassen und wird absehbar auch zu einer Stabilisierung der Ertragslage führen.“

Fazit: „Die bayerischen Sparkassen haben in den letzten Jahren mit Kosten- und Effizienzprogrammen auf die Herausforderungen der Nullzinsen reagiert und parallel ihre Leistungsfähigkeit in der Flüchtlings- und in der Corona-Krise bewiesen. Damit gehen sie gestärkt in eine mögliche nächste Krisenphase“, so der Präsident. Die Sparkassen verfügten über genügend Eigenkapital-Substanz, um ihre Aufgaben verlässlich zu leisten. Derzeit sehe es noch danach aus, „dass wir insgesamt mittelfristig weniger unter der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung leiden, als wir von der Zinsentwicklung profitieren werden“, zeigte sich Reuter optimistisch.

DK

 

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