(GZ-18-2022) |
► VBEW: |
Beim Strom wird es knapp! |
Ohne Erdgas und Kernkraft muss Bayern im nächsten Winter viel Strom importieren |
Die Folgen eines möglichen russischen Gaslieferstopps auf die bayerische Industrie und die bayerischen Haushalte werden derzeit im Hinblick auf den bevorstehenden Winter vermehrt diskutiert. „Doch nicht nur für die Industrieproduktion und das Beheizen der Wohnungen hat eine Gasmangellage dramatische Folgen, auch beim Strom wird es im nächsten Winter knapp werden“, warnt Detlef Fischer, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie und Wasserwirtschaft e.V. – VBEW.
Die Politik muss auch im Sinne ihrer Wähler parteipolitische Überlegungen hintenanstellen und jetzt handeln, um die drohende Versorgungsnotlage abzuwenden. „Wer die Bayern nicht frieren lassen will, muss natürlich auch das Kernkraftwerk Isar 2 (KKI 2) weiterlaufen lassen“, bringt es Fischer auf den Punkt.
Keinesfalls gesichert verfügbar
Nur auf den ersten Blick sehen die Zahlen zur bayerischen Stromversorgung im Monitoringbericht 2021 der Bundesnetzagentur (BNetzA) gar nicht so schlecht aus. Im Jahr 2021 waren in Bayern 10,4 GW an Stromerzeugungsleistung aus konventionellen Energieträgern (inkl. Kraftwerke in Reserve) und weitere 22,2 GW aus erneuerbaren Energieträgern installiert. „Im kommenden Winter könnte es trotzdem sehr eng werden für die Stromversorgungslage in Bayern“, warnt Detlef Fischer, „denn der Großteil der dann noch vorhandenen installierten Leistung kann keineswegs als gesichert verfügbar angesehen werden.“
Im Januar 2023 sind gegenüber dem Berichtsjahr 2021 aller Voraussicht nach 2,7 GW an Kernkraftleistung weggefallen. Im anzunehmenden Fall einer „Dunkelflaute“, d. h., wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht, fallen von den erneuerbaren Energieträgern die Photovoltaik-Leistung und Windkraft-Leistung fast komplett aus. Selbst die wetterunabhängigen Laufwasser-Kraftwerke haben ihre maximale Erzeugungsleistung in der Regel im Frühjahr, im Winter ist wasserdargebotsbedingt ein Rückgang auf etwa 1 GW zu erwarten. Pumpspeicherkraftwerke können ihre Leistung nur so lange liefern, bis die Speicher leer sind, „wir reden da von einem Zeitraum von ein paar Stunden“, konkretisiert Fischer. So bleiben von den Erneuerbaren nur noch weitere 2 GW aus Biomasse, und Geothermie, die als gesichert gelten können.
„Sollten die russischen Gaslieferungen zum Erliegen kommen, wird es im kommenden Winter auch sehr eng für die Stromversorgung in Bayern“, fasst Fischer zusammen. Etwa 4,6 GW an konventioneller Erzeugungsleistung hängen am Erdgas und können nur zu einem kleinen Teil durch Mineralöl substituiert werden.
Es bleiben von den Konventionellen dann nur noch 0,9 GW aus Steinkohle, 0,2 GW aus Sonstigen wie z. B. Müllverbrennung und 1,4 GW aus Ölkraftwerken, unter der Voraussetzung, dass die Lieferketten von Öl und Steinkohle intakt bleiben.
Ausgehend von einer Jahreshöchstlast von 12,7 GW für Bayern ergibt sich summa summarum ein Versorgungsdefizit von bis zu 7,1 GW, welches nur noch durch Stromimporte ausgeglichen werden könnte. Eine Landtagsanfrage von Ende Juni 2022 wird vom Bayerischen Wirtschaftsministerium mit einem vergleichbaren Ergebnis beantwortet.
„In die Rechnung ist noch gar nicht einbezogen, was passiert, wenn auch noch ein Teil der 6,5 Mio. bayerischen Haushalte (davon etwa 40 Prozent mit Erdgas beheizt), deren Wohnungen aufgrund nicht hinreichend funktionierender Gas- und Fernwärmeheizungen zu kalt bleiben, vermehrt mit elektrisch betriebenen Heizlüftern oder Radiatoren nachheizen wollen. Bei einer kalten Dunkelflaute mit wenig Erdgas und ohne Kernkraft wird es in jedem Fall sehr kritisch.
Die Bemühungen der Bayerischen Staatsregierung zur Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke und zur weiteren Befüllung der Gasspeicher unterstützen wir daher vollumfänglich. Wir brauchen jetzt schnelle Lösungen für den Fall einer möglichen Gasmangellage und keine parteipolitischen Denkverbote. Dafür ist die Lage viel zu ernst. Läuft das KKI 2 mit angenommener reduzierter Leistung von 1.000 MW elektrischer Leistung noch über den Winter weiter, könnten allein dadurch 500.000 Wohnungen mit einem handelsüblichen Heizlüfter (2.000 W) eine Basiserwärmung rund um die Uhr erhalten“, resümiert Fischer.
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