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(GZ-20-2022)
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► 50. Schwarzbuch des BdSt-Landesverband Bayern:

 

Sozialschädliche Steuergeldverschwendung

Eine kostspielige Abschiebungshafteinrichtung, eine Überstundenaffäre und eine beheizte Brücke: Auch in der Jubiläumsausgabe seines 50. Schwarzbuches weist der Bund der Steuerzahler in Bayern auf zahlreiche Fälle öffentlicher Verschwendung hin. „Seit wir 1972 unser erstes Schwarzbuch vorgestellt hatten, hat sich zwar einiges zum Guten gewendet. Trotzdem fehlt es in Politik und Verwaltung immer noch an Kostenbewusstsein und es kommt zu Fehlentscheidungen. Deshalb resignieren wir auch nach 50 Jahren Schwarzbuch nicht“, erklärte BdSt-Präsident Rolf von Hohenhau in München.

Laut Vizepräsidentin Maria Ritch wird das Schwarzbuch heute dringlicher denn je gebraucht. Die aktuellen Krisen hätten zu einer beispiellosen Ausweitung der öffentlichen Ausgaben geführt. Doch statt zu sparen und Prioritäten zu setzen, stürze sich die Politik in eine immer höhere Verschuldung. Sogar die grundgesetzliche Schuldenbremse werde in Frage gestellt. „Dabei zeigt sich: Gerade in Krisen ist es wichtig, solide Haushalte vorzuweisen, um handlungsfähig zu sein und Bürger und Betriebe gezielt entlasten zu können“, betonte Ritch.

Tiefgaragen-Sanierung

Wie jedes Jahr sind Baukostenüberschreitungen bei öffentlichen Bauvorhaben im Schwarzbuch nicht wegzudenken. Beispiel Regensburg: Da die statische Sicherheit aufgrund des schlechten Zustands der Tiefgaragen West und Ost an der Uni Regensburg auf Dauer nicht mehr gewährleistet und auch die Haustechnik störanfällig und überaltert war, war eine Sanierung unumgänglich. Obwohl der Umfang der Baumaßnahme reduziert wurde, explodierten die Kosten: von 49 Mio. Euro im Jahr 2017 auf 80 Mio. Euro in diesem Jahr. Darüber hinaus verzögerte sich die Fertigstellung. Ursprünglich sollte die Baumaßnahme 2021 abgeschlossen sein, doch es werden wohl erst im Jahr 2023 die ersten Autos in der Tiefgarage West parken können. „Eine derartig hohe Kostensteigerung wirft auch Fragen zum Risikomanagement auf“, so der BdSt. „Wohl oder übel werden die Steuerzahler wieder einmal die ‚Gelackmeierten‘ sein.“

Ein weiteres Beispiel: Um sog. Abschiebungshafteinrichtungen für Asylbewerber zu erweitern, hat der Freistaat Bayern neben dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Hof auf einem staatseigenen, rund 11.500 qm großen Grundstück, eine neue fünfgeschossige Hafteinrichtung mit 150 Haftplätzen gebaut. Für diesen Bau ging man im Jahr 2018 von geschätzten 30 Mio. Euro aus. Schlussendlich betrugen die Gesamtkosten 78,5 Mio. Euro. Außerdem wurden 96 zusätzliche Planstellen geschaffen, von denen bis August 2022 86 besetzt waren. Zu wünschen übrig ließ allerdings bis jetzt die Auslastung des neuen „Abschiebegefängnisses“. Diese lag zum z. B. im Januar 2022 noch bei 35 Prozent, im März bei 23 Prozent und im Mai bei 27 Prozent.

Pavillon-Restaurierung

Kräftige Kostensteigerung auch bei der Restaurierung eines historischen Pavillons: Im Jahr 2010 erwarb die Stadt Ansbach einen historischen hölzernen Pavillon, der aus dem Jahr 1850 stammt. 2012 hat man den früher als Zeitungskiosk genutzten Pavillon im Zuge von notwendigen Infrastrukturmaßnahmen an der sog. Promenade abgebaut und eingelagert. Nun wurde der rund 6 qm große Pavillon nur wenige Meter von seinem ehemaligen Standort an der neu gestalteten „Promenade“ wieder aufgebaut und als Crêperie mit einer Außenbestuhlung genutzt. Leider stiegen die Kosten für die Restaurierung des Pavillons mit 137.000 Euro um mehr als das Doppelte an. Auch wurde eine professionelle Kücheneinrichtung nebst Lüftungsanlage und Fettabscheider angeschafft, so dass sich die Kosten auf rund 250.000 Euro summierten. „Auch wenn für die Restaurierung des historischen Pavillons ein Zuschuss aus staatlichen Mitteln im Rahmen der Städtebauförderung in Höhe von 60 Prozent der förderfähigen Kosten erwartet wird, ist dies wenig tröstlich für die Steuerzahler. Denn Steuergeld bleibt Steuergeld – gleich aus welchem Topf es kommt“, meint der BdSt.

Für Aufsehen sorgte auch das sog. Zukunftsmuseum Nürnberg unter der Trägerschaft des Deutschen Museums. Als Anstalt des öffentlichen Rechts und autonome Rechtspersönlichkeit schloss das Deutsche Museum mit den Grundstückseigentümern den Mietvertrag in eigener Zuständigkeit. Der Freistaat Bayern finanziert seit Ende 2019 die Mieten für das Museumsgebäude auf dem Nürnberger Augustinerhof-Areal. In der Aufbauphase bis zur Eröffnung wurde das Deutsche Museum Nürnberg mit investiven Mitteln in Höhe von insgesamt 27,6 Mio. Euro aus dem Staatshaushalt unterstützt. Bei dem Mietvertrag sorgte die lange Laufzeit von 25 Jahren wie auch die Höhe der Miete für Debatten im Bayerischen Landtag. Die Mietausgaben einschließlich der Betriebskostenvorauszahlung belaufen sich auf jährlich rund. 2,8 Mio. Euro. Der Freistaat Bayern hat die Übernahme der Mietkosten ab dem Jahr 2020 für die gesamte Laufzeit des Mietvertrags von 25 Jahren zugesagt. Dem Bund der Steuerzahler gegenüber wurde allerdings die Angemessenheit des Mietpreises kritisiert. „Im Sinne der Steuerzahler bleibt zu hoffen, dass das neue ‚Zukunftsmuseum Nürnberg‘ auch wegen der hierfür ausgegebenen Steuergelder zu einem musealen Erfolg wird.“

G7-Gipfel

Teure Imagepflege auch in den bayerischen Bergen: Im Juni fand der G7-Gipfel im Luxushotel Schloss Elmau statt – für die bayerischen Gastgeber eine sowohl organisatorische als auch sicherheitstechnische Herausforderung. Auch wenn weitgehend ein störungsfreier Verlauf des Demonstrationsgeschehens festzustellen war, hat der G7-Gipfel den Steuerzahlern als Gastgeber dem Vernehmen nach mindestens 180 Mio. Euro gekostet – über 35 Mio. Euro mehr als die Premiere im Jahr 2015. Der Bund der Steuerzahler geht jedoch von einem weit höheren Personal- und Kostenaufwand für das politische Großereignis aus. Seiner Meinung nach hätte eine andere Standortwahl für das Gipfeltreffen, z.B. in der Landeshauptstadt München, in der bereits seit Jahren die sog. Sicherheitskonferenz mit einem vergleichbar gefährdeten Personenkreis erfolgreich veranstaltet wird und der Sicherheitsaufwand wesentlich geringer wäre, erheblich weniger Kosten verursacht.

Neuer Heilig-Geist-Steg

Nicht gerade vom Glück verfolgt war man bei der Errichtung des rund 2 Mio. Euro teuren Heilig-Geist-Stegs über die B304 in Traunstein. Damit sollte eine sichere Querungsmöglichkeit für Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden, die schließlich nach einigen Pannen Mitte des Jahres 2020 für den Verkehr freigegeben werden konnte. Zwar entstanden dem Steuerzahler für so manche Nachbesserungsmaßnahmen keine Mehrkosten, jedoch hatte sie die Kosten von 150.000 Euro für die in der Brücke verbaute Heizung zu tragen. In den Belag des Geh- und Radweges wurden elektrische Heizmatten installiert, damit dieser im Winter bei Schnee und Eis gefahrenlos benutzt werden kann. Da der Stadt Traunstein die Unterhaltslast für den Geh- und Radweg oblag, hatte sie auch die Stromkosten für die Beheizung des Weges zu tragen. Hierfür fielen 2021 rund 23.000 Euro an Kosten an. Dies war offenbar auch dem neuen Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt zu viel. Er veranlasste, die Brücke ab sofort aus finanziellen und ökologischen Gesichtspunkten nicht mehr zu beheizen. Der Geh- und Radweg wird künftig von Mitarbeitern des Winterdienstes geräumt.

Für Aufsehen sorgte schließlich die sog. Überstundenaffäre in Augsburg: In seiner Eigenschaft als früherer Verwaltungsangestellter im Stadtplanungsamt sammelte der städtische Baureferent in den Jahren 1994 bis 2008 weit über 4.000 Überstunden an, da er seinerzeit mehrere Sonderprojekte zu betreuen hatte. Da Gerd M. nächstes Jahr in den Ruhestand gehen möchte, forderte er die Auszahlung der angesammelten über 4.000 Überstunden in Höhe von rund 200.000 Euro. Grundlage hierfür war eine Dienstvereinbarung, in der weder eine Höchstgrenze noch ein Verfall von Überstunden festgelegt war. In der Regel nutzen Mitarbeiter die Zeitkonten, um früher in den Ruhestand gehen zu können. Dies ist aber bei Gerd M. nicht möglich, da er die Überstunden aus seiner damaligen Funktion in seiner jetzigen Stelle als Baureferent nicht mehr abfeiern darf.

Fehlendes Fingerspitzengefühl

Aus Sicht des BdST wäre die Stadt Augsburg gut beraten, wenn sie die offenbar noch geltende Dienstvereinbarung mit ihrem Personalrat überarbeiten würde, um eine außergewöhnliche Anhäufung von Überstunden über Jahre hinweg zu vermeiden. „Auch wenn die Stadt Augsburg nunmehr ein digitales Zeitwirtschaftssystem einführen möchte, das alle relevanten Aspekte – wie z.B. Überstunden- und Mehrarbeitsmanagement, Fehlzeitenmanagement, Personaleinsatzplanung etc. – berücksichtigt, lässt die Auszahlung von über 15 Jahre alten Überstunden jegliches Fingerspitzengefühl vermissen. Die Zeche zahlen jedenfalls die Augsburger Steuerzahler.“

DK

 

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