VERBUND ist mit 132 Kraftwerken (davon 109 Laufkraftwerke mit 4.700 Megawatt und 23 Speicherkraftwerke mit 3.900 Megawatt) in Österreich, Bayern und Albanien einer der ganz großen Wasserkraftplayer in Europa. Aus rund 8.600 Megawatt Leistung werden etwa 30,5 Milliarden Kilowattstunden sauberer Wasserkraftstrom pro Jahr erzeugt. Allein in Bayern und entlang der deutsch-österreichischen Grenze arbeiten 21 VERBUND-Laufwasserkraftwerke mit rund 1.000 Megawatt Leistung und produzieren jährlich rund 5,8 Milliarden Kilowattstunden Ökostrom pro Jahr für die Bevölkerung in der Region.
v.l. Detlef Fischer, Theresa von Hassel, Dr. Karl-Heinz Gruber
Für Dr. Karl Heinz Gruber, verantwortlich für die Wasserkraft bei VERBUND in Österreich und Bayern, liegt es auf der Hand, dass die heimische Wasserkraft als erneuerbare Energieform nicht nur in der Vergangenheit, sondern insbesondere in der Zukunft einen besonders wichtigen Beitrag sowohl zum Klimaschutz als auch zur Versorgungssicherheit leistet; dies ist umso bedeutender in so bewegten Krisenzeiten wie derzeit.
Deshalb sollte es bezüglich der Nutzung bekannter vorhandener Wasserkraft-Ausbaupotenziale in Bayern keine Frage des Ob sein, sondern des Wann. Wobei als Grundlage dafür ein klares gesellschaftspolitisches Bekenntnis der Politik zur besonderen Leistungsfähigkeit der heimischen Wasserkraft stehen muss. Weil es heute selbstverständlich ist, dass ein Heben der Wasserkraft-Ausbaumöglichkeiten nur im Konsens zwischen Politik, Gesellschaft und Ökologie stattfinden kann.
Gruber verweist aus Unternehmenssicht auf das im VERBUND-Leitbild verankerte enge Miteinander von Wasserkraft und Ökologie. Bis 2027 sind rund 280 Millionen Euro für die Ökologie budgetiert, davon rund 80 Millionen Euro am bayerischen Inn bzw. am Grenz-Inn und an der Grenz-Donau. Die Mittel fließen unter anderem in Fischwanderhilfen, Renaturierungsmaßnahmen oder in ökologisch ausgerichtete Forschungsprojekte. Dazu kommt noch der laufende Aufwand für den Betrieb und Erhalt dieser Maßnahmen, welcher alleine in Bayern einen Betrag von über 3 Millionen Euro pro Jahr ausmacht.
Neben dem grundsätzlichen politischen Verständnis müsste für das Vorantreiben des Wasserkraftausbaus auch die ehrliche Gleichbehandlung mit anderen Erneuerbaren festgeschrieben werden und die oftmals einseitige Diskriminierung der Wasserkraft ein Ende finden. Ideologisch motivierte „Angriffe“, wie im ersten Entwurf des Osterpakets (EEG-Reform 2023) auf die kleine Wasserkraft, das mit viel Engagement, Beharrlichkeit und Überzeugungsarbeit gerade noch abgewehrt werden konnte, müssen einem vernunftgesteuerten Pragmatismus weichen. Denn welche grundlastfähigen Kraftwerke stellen künftig die erneuerbare Versorgung sicher, wenn die meisten thermischen Kraftwerke abgeschaltet oder deren Energieträger zum Spielball von Kriegstreibern werden?
VERBUND ist bei passenden Rahmenbedingungen bereit und fähig, seinen Beitrag zur von der Bayerischen Staatsregierung formulierten Steigerung der Wassererzeugung um rund eine Milliarde Kilowattstunden pro Jahr zu leisten, bestätigte Gruber. Ein Paradebeispiel ist etwa das erneuerte Inn-Kraftwerk Jettenbach-Töging. Alleine diese Investition von 250 Millionen Euro in eine Bestandanlage deckt mit einer zusätzlichen Erzeugung schon rund 14 % des bayerischen Ausbauziels ab. Darüber hinaus plant VERBUND durch die Modernisierungen der Bestandsanlagen weitere rund 260 Millionen Kilowattstunden zu erzeugen. Darin enthalten ist auch die innovative Mitnutzung von flussbaulichen Sanierungen an der Unteren Salzach. Allerdings nur, wenn auf allen Ebenen ein unterstützendes Umdenken pro Wasserkraft stattfindet.
Dazu zählt unter anderem, dass der Gesetzgeber den Grenzwert für eine Förderung einer Leistungssteigerung bei Ertüchtigungen von mindestens zehn Prozent deutlich nach unten drückt. Bzw. dass es mit Blick auf Genehmigungsverfahren und verwaltungsrechtliche Themen zu einer realen Gleichbehandlung der Wasserkraft in Sachen Naturschutzauflagen mit anderen Erneuerbaren kommt. Das Gleiche muss im Übrigen auch für die Genehmigung von Energiespeichen kommen, wie der hocheffizienten und erprobten Pumpspeicherkraftwerke,. Deren besonderer Wert wird laut Gruber in Deutschland noch nicht ausreichend erkannt. Seiner Meinung nach muss sich da der Zugang ändern, wenn nicht potenzielle Nutzungsinitiativen für diese dringend benötigte Speichertechnik schon im Keim erstickt werden sollen. Wünschenswert wäre natürlich auch ein intensiveres Engagement der Bundesrepublik in Brüssel, um die Diskriminierung der Wasserkraft auch auf EU-Ebene zu beenden.
Gruber konnte in seinem Vortrag am Beispiel zahlreicher, erfolgreich umgesetzter Umweltschutzmaßnahmen an den bayerischen VERBUND-Kraftwerken eindrucksvoll zeigen, dass Wasserkraftnutzung und Ökologie bei gesamthafter Betrachtung und Herangehensweise kein Widerspruch mehr sind. Allerdings gibt es durchaus noch erhebliches Verbesserungspotenzial im interdisziplinären Zusammenspiel der Akteure, Unternehmen, Genehmigungsbehörden, Gesellschaft und NGOs. Am Beispiel des Energiespeichers Riedl bei Jochenstein/Passau plädierte er dafür, mögliche ideelle Partikularinteressen von Naturschutzorganisationen und/oder Grundsatzpositionen Einzelner vor Ort nach dem Nimby-(Not in my backyard-) Prinzip zukünftig in einem Gesamtrahmen zu betrachten. Übergeordnete Ziele der Gesellschaft nach Klimaneutralität und regionaler Versorgungssicherheit müssen bei einer ganzheitlichen Betrachtung ein übergeordnetes Gewicht erhalten.
Sein Appell: Miteinander nach bestmöglichen Lösungen suchen anstatt gegeneinander durch eine fokussierende Brille zu arbeiten, die nur den eigenen gewünschten Betrachtungswinkel zulässt.
Weitere Informationen:
verbund / Renaturierung https://bit.ly/3N0Z0c9
verbund / biodiversität https://bit.ly/3Dv5Kfb
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