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(GZ-22-2022)
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Bayern zündet Energie- und Klima-Turbo

Die bayerische Staatsregierung will die Folgen der Energiekrise im kommenden Jahr mit einem eigenen Härtefallfonds in Höhe von 1,5 Milliarden Euro abmildern. Dies hat das Kabinett in München beschlossen. Zudem wird der Freistaat durch eigene Energie-Projekte die Energieversorgung und Krisenfestigkeit der Zukunft sichern und auch neben der Erreichung der Klimaziele die weitere Energiepreisentwicklung abfedern. Dafür nimmt er Mittel in Höhe von 500 Mio. Euro in die Hand. Wie Ministerpräsident Dr. Markus Söder erläuterte, „wollen wir bewusst ein Zeichen für die Zukunft setzen. Dies soll durch einen ‚Energie- und Klimaturbo‘ geschehen.“

Sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene wurden die Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien bereits nachhaltig verbessert. Damit diese Änderungen ihre volle Wirkung entfalten können, werden 100 zusätzliche Personalkapazitäten insbesondere bei den Regierungen geschaffen werden, um unter anderem die Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien wie Windkraft und Geothermie zu beschleunigen, die zwingend erforderliche zügige Fortschreibung der Regionalpläne für die Windkraft sicherzustellen, und die Ausweisung von relevanten Flächen auch zur Rohstoffsicherung für die Erneuerbaren Energien zu ermöglichen.

Im südbayerischen Molassebecken ist die hydro-thermale Tiefengeothermie bereits heute marktreif. Bei der sogenannten petrothermalen Geothermie bedarf es jedoch laut Ministerrat noch zusätzlicher Forschung, um eine Marktreife zu erlangen. Kann dieses Potenzial erschlossen werden, ist die Nutzung der Geothermie auch in Nordbayern möglich. Vor diesem Hintergrund wurde beschlossen, zusätzliche Mittel für die entsprechende Forschungsförderung für die Geothermie in Höhe von 10 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen.

Versorgung mit Wasserstoff

Die Sicherstellung der Versorgung der bayerischen Industrie mit Wasserstoff ist für die erforderliche Dekarbonisierung der Produktionsverfahren von ausschlaggebender Bedeutung. Um die bayerische Industrie zukunftsfähig zu machen, ist insbesondere eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur erforderlich. Die auf die Bedürfnisse der bayerischen Industrie zugeschnittene Ertüchtigung („H2 ready“) sowie auch der weitere Ausbau des Ferngasleitungsnetzes liegen im fundamentalen Interesse des Freistaats Bayern und erfordern massive Investitionen in das Leitungsnetz. Da es insbesondere auf Bundesebene noch keinen koordinierten Prozess zum Aufbau eines Wasserstoffnetzes gibt, werden die Planungen gegenwärtig vor allem von privaten Akteuren wie den Ferngasnetzbetreibern vorangetrieben. Da dies aus Sicht der Staatsregierung jedoch nicht ausreichend ist, bedarf es hier einer koordinierten Planung durch die Bundesregierung.

Um zusätzlich noch eigene Akzente von Seiten der Staatsregierung setzen zu können, werden das Staatsministerium der Finanzen und für Heimat und das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie prüfen, ob eine Beteiligung des Freistaats Bayern an relevanten heimatnahen Energieunternehmen (z.B. Bayerngas) geeignet sein könnte, den erforderlichen Leitungsausbau zu beschleunigen und im Interesse der bayerischen Wirtschaft zu gestalten.

Projekt „HyPipe Bavaria“

Im Rahmen des IPCEI Wasserstoff Auswahlverfahrens haben die in Bayern tätigen Ferngasnetzbetreiber bereits das Projekt „HyPipe Bavaria“ entwickelt. Dieses Projekt sieht den Aufbau einer leitungsgebundenen Wasserstoffversorgung insbesondere der Wasserstoffcluster Ingolstadt und Burghausen mit ihren energieintensiven Industrien vor und ist aus Sicht der Staatsregierung ein Meilenstein zum Aufbau eines Wasserstoff-Startnetzes in Bayern. Als Nukleus könnte es den weiteren Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur maßgeblich beschleunigen. Da dieses Projekt leider nicht vom Bund im Rahmen des IPCEI-Prozesses ausgewählt wurde, wird das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie zusammen mit den beteiligten Unternehmen ein Konzept entwickeln, wie dieses Projekt mit entsprechenden Landesmitteln unterstützt werden kann, und hierzu zeitnah zu berichten. Hierzu werden 100 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt.

Parallel zum Ausbau des Leitungsnetzes bedarf es für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft auch eines dezentralen Aufbaus einer eigenen heimischen Wasserstoffproduktion in ganz Bayern. Durch die verbrauchsnahe Produktion von Wasserstoff können regionale Kreisläufe und auch Inselnetze zur Verteilung des Wasserstoffs an Abnehmer gebildet werden, die dann an die großen Wasserstoff-Pipelines angeschlossen werden. Daraus kann sich langfristig eine flächendeckende Versorgung entwickeln.

Aufgrund der zu erwartenden Definition von grünem Wasserstoff auf EU-Ebene und im Sinne einer integrierten Energiewende sollen diese Elektrolyseure von einem entsprechenden Aufbau regenerativer Stromerzeugungskapazitäten begleitet werden. Für dieses Programm sollen 150 Mio. Euro bereitgestellt werden. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird eine Machbarkeitsanalyse durchführen und ein entsprechendes neues, investives Elektrolyseur-Förderprogramm entwickeln.

Ziel ist es, zeitnah rund 50 kleine Wasserstoffkraftwerke, sogenannte Elektrolyseure, bis zu einer Größe von 5 MW zu fördern. Sie sollen insbesondere in Regionen gebaut werden, wo besonders viel Erneuerbare Energien erzeugt werden. Gerade in Gebieten, in denen es Probleme mit der Einspeisung der Überschüsse ins Stromnetz gebe, sei Wasserstoff die optimale Ergänzung zur Speicherung dieses Stroms. Darüber hinaus soll die bestehende Förderung von Wasserstofftankstellen und der E-Ladesäulen um einen weiteren zusätzlichen Betrag in Höhe 30 Mio. Euro aufgestockt werden.

Fokus auf Wasserkraft

Bei der Stärkung der Heimatenergien spielt insbesondere auch die Wasserkraft eine wichtige Rolle. Die Staatsregierung hat sich zum Ziel gesetzt, weitere Potenziale bei der Wasserkraft zu erschließen. Zeitnah werden das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ein entsprechendes Konzept vorlegen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine Wasserkraftnutzung an der unteren Salzach im Tittmoninger Becken zu realisieren. Hierbei ist eine größtmögliche Ausnutzung des vorhandenen Potenzials anzustreben. Das Konzept soll zudem die Frage umfassen, wie der Freistaat das entsprechende Projekt finanziell unterstützen kann. Hierfür werden 20 Mio. Euro zusätzlich im Haushalt des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz bereitgestellt.

„BioWärme Bayern“

Die aktuelle Energiekrise und der Klimawandel erfordern zudem neue Wege, um die Energieträger Öl und Gas verstärkt auch durch erneuerbare Energieträger wie feste Biomasse
im Wärmebereich zu ersetzen. Das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie wird eine neue Förderinitiative („BioWärme Bayern“) zur Beschleunigung des sogenannten Fuel Switch in Bayern für Unternehmen und Kommunen entwickeln. Hierfür sollen 10 Mio. Euro zusätzlich bereitgestellt werden.

Auch sollen 100 zusätzliche Stellen, sogenannte Problemlöser, bei den Regierungen dafür sorgen, dass Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien wie Windkraft oder Geothermie beschleunigt werden. Ferner setzt der Freistaat auf die Potenziale von Photovoltaik auf staatlichen Dächern. Rund 1.300 staatliche Dächer sind grundsätzlich für PV-Anlagen geeignet, bis Ende 2022 werden ca. 580 Anlagen in Betrieb sein. Um die noch offenen Potenziale bis 2025 zu erschließen, sollen zusätzlich 125 Mio. Euro bereitgestellt werden. Auch die noch im Besitz des Freistaats befindlichen Eon-Aktien sollen veräußert werden, um in die bayerische Energieinfrastruktur zu investieren. Nach Söders Angaben umfassen die bayerischen Eon-Anteile ein Volumen von rund 250 Millionen Euro.

„Sowohl die Corona- wie die aktuelle Energiekrise haben gezeigt, dass die Krisenfestigkeit der bayerischen Wirtschaft gestärkt werden muss. Es gilt sowohl die Forschung wie die heimische Produktion in den Bereichen der alternativen Energien und vor allem auch im Gesundheitsbereich zu stärken. Damit stärken wir die Unabhängigkeit Bayerns und sind so im nächsten Krisenfall besser gerüstet“, heißt es abschließend. Vor diesem Hintergrund wird das Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie die bayerische Technologieförderung entsprechend ausbauen und einen neuen Schwerpunkt „Stärkung der Krisenfestigkeit der bayerischen Wirtschaft“ entwickeln. Der Ministerrat stellt hierzu 100 Mio. Euro zusätzlich bereit.

DK

 

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