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(GZ-22-2022)
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► Studie Agora Energiewende:

 

Mit Zukunftsinvestitionen die fossile Inflation bekämpfen

Mit einer Investitionsoffensive in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und strombasierte Technologien in Industrie und Gebäuden kann Deutschland die fossile Energiekrise strukturell überwinden und zugleich seine Ausgaben für Gas- und Öl-Importe massiv senken. Ein entsprechendes Inflationsbekämpfungspaket im Umfang von 92 Milliarden Euro, das Herstellungs- und Umsetzungskapazitäten für klimaneutrale Technologien deutlich ausweitet, bürokratische Hürden drastisch abbaut und eine sozialgerechte Förderung sowie die Absicherung von Investitionen finanziert, hat jetzt der Thinktank Agora Energiewende vorgelegt.

Aus der neuen Studie „Volle Leistung aus der Energiekrise“ geht hervor, dass sich ein solches Maßnahmenpaket durch die eingesparten Ausgaben für fossile Energieimporte vollständig selbst tragen würde: Den erforderlichen Haushaltsmitteln stehen Einsparungen bei Öl- und Gasimporten in Höhe von 160 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren gegenüber. Für Simon Müller, Direktor Deutschland von Agora Energiewende, „hat unser Maßnahmenpaket eine dreifache Wirkung – für Klimaschutz und Energiesicherheit und gegen die Inflation“.

Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden

Die bisherigen Politikmaßnahmen zielten überwiegend auf schnelle Entlastungen für Haushalte und Industrie ab – wie zuletzt auch die Vorschläge der Gas-Kommission. „Aktuell konzentriert sich die Bundesregierung auf das Krisenmanagement, um die kurzfristigen Folgen der fossilen Energiekrise über Entlastungspakete abzufedern. Angesichts der drastischen Preissteigerungen ist das richtig und wichtig. Um die fossile Energiekrise jedoch tatsächlich zu überwinden, müssen wir jetzt die Investitionen auf den Weg bringen, die unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden“, betont Müller.

Für eine strukturelle Krisenbekämpfung sorgt laut Agora-Vorschlag ein Zusammenspiel von finanziellen Mitteln für klimaneutrale Technologien einerseits und dem Aufbau von Herstellungs- und Umsetzungskapazitäten sowie dem Abbau bürokratischer Hürden andererseits. Die Erweiterung der Umsetzungskapazitäten bei Herstellern, im Handwerk und bei Behörden erhöht das Angebot an klimaneutralen Technologien und ist die Voraussetzung, um eine gesteigerte Nachfrage bedienen zu können. Der Abbau bürokratischer Hürden beschleunigt die Transformation und senkt die Kosten. Durch die Kombination von Finanzmitteln und Politikinstrumenten würde ein massiver Hochlauf von Erneuerbaren Energien, klimaneutraler Wärme, Energie- und Rohstoffeffizienz in der Energiewirtschaft, Industrie und Bauwirtschaft ermöglicht sowie der Verbrauch von fossilen Energien strukturell reduziert. In der Folge würden die Energiepreise in Deutschland wieder dauerhaft sinken.

Das Agora-Paket veranschlagt 15 Milliarden Euro, um die Umsetzung – Herstellung, Fachkräfte und Behörden – der Energiewende zu stärken: Zwei Drittel des Betrags ist für den Aufbau von Fertigungskapazitäten für Windkraftanlagen, PV-Anlagen, Wärmepumpen, Wasserstoff-, Speicher- und Stromnetztechnologien in Europa vorgesehen; ein Drittel zur Stärkung der Fachkräfte sowie Planungs- und Genehmigungsbehörden. Auf diese Weise würden die Umsetzung beschleunigt und Lieferketten abgesichert.

Genehmigungsverfahren verkürzen

Aktuell, so heißt es, vergehe zwischen dem Zeitpunkt, zu dem Investitionsmittel bereitgestellt werden, und der Fertigstellung eines Investitionsvorhabens zu viel Zeit. Damit ein Investitionspaket der Bundesregierung in den Wintermonaten 2023/24 und 2024/25 die Energiepreise relevant dämpfen kann, gelte es, insbesondere die Dauer von Genehmigungsverfahren in Deutschland zu verkürzen. Dies sei auch möglich, ohne Beteiligungs- und Schutzrechte einzuschränken. Unzureichende Personalkapazitäten in den Genehmigungsbehörden seien ein häufig genannter Grund für die lange oder sehr lange Dauer der Genehmigungsverfahren. Analog gelte dies für Planungsprozesse, die im Bereich der öffentlichen Hand liegen. Gleiches gelte für die Verfügbarkeit von Fachkräften, insbesondere im Bereich der Wärmewende. Auch hier brauche es innovative Lösungen, um Personalengpässe zu überwinden und eine schnelle, kostengünstige Umsetzung zu gewährleisten.

20 Milliarden Euro sollen in die Energiewirtschaft fließen, um Investitionen in Erneuerbare Energien abzusichern, das Strom- und Wasserstoffnetz auszubauen, die Offshore-Industrie zu unterstützen und einen intelligenten Netzbetrieb sowie Flexibilitäten zu schaffen, etwa mit Zuschüssen für Smart-Meter Nachrüstungen oder dem Bau von regelbaren Kraftwerken. Zudem schlägt Agora Energiewende die Absicherung langfristiger Stromlieferverträge vor:

Über die Einführung einer symmetrischen Marktprämie kann Anlagenbetreibern eine feste Einspeisevergütung garantiert, aber zugleich ab einem bestimmten Gewinn auch eine Rückzahlung eingefordert werden. Ebenso sollen Flächen für Windkraft- und PV-Anlagen schneller gesichert und Antragsverfahren verkürzt werden.

Grüne Wärmenetze

30 Milliarden Euro sieht das Paket vor, um den Ausbau CO2-freier Wärme in Häusern sozial gerecht voranzubringen: Die Mittel sollen in die Förderung von Sanierung und Heizungstausch, insbesondere für einkommensschwache Haushalte, in einen klimakompatiblen sozialen Wohnungsbau sowie für den Ausbau grüner Wärmenetze fließen. Vor allem in städtischen Quartieren seien grüne Wärmenetze das Mittel der Wahl, um Gebäude mit klimaneutraler Wärme zu versorgen, während Gasverteilnetze bis hin zur Stilllegung zurückgehen. Um die notwendigen Neuanschlüsse zu erreichen und die Netze zu dekarbonisieren, seien erhebliche Investitionen erforderlich, die zügig angegangen werden müssen. Neben Großwärmepumpen sei insbesondere ein schnellerer Hochlauf von Geothermie und Solarthermie erforderlich.

Auf regulatorischer Ebene sollen verbindliche Sanierungspfade und die zügige gesetzliche Festschreibung der 65-Prozent-Anforderung, nach der ab 2024 jede neue Heizung auf Basis von 65 Prozent Erneuerbaren Energien betrieben werden muss, die Transformation im Wärmebereich beschleunigen. Laut Studie „ist diese Regel zentral, um den Ausstieg aus Öl- und Gaskesseln und den Umstieg auf Wärmepumpen und Wärmenetze zu schaffen und die dafür notwendigen Investitionen bei Herstellern und Handwerk anzureizen“. Biomasse und grüne Gase seien knapp und sollten nur in begründeten Ausnahmefällen zugelassen werden; im Neubau seien Verbrennungsheizungen auszuschließen. Der Einbau fossil befeuerter Hybridsysteme sollte bis 2028 befristet werden. Ein digitales Gebäuderegister unterstütze den Vollzug der Regelung.

15 Milliarden Euro sind für eine Modernisierung der Industrie gedacht. Hieraus soll ein Sonderförderprogramm für Investitionen in Wärmepumpen, Elektrodenkessel und Energieeffizienztechnologien, etwa zur Abwärmenutzung oder fortschrittliche Sortier- und Recyclingtechnologien bereitgestellt werden.

Weitere Mittel werden zur Finanzierung von Klimaschutzverträgen für die Stahl-, Chemie und Zementindustrie veranschlagt, mit denen die Differenzkosten von klimafreundlicher gegenüber der CO2-intensiven Produktion abgesichert werden. Zusätzlich sollte ein gesetzlicher Rahmen die industrielle Wärmewende unterstützen, indem etwa durch Quoten Absatzmärkte für klimafreundliche Grundstoffe ge-
schaffen werden.

Einen weiteren Posten von 12 Milliarden Euro sieht das Maßnahmenpaket zur Inflationsbekämpfung für die Sicherung von Energieimporten und die Unterstützung der globalen Transformation vor: So soll der schnelle Hochlauf von grünen Wasserstoff-Importen finanziert und zugleich sollen internationale Klima- und Energiepartnerschaften gestärkt werden.

Strategische Neuaufstellung

„Wir brauchen jetzt eine strategische Neuaufstellung für den Hochlauf von Zukunftstechnologien. Nur so sichern wir unseren Wirtschaftsstandort und führen das Land gestärkt in die neue Energiezukunft“, stellt Müller klar. „Jedes Windrad, jede PV-Anlage und jede Wärmepumpe bringt uns einen Schritt näher an die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und stellt sicher, dass sich Deutschland und Europa als zentraler Markt für Zukunftstechnologien etablieren.“

DK

 

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