(GZ-1/2-2023) |
► Zukunft des ÖPNV in Bayern: |
Gemeinsamer Fahrplan bis 2030 |
Für die Zukunft soll der ÖPNV im Freistaat noch besser aufgestellt werden. Hierzu haben das Verkehrsministerium und der Zukunftsrat ÖPNV, bestehend aus Vertretern von Kommunen, Politik, Verkehrsunternehmen und Interessensverbänden, einen gemeinsamen Fahrplan erarbeitet. Gemeinsam mit Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß, der Betriebsleiterin von „das Stadtwerk.Regensburg Mobilität GmbH“, Sandra Schönherr, und dem schwäbischen Busunternehmer Josef Brandner präsentierte Verkehrsminister Christian Bernreiter die „ÖPNV-Strategie 2030“.
Die Strategie umfasst sechs Handlungsfelder mit konkreten Maßnahmen. An erster Stelle wird eine leistungsfähige Infrastruktur benötigt, dann ein attraktives Angebot und schließlich ein angemessener Tarif mit einfachem Vertrieb. Mit Ausbau und Ertüchtigung der Infrastruktur für Bus und Bahn geht eine Erweiterung der Fahrzeugflotten in den U-Bahn-, Stadt- und Straßenbahn-Systemen sowie bei den Bussen einher. Derzeit besteht die Flotte in Bayern aus etwa 13.000 Bussen. Für die finale Umsetzung aller vorgesehenen Angebotsausweitungen werden in Summe annähernd 20.000 Busse erforderlich.
Angebot und Vernetzung
Beim Handlungsfeld „Angebot und Vernetzung“ wird ein Anschlussmanagement mit abgestimmten Fahrplänen und möglichst kurzen Umsteige- und Wartezeiten empfohlen, ebenso eine Ausweitung der Bedienzeiträume und eine Verdichtung der Taktverkehre. Zudem sind die Angebote im Schienenverkehr weiter auszubauen. Dafür muss vor allem der Bund zügig die infrastrukturellen Voraussetzungen schaffen und eine gesicherte und kontinuierliche Finanzierungsunterstützung gewährleisten. So kann im SPNV die Betriebsleistung bis 2030 bis zu 40 % gesteigert werden. In den Großstadtregionen (München, Nürnberg/Fürth, Augsburg, Würzburg) werden auf dieser Grundlage die U-Bahn und Tramnetze fortlaufend und weiter ausgebaut. Wird die Planung weiterer Straßenbahnnetze, wie etwa in Regensburg und Neu-Ulm, konsequent fortgeführt, können diese Projekte laut Ministerium und Zukunftsrat nach Betriebsaufnahme die Kapazitäten noch weiter erhöhen.
In ländlichen Gebieten, wo vertakteter Linienbusverkehr nicht wirtschaftlich ist, kann durch bedarfsorientierten Flächenverkehr das passende Angebot geschaffen werden. Kleinteilige, bedarfsorientierte Systeme (z. B. Rufbusse, On Demand Verkehre) können Fahrgäste flexibel nach Bestellung zum Ziel oder zu Taktlinien befördern. Durch digitale Voranmeldungen lässt sich der Vorlauf knapp halten, wodurch auch hier ein dem stündlichen Taktvergleich bares Angebot zu erreichen ist.
Tarif, Vertrieb und Kommunikation
Beim Handlungsfeld „Tarif, Vertrieb und Kommunikation“ rät das Gremium sowohl zu einer Etablierung einfacher, durchgängiger Tarife in Bayern als auch zu einem unkomplizierten Fahrscheinverkauf als Voraussetzung für einfachen Zugang zu Bus und Bahn.
Neben der deutlichen Steigerung der Fahrgastzahlen soll auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. „Wenn die von uns beschriebenen Maßnahmen umgesetzt sind, können wir mit einem Rückgang des CO2-Ausstoßes um etwa drei Millionen Tonnen pro Jahr in Bayern rechnen und gehen von einer Verlagerung der Verkehrsleistung von über 12 Prozent vom Auto zum ÖPNV aus. Allerdings kostet das viel Geld und wir alle wissen, dass wir aktuell vor allem damit zu kämpfen haben, den Status Quo aufrecht zu erhalten. Natürlich wird sich der Freistaat weiter an der Finanzierung des ÖPNV beteiligen“, heißt es.
Digitalisierung und Innovation
In punkto „Digitalisierung und Innovation“ wird auf die Vernetzung von Verkehrsmitteln und Mobilitätsangeboten für durchgehende Wegeketten verwiesen. Eine Plattform für Mobilitätsdaten diene der Entwicklung von smart vernetzten Angeboten: Mobilitätsdaten können die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs steigern, wenn sie in leistungsfähigen Endnutzeranwendungen zum Einsatz kommen. Hierfür werden derzeit die Entwicklung und der Betrieb einer leistungsfähigen App des Freistaats für die Reisenden vorangetrieben. Die App wird alle Basisleistungen abdecken (Fahrgastinformation, Buchung und Bezahlung) und nahtlose Mobilitätsangebote mit lückenlosen Wegeketten unter der Maßgabe „Ein Klick, ein Ticket“ ermöglichen. An dieser App mit Mindestanforderungen hinsichtlich Funktionsumfang und Qualität können sich die Anbieter am Markt orientieren.
Organisation
Das Handlungsfeld „Organisation“ beinhaltet die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren im ÖPNV und die Unterstützung für Initiativen gegen Fachkräftemangel. Der Themenbereich „Finanzierung“ wiederum umfasst die Vereinfachung von Zuweisung und Abruf finanzieller Mittel sowie die Überarbeitung und bei Bedarf die Anpassung der Förderprogramme.
Der zur Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes notwendige Ausbau des ÖPNV erfordert eine Erhöhung der Finanzmittel des Bundes. Die Umsetzung der Strategie entsprechend der Ziele, die auch der Bund ausgegeben hat, kann aus Sicht des Gremiums nur funktionieren, wenn der Bund seinen bisherigen Anteil an der Förderung der ÖPNV-Investitionen mindestens beibehält und aufgrund der stark erweiterten Maßnahmen die GVFG-Mittel für Bayern bis 2030 deutlich erhöht. Auch muss der Bund die Regionalisierungsmittel für die Betriebskosten des ÖPNV entsprechend der Forderung der Verkehrsministerkonferenz spürbar erhöhen.
Die Umsetzung der ÖPNV-Strategie braucht vor Ort zudem auch weiterhin die kraftvolle finanzielle Mitwirkung der bayerischen Kommunen. Der Freistaat legt großen Wert auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit und Finanzierung, insbesondere da die Aufgabenträger für einen großen Anteil der Maßnahmen verantwortlich zeichnen, die erforderlich sind, um das Verdopplungsziel zu erreichen.
Kommunalen Handlungsspielraum erweitern
Um die Handlungsspielräume der Kommunen zu erweitern, braucht es die rechtlichen Voraussetzungen zur Nutzung von ergänzenden Finanzierungsinstrumenten. Dies soll den Kommunen ermöglichen, Abgaben zu erheben oder Gebühren festzulegen, um die Nutznießenden des ÖPNV-Angebots (z.B. Arbeitgeber) oder neuer ÖPNV-Infrastrukturen (z.B. Grundstückseigentümer) an den Kosten des ÖPNV zu beteiligen. Die so erhobenen Mittel sollen in den Kommunen zweckgebunden für den ÖPNV verwendet werden können. „Hierzu werden wir, wenn erforderlich, Anpassungen im Landesrecht initiieren (z. B. im Kommunalabgabengesetz) oder gegenüber dem Bund Rechtsänderungen einfordern, sofern die Voraussetzungen im Bundesrecht fehlen.“
Wie der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß erläuterte, „sind die offenen Fragen im Bereich der Mobilität, des Klimaschutzes und der Verkehrswende für unsere und kommende Generationen sehr wichtig und fordern nachhaltige Antworten. Zudem ist funktionierende Mobilität nach unserer Auffassung eine wesentliche Rahmenbedingung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region und damit auch gleichermaßen Basis für den Wohlstand und die Lebensbedingungen der Menschen.“
Verkehrsminister Christian Bernreiter zufolge „gehen wir die Herausforderungen ganzheitlich und nachhaltig an, auch wenn das viel Arbeit bedeutet. Der Bund hat mit dem 9-Euro-Ticket und dem Deutschlandticket bisher zu einseitig auf vermeintlich günstige Preise gesetzt. Dabei gerät eine verlässliche Finanzierung des ÖPNV unter Berücksichtigung der aktuell stark veränderten Rahmenbedingungen aus dem Blickfeld.“
Während der Bund auf schnelle Schlagzeilen aus sei, kümmere sich der Freistaat um einen leistungsfähigen und attraktiven ÖPNV, der den unterschiedlichen Gegebenheiten in ganz Bayern gerecht werde. „Ich danke allen Mitgliedern des Zukunftsrats ÖPNV für ihr großartiges Engagement!“, so Bernreiter abschließend.
DK
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