(GZ-4-2023) |
► Kommunales GIS-Forum in Ulm: |
Städte, Daten und Modelle |
Dem intelligenten Management kommunaler Geodaten kommt häufig eine Schlüsselfunktion zu. Wie dieses Management aussehen kann, welche Daten heute und in Zukunft benötigt werden, und welche Akteure in und außerhalb der Kommunen Daten liefern oder Zugang benötigen, darüber informierte das kommunale GIS-Forum des Runden Tisches GIS e.V. in Ulm.
„Wir können aus Daten lernen“, unterstrich eingangs Baubürgermeister Tim von Winning. Beispielsweise unterstützten in Ulm Sensoren und die daraus abzuleitenden Daten dabei, Besucherströme zu überblicken, Baumstandorte und deren Bewässerung zu optimieren oder die Müllentsorgung zu verbessern. Wichtig seien Schnittstellen, um Daten zu synchronisieren.
Schlüssel zum Erfolg
Von Winning zufolge wird diese Datenerfassung und -haltung immer komplexer. „Wir haben eine Verantwortung, diese Daten immer wieder zu pflegen. Diese Datenaufbereitung kostet viel Geld und Ressourcen.“ Aus seiner Sicht müssten Laien die bereitgestellten Daten ohne Vorkenntnisse nutzen können. Dabei sei eine valide Datenerhebung und -steuerung ein Schlüssel für den Erfolg der Datenakzeptanz und -nutzung innerhalb der Stadt.
Auch Dr. Klaus Brand, Vorstandsmitglied des Runden Tisch GIS, vertrat die Meinung, dass die Komplexität in der Datenerfassung und -nutzung reduziert werden müsse. Exemplarisch nannte er das komplexe Thema Abwassermonitoring im Zuge der Corona-Pandemie.
„Mithilfe eines Dashboards sei die Lösung so umgesetzt worden, dass jeder Betrachter - von den Gesundheitsämtern über die Politik bis hin zur Bevölkerung - damit etwas in der täglichen Arbeit anfangen kann.“
Energie-Atlas Bayern
Dass die richtige Datenerfassung und -nutzung auch an anderer Stelle eine maßgebliche Rolle spielt, verdeutlichte Michael Schneider vom Ökoenergie-Institut Bayern in seinen Ausführungen zum Energie-Atlas Bayern. Um die dahinterliegenden Potenziale zu erkennen und sinnstiftend zu nutzen, müsse ein Hauptaugenmerk zunächst auf Betrieb, Pflege und Weiterentwicklung des Atlas liegen. Schließlich sei eine valide Datengrundlage das A und O eines solchen Informationsportals und entscheidend für den Erfolg des Atlas. Der Energie-Atlas Bayern docke an den Bayernatlas an und sei als ressourcenübergreifendes Instrument zu verstehen.
Mehr als 200 Themenseiten
Wie Schneider ausführte, sei der Atlas seit elf Jahren online und diene als Informationsportal und digitale Planungshilfe für Bürger, Kommunen, Unternehmen, aber auch Behörden, Planer und Verbände. Dank des Energie-Atlas ließen sich mehr als 200 Themenseiten mit Grundlageninformationen und Fachwissen zum Energiesparen, zur Energieeffizienz und zu erneuerbaren Energien finden.
Inhaltlich könnten Anwender unter anderem Antworten zu Fragen nach der Nutzung von Erdwärme auf dem eigenen Grundstück finden, aber auch, wo sich geeignete Standorte für Windkraftanlagen befinden. Gleiches gelte für die Frage nach den Potenzialen zur Nutzung von Photovoltaik oder der Wasserkraft. Umfassende digitale Werkzeuge erlaubten eine zielgenaue Recherche zu den einzelnen Themenfeldern – vom Standortcheck über 3D-Analysen bis zu Szenarien möglicher Energieeinsparungen. Die Zugriffsraten hätten sich in den vergangenen Monaten gerade vor dem Hintergrund knapper Energieressourcen und massiv steigender Energiekosten merklich erhöht, betonte Schneider.
Digitaler Energienutzungsplan
Daten, Karten und einen Überblick liefert auch der Landkreis Cham. Am Beispiel des digitalen Energienutzungsplans vermittelte Dr. Ulrich Huber, Landratsamt Cham, die dahinterliegende Planungsgrundlage zur kooperativen Energiewende für Kommunen.
Vor dem Hintergrund des Programms zur „Förderung von Energiekonzepten und kommunalen Energienutzungsplänen“ des Bayerischen Wirtschaftsministeriums setzte der Landkreis Cham bereits 2012/2013 auf einen Energienutzungsplan, „nur damals noch nicht digital“, wie Huber erläuterte. Die digitale Wende erfolgte auf Basis eines Kreistagsbeschlusses aus dem Jahr 2021, wobei der Schwerpunkt von Beginn an auf einem realistisch umsetzbaren Maßnahmenkatalog lag, inklusive konkreter Handlungsoptionen für die lokale Energiewende sowie deren technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit. Bei dem zu 70 Prozent von Bayern Innovativ geförderten Projekt habe das Hauptziel in einer „gebäudescharfen Erfassung der momentanen Energiebedarfs- und Energieversorgungssituation im Landkreis“ gelegen, so Huber. Hinzu kam eine darauf basierende Berechnung der Potenziale zur Energieeinsparung und zum Ausbau erneuerbarer Energien.
Mittels einer interkommunalen Energiewende-WebApp können Anwender laut Huber unter anderem PV-Potenziale von Freiflächen über GIS-Analysen durchführen oder Analysen möglicher Parkplatz-PV-Potenziale durchführen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten der WebApp bestehen in der Ermittlung des Wärmebedarfs, der Wärmedichte und daraus abzuleitender Sanierungspotenziale. Weiterführend sieht Huber vermehrte Potenziale in der durch die Künstliche Intelligenz (KI) gestützte Ermittlung von PV-Bestandsanlagen auf Basis von Deep Learning via ArcGIS Pro und Image Analyst. Doch gingen mit den neuen KI-Möglichkeiten auch höhere Anforderungen an die Rechenleistungen im Rechenzentrum des Landkreises einher. So könnte es auch heißen: Investieren, um die Trefferwahrscheinlichkeit zu erhöhen. Diese liegt nach Hubers Worten bei rund 90 Prozent.
Digitaler Zwilling
Wie Daten und Modelle ihre konkrete Anwendung im Austausch mit Bürgern finden können, zeigte Katja Drüssler vom Kompetenzzentrum Digitaler Zwilling München auf. Unter dem Titel: „Münchener Ansätze zur Öffentlichkeitsbeteiligung“ erklärte sie den Einsatz des Digitalen Zwillings, dem „digitalen Herzstück der Zukunftsstadt München“. Damit könne den Herausforderungen der Smart City München mit innovativen Lösungen begegnet werden. Drüssler erachtet es als wichtig, dass mit Hilfe der Urban Data Platform eine zentrale Datendrehscheibe des Digitalen Zwillings besteht, die Insellösungen überwindet und diese zu einem gemeinsamen Ökosystem vernetzt. Das Augenmerk sei auf eine stärkere Digitalisierung von Verwaltungsprozessen sowie die Visualisierung von angestrebten Veränderungen im Vorfeld zu legen. Damit könnten die Bürger besser in Entscheidungen eingebunden werden.
„Zentrale Zukunftsthemen wie der Klimaschutz, eine zukunftsorientierte Mobilität oder die integrierte Stadtentwicklung kann die Stadtfamilie mit dem Digitalen Zwilling bestmöglich umsetzen“, machte Drüssler deutlich. Die Verantwortlichen setzten auf international standardisierte, herstellerunabhängige und offene Schnittstellen, wodurch die Vernetzung bestehender Systeme und Datenplattformen ermöglicht werde.
Münchner Anwendungsfälle
Am Ende benötigt das digitale Abbild der Stadt auch eine Umsetzung im realen München, um mit Hilfe von Analysen, Szenarien und Modellen zu Veränderungen zu gelangen. Aktuelle Anwendungsfälle finden sich unter anderem in den Bereichen des Klima- und Umweltschutzes, der Mobilität und der Bürgerbeteiligung. Exemplarisch hierfür nannte Drüssler das Projekt in Freiham, einem Neubaugebiet im Westen Münchens, und die Visualisierung von Bauabschnitten mittels Virtual-Reality (VR)-Brillen.
Mit solchen Maßnahmen könnten die Bürger Planungsszenarien neu erleben. Als weiteres Planungsszenario mit VR erwähnte die Referentin den Lastenfahrrad- oder Rollstuhl-Simulator im Mobilitätsumfeld. In Summe ermöglicht der Digitale Zwilling die Abbildung der Realität und von Analysen, macht Partizipationsprozesse einfacher sowie verständlicher und erlaubt der Stadt das aktive Steuern von Prozessen und Projekten.
Mit dem Thema: „basemap.de – Einsatz smarter Webkarten in Bund, Ländern & Kommunen“ befasste sich Dr. Markus Seifert vom Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in München. Hinter basemap.de steht eine Gruppe kartografischer Produkte, entwickelt von Bund und Ländern. Unter der Regie der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) gehören hierzu unter anderem Raster- und Vektorkarten-Dienste.
Seifert hob die Vorteile der Lösungen hervor, die amtlich, flexibel und modern seien. Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten eröffneten sich beispielsweise durch qualitätsgesicherte Geobasisdaten sowie eine hohe Qualität der Produkte unter Verwendung von Open-Source-Software samt vielfältiger Anwendungsmöglichkeiten der Karten – inklusive der Nutzung am Desktop oder mobil.
Smarte Webkarten
Laut Seifert sind mittlerweile 20 Millionen Gebäude in der monatlich aktualisierten Vektorkarte hinterlegt. Neben dem Ausdruck von Webkarten seien individuelle Styleanpassungen durch die Anwender sowie die Anreicherung der Basiskarte mit weiteren Informationen möglich. Als Anwendungsbeispiele nannte Seifert unter anderem die Darstellung von Hochspannungsleitungen in einer bestimmten Farbe, die Windraddichte in Deutschland oder thematische Karten mit 3D-Bäumen. Mit Hilfe der angebotenen Lösungen sei damit „eine schnelle, flexible und wirtschaftliche Erzeugung von bisherigen und neuen kartografischen Produkten der Vermessungsverwaltungen“ möglich, heißt es auf den „basemap.de-Internetseiten“. Auf diese Weise komme man der abzubildenden Realität ein ganzes Stück näher. Oder wie es Dieter Heß, Vorstandsmitglied des Runden Tisch GIS, formulierte: „Die Welt so abbilden, wie sie ist.“
DK
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