(GZ-6-2023) |
► Bayerische Sparkassen 2022: |
Finanzwirtschaftliches Rückgrat der bayerischen Regionen |
„Stabil und robust steuern die bayerischen Sparkassen durch die Übergangsphase.“ Mit dieser Botschaft wartete Prof. Dr. Ulrich Reuter, Präsident des Sparkassenverbands Bayern, bei der Vorstellung der Geschäftsergebnisse 2022 der 61 bayerischen Sparkassen in München auf. Zwar hätten geo- und geldpolitische Ereignisse für ein Geschäftsjahr des Umbruchs gesorgt, „jedoch konnten sich die Sparkassen erfolgreich auf die neuen Bedingungen einstellen“. Insgesamt sei das bayerische Sparkassenjahr „recht ordentlich“ verlaufen, unterstrich Reuter, der am Tag der Pressekonferenz zum neuen Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) gewählt wurde. Er folgt damit auf den amtierenden DSGV-Präsidenten Helmut Schleweis, der zum Jahresende 2023 in den Ruhestand tritt.
Aus Sicht des Verbandspräsidenten hat die Normalisierung der Geschäfts- und Ertragslage begonnen. Doch bestehe der extreme Margendruck auch trotz der zugegeben lang erhofften Renaissance der Zinsen fort. Die Sparkassen sähen sich weiterhin großen Herausforderungen im Markt gegenüber, die durch die digitale Transformation und verändertes Kundenverhalten entstehen.
Erneut auf Rekordniveau bewegte sich 2022 laut Reuter die Entwicklung des Kreditvolumens, allerdings fiel der Einlagenzustrom geringer aus als im Jahr zuvor. Der massive Einlagenüberhang reduzierte sich dadurch auf 29 Mrd. Euro. Damit konnten die Sparkassen erstmals wieder Zinsen im Markt erzielen.
Hohes Kreditvolumen
Das Kreditvolumen der bayerischen Sparkassen lag 2022 bei 169 Mrd. Euro. Mit einer Wachstumsrate von 5,7 Prozent im Bestand gehört damit das Kreditjahr 2022 zu den drei erfolgreichsten der vergangenen 15 Jahre. Die größte Kundengruppe der bayerischen Sparkassen bilden die Privatkunden. Sie stehen für 41 Prozent des Kreditvolumens und 77 Prozent aller Einlagen (private Einlagen: 152,4 Mrd. Euro).
Die private Kreditnachfrage ist seit Jahresmitte 2022 insgesamt gesunken, im Wesentlichen geht diese Entwicklung auf die stark nachlassende Nachfrage nach Immobiliendarlehen zurück. Denn 92 Prozent der ausgereichten Kredite von Sparkassen an Privatpersonen waren 2022 Immobilienkredite (63,7 Mrd. Euro). Der Bestand nahm zwar um 5,3 Prozent zu, doch ist dies ein Nachläufer zu den zurückliegenden Rekord-Zusagejahren. In der Pandemie hatten sich viele Menschen auf ihre Wohnsituation besonnen und gleichzeitig das für sie günstige Zinsniveau ausgenutzt.
Mit steigenden Baukosten und gleichzeitig anziehenden Zinsen hat sich die Entwicklung gedreht. Während zu Jahresbeginn noch Vorzieheffekte zu einer lebhaften Nachfrage nach Immobilienkrediten geführt hatten, ist Reuter zufolge jetzt eine deutliche Marktberuhigung festzustellen, das Neugeschäft aktuell eingebrochen: Die Zusagen für Wohnungsbaukredite an Privatpersonen sanken auf 11,8 Mrd. Euro (-14,2 Prozent) – vor zwei und drei Jahren waren die Wachstumsraten in der gleichen Größenordnung, jedoch mit positivem Vorzeichen, gelegen.
Die größte Kundengruppe im Kreditgeschäft der bayerischen Sparkassen sind weiterhin Unternehmen und Selbstständige: Sie stehen für 54 Prozent aller vergebenen Kredite (Gesamtvolumen Kredite: 169,5 Mrd. Euro). Gleichzeitig halten sie rund 15 Prozent der Einlagen bei den Sparkassen. Die tiefe Verwurzelung im mittelständischen Firmen- und Gewerbekundensegment hat sich weiter verfestigt, Handwerk und Selbstständige sehen ihre lokalen Sparkassen als erste Ansprechpartner in Finanzierungsfragen.
Um 6,2 Prozent auf 91,2 Mrd. Euro ausweiten konnten die Sparkassen ihren Bestand an Unternehmenskrediten. Auch das Kreditneugeschäft blieb im Jahr der auslaufenden Pandemie auf Rekordniveau: 2022 wurden neue Darlehen in Höhe von 19,4 Mrd. Euro an Unternehmen und Selbstständige zugesagt. Das ist fast genauso viel wie in den beiden Vorjahren, in denen die Kreditnachfrage vor dem Pandemiehintergrund auf ein besonders hohes Niveau gewachsen war (2020: +18,2 Prozent auf 19,9 Mrd. Euro). Staatlich geförderte Corona-Darlehen spielten allerdings nahezu keine Rolle mehr.
Wie Reuter darlegte, stünden die Sparkassen in schwierigen Zeiten fest an der Seite der bayerischen Unternehmen. Die Unsicherheiten am Markt, die Inflation sowie steigende Preise für Energie oder Rohstoffe hätten auch 2022 zu einem teilweise erhöhten Liquiditätsbedarf bei vielen Unternehmen geführt. Dies zeige sich auch an den Darlehensauszahlungen, die auf dem hohen Vorjahresniveau blieben: Sie betrugen rund 18 Mrd. Euro (+3,2 Prozent).
Normalisiertes Einlagenwachstum
Mit Auslaufen der Pandemie, hohen Inflationsraten und der Zinswende zur Jahresmitte hat sich auch das Einlagenwachstum bei den Sparkassen normalisiert. Die Einlagen stiegen auf 198 Mrd. Euro, das Wachstum in Höhe von 1,8 Prozent verlangsamte sich nach den Corona-Jahren deutlich. Das Einlagenwachstum spielt sich nicht mehr bei täglich fälligen Geldern, sondern inzwischen bei Termingeldern und Eigenemissionen ab.
Fortgesetzt hat sich im vergangenen Jahr das Wachstum des Wertpapiergeschäfts: Der Nettoabsatz stieg um 11 Prozent auf 5,9 Mrd. Euro, die Käufe hatten einen klaren Schwerpunkt bei festverzinslichen Wertpapieren. 2021 hatte das Hauptgewicht noch bei Investmentfonds gelegen. Auch die Zahl der Wertpapierdepots, die bei den Sparkassen geführt werden, stieg dabei um 2 Prozent auf 1,3 Mio. an. Der Kurswert je Sparkassen-Kundendepot nahm um 12 Prozent auf rund 109.000 Euro ab.
Kunden, die ihre Wertpapier-Anlage nicht selbst strukturieren wollen, greifen auf die kompetente Beratung bei ihrer Sparkasse zurück oder nehmen Investmentfonds in ihr Depot. Diese Käufe sind 2022 nach einem ausgesprochenen Rekordjahr 2021 (+46,6 Prozent) wieder gesunken auf nun 5,6 Mrd. Euro (-31,8 Prozent).
Sparer, die nur kleine Beträge ab 25 Euro monatlich investieren wollen, können ebenso von Wertpapieren profitieren. Inzwischen laufen 1.349.370 Fondssparpläne mit der Deka, das sind +4 Prozent mehr als im Jahr zuvor (2021: +19,1 Prozent; 2020: +16 Prozent). Sie werden durchschnittlich mit 110 Euro monatlich bespart. „Besonders erfreulich ist, dass der Anteil der jungen Kunden unter 30 Jahren, die einen Fondssparplan als Grundstock für die Altersvorsorge einsetzen, wächst. Insgesamt sind es 28 Prozent, unter den Neuabschlüssen 2022 sogar 36 Prozent,“ freute sich Reuter mit Blick auf den notwendigen Vermögensaufbau der jungen Kunden.
Die bayerischen Sparkassen können auf ein gutes operatives Geschäftsjahr 2022 zurückblicken. 2022 ist der Zinsüberschuss erstmals seit über zehn Jahren wieder kräftig gestiegen, um 9,8 Prozent auf 3.418,7 Mio. Euro. Wie Reuter betonte, „kann unser Markterfolg damit künftig wieder Niederschlag im Jahresergebnis finden. Wir integrieren jetzt die neue Situation in unser Geschäft und können uns dann hoffentlich bald ganz auf die Kunden statt auf die EZB konzentrieren.“
2022 erzielten die bayerischen Sparkassen ein Betriebsergebnis vor Bewertung von rund 2.038,6 Mio. Euro. Es liegt um 21,9 Prozent bzw. 366 Mio. Euro über dem Vorjahresergebnis. Maßgeblich für diese Entwicklung war der gestiegene Zinsüberschuss in Verbindung mit einer deutlichen Steigerung der Provisionsüberschüsse (+59,4 Mio. Euro; +3,8 Prozent). Entsprechend hat sich auch die Cost-Income-Ratio der bayerischen Sparkassen von 64,7 Prozent in 2021 auf 60,1 Prozent in 2022 deutlich verbessert, die Sparkassen werden sichtbar effizienter.
Nach Abzug der Risikovorsorge im Kreditbereich und Korrekturen im Wertpapierbereich erwarten die bayerischen Sparkassen für das Geschäftsjahr 2022 ein Betriebsergebnis nach Bewertung von 772,5 Mio. Euro (2021: 941,4 Mio. Euro). Nach den noch vorläufigen Berechnungen (Ende der Jahresabschlussprüfungen: 31.05.2023) wird nach Steuern am Ende auch der Jahresüberschuss mit 301,1 Mio. Euro deutlich unter dem von 2021 mit 335,1 Mio. Euro liegen.
Solides Wachstum im operativen Geschäft erwartet
Im laufenden Jahr 2023 erwarten die bayerischen Sparkassen ein weiter solides Wachstum im operativen Geschäft, das sich in der heutigen Zinslage auch wieder positiv auf die Ertragslage auswirken kann. Reuter: „Die Sparkassen wurden vor 200 Jahren von den Kommunen gegründet, um einer breiten Bevölkerungsschicht wirtschaftliche und soziale Teilhabe zu ermöglichen. Seit Jahrzehnten unterstützen sie nachhaltig den Mittelstand und das Gemeinwohl in den Regionen. Mit einer stabilen wirtschaftlichen Basis können und wollen sie das auch in der Zukunft – insbesondere den Weg in eine ökologisch-soziale Marktwirtschaft auch in den Regionen flankieren.“
Nach Angaben des noch bis 31. März 2023 amtierenden SVB-Vizepräsidenten Roland Schmautz spielen die bayerischen Sparkassen eine dauerhafte Rolle als Unternehmer und Steuerzahler in ihren Geschäftsgebieten. Als regionale Steuerzahler führen sie für 2022 voraussichtlich 490 Mio. Euro an gewinnabhängigen Steuern ab, darunter vor allem Gewerbesteuern, die die bayerischen Kommunen stärken.
Als Kreditinstitute mit einem öffentlichen Auftrag spielen sie auch eine besondere Rolle als nachhaltige Förderer der Gesellschaft im Freistaat: Neben Sponsoring und Spenden haben die bayerischen Sparkassen und der Sparkassenverband 2022 insgesamt 116 Stiftungen unterhalten, mit denen sie soziale Zwecke, Umwelt, Kultur und Sport in ihren Geschäftsgebieten fördern. Insgesamt wurden 2022 44 Mio. Euro für gemeinnützige Zwecke und Einrichtungen bereitgestellt (+7,3 Prozent). Die Sparkassen stützen so die soziale Infrastruktur vor Ort. Davon profitieren alle im Geschäftsgebiet.
Seit 2020 engagieren sie sich explizit beim ökologisch nachhaltigen Umbau. Im Oktober 2022 führten sie den „Klimakredit Bayern“ ein, mit dem unbürokratisch, unkompliziert und zinsgünstig Kredite zwischen 5.000 und 50.000 Euro vergeben werden, die unmittelbar für energetische Maßnahmen an privat genutzten Wohnimmobilien eingesetzt werden können. Einige bayerische Sparkassen haben bereits auch auf der Einlagenseite spezielle Angebote, wie etwa „Klima-Sparbriefe“ eingeführt. Im Lauf des Jahres 2023 wird diese Initiative auf weitere Sparkassen verbreitert.
Dichtes Sparkassennetz
Nach Schmautz‘ Angaben sind die 61 bayerischen Sparkassen jederzeit erreichbar: Sie pflegen nach wie vor ein dichtes Netz von insgesamt 2.393 Geschäftsstellen (2021: 2.494), darunter 15 gemeinsame Geschäftsstellen mit Genossenschaftsbanken und 612 Selbstbedienungs-Geschäftsstellen (2020: 623). Damit steht in über 90 Prozent der bayerischen Gemeinden eine Sparkassen-Geschäftsstelle.
Dazu kommen 3.274 Geldautomaten (2021: 3.406), die auch Nicht-Kunden offenstehen. 2022 hat in Bayern die Zahl der Angriffe auf Geldautomaten mit Festsprengstoff stark zugenommen. Die Detonationen bringen ein hohes Risiko für Personen und erheblichen Sachschaden mit sich. Entsprechend investieren die Sparkassen Schmautz zufolge schon lange in standortindividuelle Sicherungsmaßnahmen, die darauf abzielen, die Taten schon im Vorfeld zu verhindern.
Filialen und das persönliche
Gespräch haben heute weniger Gewicht im Tagesgeschäft. Sie werden aber stark nachgefragt, wenn es um langfristige oder komplexe finanzielle Entscheidungen geht, die eine spezialisierte Beratung erfordern. Die bayerischen Sparkassen unterhalten dazu nicht nur größere Geschäftsstellen mit Spezialisten, sondern auch über 350 spezielle Beratungscenter wie Private Banking-Center, S-Firmen- und Gewerbekundenzentren, S-Immobilienzentren und S-Vermögensmanagement-Zentren. Daneben wurde auch 2022 weiter in Kundenservice-Center für direkte Kundenkontakte per Telefon, Chat oder Video sowie in spezielle mediale Beratungscenter für das Privat- und das Firmenkundengeschäft investiert.
Verändertes Zahlungsverhalten
70,7 Prozent aller Girokontoinhaber nutzen inzwischen das Online-Banking – Tendenz weiterhin steigend (2021: 67,6 Prozent). 78,2 Prozent der Online-Banking-Girokonten sind inzwischen auf elektronische Kontoauszüge umgestellt. Gewissermaßen als „mobile Filiale“ nutzt eine steigende Anzahl von Kunden inzwischen auch aktiv die App „Sparkasse“, mit der sie ihre Bankgeschäfte komfortabel mobil erledigen können: Im Freistaat greifen mittlerweile 1,83 Mio. Menschen auf die Sparkassen-App zu, das sind 12 Prozent mehr als im Jahr davor.
Beschleunigt haben die Pandemiejahre die Veränderung des Einkaufs- und Zahlungsverhaltens: Bereits 2020 wurde bei 30 Prozent aller Zahlungen – an der Ladenkasse, im Online-Handel, In-App-Zahlungen, an E-Ladesäulen etc. – die Karte eingesetzt, inzwischen sinkt der Anteil von Barzahlungen bereits unter 60 Prozent. In Bayern wurden 2022 mit 6,4 Mio. ausgegebenen Sparkassencards (girocard) fast 420 Mio. Transaktionen (2021: 360 Mio.; zum Vergleich 2016: 160 Mio.) durchgeführt.
Perspektivisch mahnte Schmautz erneut eine europäische Lösung im globalen Zahlungsverkehrswettbewerb an: „Ziel ist es nach wie vor, alle Bezahlarten in Europa – die heute mehr als vielfältig sind – unter dem Dach zusammenzuführen und damit eine attraktive und wettbewerbsfähige europäische Lösung zu schaffen.“
Zeitgemäße Multikanal-Anbieter
Zusammenfassend resümierte der scheidende Verbandsvize: „Mit der digitalen Transformation ist viel Bewegung ins Banking und ins Bezahlen gekommen. Wir gehen davon aus, dass dieser Prozess in den kommenden Jahren sogar noch an Fahrt aufnehmen wird. Zusätzlich kommen vermehrt Herausforderungen wie etwa der Umgang mit der Blockchain-Technologie, Krypto-Assets und der digitale Euro auf uns zu. Die bayerischen Sparkassen stehen dabei bewährt eng an der Seite ihrer Kunden. Neueste Umfragen zeigen, dass das gerade bei jungen Erwachsenen unter 35 wieder sehr positiv ankommt. Es bleibt klar: Als zeitgemäße Multikanal-Anbieter begleiten wir die Kunden auf vielfältigsten digitalen Wegen, verzahnt mit der gewohnten persönlichen Nähe.“
DK
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