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(GZ-12-2023)
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► Gigabit-Studie von Dialog Consult und VATM:

 

Beschleunigter Glasfaser-Ausbau

 

Der Ausbau mit sehr schnellem und stabilem Festnetz-Internet nimmt Fahrt auf. Laut einer Studie von Dialog Consult im Auftrag des Internetbranchenverbands VATM werden deutschlandweit Ende Juni 15,1 Millionen Haushalte über reine Glasfaserkabel verfügen können. Das sind 2,1 Millionen mehr als zu Beginn des Jahres.

„Diese Entwicklung ist erfreulich“, erläuterte VATM-Geschäftsführer Dr. Frederic Ufer. „Wir wissen aber auch, dass die Wettbewerber im Markt vorsichtiger agieren. Gleichzeitig basieren auch Mitte 2023 noch zwei Drittel der von den Kunden genutzten Breitbandanschlüsse auf dem Kupferdoppelader-Anschlussnetz der Telekom Deutschland. Eine durchaus schwierige Gemengelage.“

„Der Glasfaserausbau findet zu einem großen Teil im ländlichen Bereich statt, dort wo es keine anderen gigabitfähigen (HFC-) Netze gibt“, ergänzte Andreas Walter, Geschäftsführer der Dialog Consult GmbH. Insgesamt klettert im ersten Halbjahr 2023 der Anteil der Haushalte und KMU, die einen gigabitfähigen Anschluss beziehen können, um 2,7 Prozentpunkte auf 71,1 Prozent. „Wir sehen auch, dass im städtischen Bereich der Infrastrukturwettbewerb zunimmt. 8,2 Millionen Haushalte können zwischen einem FTTB/H-Netz und einem DOCSIS-Kabelnetz wählen.“

Laut Studie wird im ersten Halbjahr 2023 weiterhin der Löwenanteil der gigabitfähigen Anschlüsse (84 Prozent) von den Wettbewerbern angeboten. Mehr als 92 Prozent der Nutzer beziehen ihren Gigabit-Anschluss von einem Wettbewerbsunternehmen. Ähnlich ist die Entwicklung im FTTB/H-Markt: Rund 8,6 Millionen der Glasfaseranschlüsse wurden und werden von den Wettbewerbern insgesamt bis Ende des ersten Halbjahres 2023 gebaut. Damit entfallen von den verfügbaren FTTB/H-Anschlüssen 57 Prozent auf die Wettbewerber. Betrachtet man den gesamten Breitbandmarkt, kann die Telekom aufgrund der deutlichen Zuwächse im DSL-Markt seit 2020 sogar Marktanteile hinzugewinnen.

Mehr als 25 Prozent der insgesamt 15,1 Millionen Glasfaseranschlüsse werden von den Endkunden genutzt. „Erfreulich hoch ist die Take-up-Rate der Wettbewerber, die mit knapp 34 Prozent deutlich über der der Deutschen Telekom von weniger als 14 Prozent liegt“, betonte Walter. Insgesamt habe die Telekom im ersten Halbjahr ihren Glasfaserausbau deutlich gesteigert. Mit einem Zuwachs von 1,2 Millionen Anschlüssen sei sie allerdings noch weit von dem versprochenen Wachstum von 3 Millionen Anschlüssen im Jahr 2023 entfernt.

Weiterhin ungestillt ist der Hunger nach Datenvolumen. Das über gigabitfähige Anschlüsse erzeugte Datenvolumen pro Anschluss und Monat ist allein im ersten Halbjahr um gut 7 Prozent gewachsen und liegt bei durchschnittlich 411 Gigabyte. „Auch die Nachfrage nach hochbitratigen Anschlüssen nimmt weiter zu“, führte Walter aus. Knapp die Hälfte der Kunden der Wettbewerber fragt Bandbreiten von 250 Mbit/s und mehr nach. „Gerade auch das Produkt ‚Gigabit-Bandbreite‘ ist offensichtlich ‚sexy‘ und übt einen besonderen Reiz auf Kunden aus.“

Im Geschäftskundenmarkt fragen zwei Drittel der Kunden der Wettbewerber Bandbreiten von 250 Mbit/s und mehr nach, bei Bandbreiten von 500 Mbit/s und mehr ist es über ein Drittel.

Spiegelbild der schwierigen Gesamtsituation

„Die Studie ist aber gleichzeitig auch Spiegelbild einer schwierigen Gesamtsituation in Deutschland für ausbauende Unternehmen und Investoren“, stellte Ufer fest. „Steigende Zins- und Baukosten sind Parameter, die den Ausbau erheblich verteuern. Allem voran müssen daher jetzt die politischen Rahmenbedingungen stimmen, sonst geben die Investoren kein Vollgas mehr.“ Nur bei anhaltend hohen Investitionen in den FTTB/H-Ausbau und ohne einen „Glasfaser-Überbau“, so die Prognose von Dialog Consult, könne das Ziel der Gigabit-Strategie des Bundesdigitalministeriums erfüllt werden, bis Ende 2025 eine FTTB/H-Versorgungsquote von 50 Prozent zu erreichen. Fazit des Geschäftsführers nach einem Jahr Gigabitstrategie: „Wir brauchen eine bessere Förderpriorisierung, eine sinnvolle Verknüpfung zwischen eigenwirtschaftlichem und gefördertem Ausbau, Stichwort Super-Fast-Lane, und natürlich vor allem ein Gegensteuern bei strategischem Überbau, den Bürgermeister und Wettbewerber gleichermaßen kritisieren.“

„Wenn der Businessplan der Investoren zerstört wird, werden sie sich eben nicht mit den angekündigten über 50 Milliarden Euro am Glasfaserausbau in unserem Land beteiligen können.“ Dies habe die vom Bundesdigitalministerium beauftragte Studie des WIK eindrucksvoll belegt. „Die Versorgungszahlen der neu angeschlossenen Bürger werden einbrechen“, so Ufer, „wenn wir für diesen Markt die gleichen Wettbewerbsmaßstäbe anlegen wie für den Bau von mehreren Supermärkten oder Bäckereien in einer Ortschaft.“

Komplett-Ausbau und reine Glasfaser im Visier

Die Studienergebnisse zeigten klar, dass es die Wettbewerber sind, die auf Komplett-Ausbau und auf reine Glasfaser setzten. „Bei der Deutschen Telekom sehen wir Handtuchwerfen und möglichst viele Rosinen picken. Diese Rosinenpickerei kann sich nur die Telekom leisten, denn sie allein kann außerhalb solcher kleinen Ausbaugebiete ihre Kunden weiterhin mit Vectoring abspeisen. Als marktmächtiges Unternehmen kann sie ihre Karten hier voll ausspielen.“ Damit entwickle sich Vectoring hinsichtlich der Take-up-Rate zum weiteren Hemmschuh und werde zu einer Fragmentierung des Marktes und der Netze führen. „Genau das können die Bürger und Bürgermeister gerade nicht brauchen: einen hervorragend mit Glasfaser versorgten Marktplatz, aber im Rest der Kommune weiterhin nur Vectoring.“

Eine große Gefahr für den flächendeckenden Ausbau droht Ufer zufolge unter anderem durch das neue Förderkonzept der Bundesregierung. Statt wie versprochen den schnellen eigenwirtschaftlichen Ausbau besser mit dem geförderten zu verzahnen, stehe zu befürchten, dass die Bagger meist für lange Jahre aus dem Dorf rollen, ohne die Anschlüsse gebaut zu haben, die einer Förderung bedurft hätten.

„Der Grund ist so simpel wie überraschend“, führte Ufer aus. „Gerade dort, wo der eigenwirtschaftliche Ausbau gut klappt und nur wenige Anschlüsse in die Förderung müssten, bekommen diese beim neuen ‚Scoring‘ nicht die erforderlichen Punkte, um auf die sogenannte Fast Lane bei der Förderung zu kommen.“ Deutschland brauche eine Super Fast Lane, wenn es nicht immer weiter zurückfallen wolle.

DK

 

 

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