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(GZ-14-2023 - 20. Juli)
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► VDV-Jahrestagung in Leipzig:

 

Mehr bewegen

 

Im Rahmen der diesjährigen VDV-Jahrestagung in Leipzig diskutierten rund 800 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Verkehrsunternehmen zum Leitmotiv „Mehr bewegen“ die drängenden Themen der Branche – vom Wachstum bei den Güterbahnen über den erheblichen Personalbedarf in allen Bereichen und welche Lösungen die Branche beim Deutschland-Ticket anbieten kann, bevor es andere tun.

Laut Burkhard Jung, Leipziger Oberbürgermeister und Vizepräsident des Deutschen Städtetags, ist die Mobilitätswende unter anderem eines der größten Instrumente, um eine CO2-Reduzierung zu erreichen. Es gehe darum, die Mobilität nach Jahrzehnten der Fokussierung auf den Pkw neu zu gestalten. Hier werde der ÖPNV „das Rückgrat einer neu organisierten Mobilität“ bilden, erklärte Jung.

Aus seiner Sicht wäre es bei der Einführung des Deutschlandtickets von Vorteil gewesen, hätte man zuvor in Infrastruktur und Angebot investiert. Die Frage der auskömmlichen Finanzierung des Tickets bereite ihm Kopfzerbrechen, so Jung. Dem billigen Ticket müsse nun unbedingt ein ÖPNV-Ausbau folgen.

Deutschlandticket

Apropos Deutschlandticket: Nach Branchenangaben hat das am 1. Mai eingeführte bundesweite ÖPNV-Abo für 49 Euro im Monat vieles bewegt. Stand Mitte Juni wurden bis zu 11 Mio. Abos verkauft. Davon sind etwa 46 Prozent umgestellte ÖPNV-Abonnements, also von Fahrgästen, die bereits Stammkunden waren und nun in das günstigere Deutschland-Ticket-Abo gewechselt sind. Darüber hinaus gibt es rund 44 Prozent Neuabonnenten, die in der Vergangenheit den ÖPNV bereits genutzt haben und mit dem Deutschland-Ticket jetzt aus teureren und damit einnahmestarken Ticketangeboten in das günstige Abo wechseln.

Die Quote an Neukunden, die bisher so gut wie nie Bus und Bahn gefahren sind, ist leicht gestiegen und liegt aktuell bei rund 8 Prozent. Erstmals liegen nun auch bundesweite Daten zur Nutzung des D-Tickets vor: Nach aktuellem Stand haben im Juni etwa 9,6 Mio. Fahrgäste das Deutschland-Ticket genutzt, während es im Vormonat etwa 9 Mio. waren. Nach den Worten von VDV-Präsident Ingo Wortmann „zeigen die aktuellen Zahlen und die Entwicklung seit dem Start des Deutschland-Tickets, dass dieses Angebot für viele Bürgerinnen und Bürger attraktiv ist. Das Ticket wirkt dabei in zwei Richtungen: Zum einen bewegt es die Menschen zum Umstieg oder zur häufigeren Nutzung des klimafreundlichen ÖPNV und unterstützt damit die Klimaschutzziele im Verkehrssektor. Und zum anderen sorgt das günstige Deutschland-Ticket bei vielen Pendlerinnen und Pendlern für finanzielle Entlastung in ihrer alltäglichen Mobilität. Wenn sich die Nachfrage weiter so entwickelt, dann werden wir die von der Branche prognostizierten Verkaufszahlen in der nächsten Zeit erreichen.“

„Allerdings müssen wir auch berücksichtigen, dass mit einer bundesweiten Nutzung des Tickets auch eine Erwartungshaltung einhergeht, die wir nicht immer adäquat einlösen können“, räumte Wortmann ein. „Die Fahrgäste kaufen dieses Ticket nicht nur, weil es günstig ist, sondern auch weil sie es überall in Deutschland nutzen wollen. Aber die Angebotsdichte und Qualität des ÖPNV sind bundesweit sehr unterschiedlich: In den Ballungsräumen brauchen wir bei gutem Angebot dringend zusätzliche Kapazitäten. Und in vielen ländlichen Räumen brauchen wir ebenso dringend insgesamt ein besseres Angebot. Deshalb ist es von immenser Bedeutung, dass nach dem Deutschland-Ticket jetzt das Deutschland-Angebot im ÖPNV folgt. Hierzu werden wir in den kommenden Monaten intensiv mit Bund und Ländern in den fachlichen Austausch gehen. Wir müssen den Schwung des Deutschland-Tickets nutzen, um den ÖPNV bundesweit nachhaltig auf ein neues Qualitätsniveau zu heben.“

Begleitende Marktforschung

Im Auftrag von Bund und Ländern koordiniert der VDV die bundesweite begleitende Marktforschung. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Hauptgründe für den Kauf des Deutschland-Tickets die bundesweite Gültigkeit (41 Prozent) und der günstige Preis (36 Prozent) sind. Immerhin 18 Prozent der Befragten gaben als Kaufgrund an, dass sie damit bewusst auf Autofahrten verzichten. 22 Prozent nannten als Kaufgrund den Umweltschutz. Bei den Gründen, das D-Ticket nicht zu kaufen wurde der grundsätzlich fehlende Bedarf („lohnt sich für mich nicht/würde ich zu selten nutzen“) mit 41 Prozent am häufigsten genannt, gefolgt vom fehlenden Bedarf für ein ÖPNV-Abo (38 Prozent). 26 Prozent der Befragten gaben an, dass sie kein deutschlandweites ÖPNV-Ticket benötigen. Den Ticketpreis in Höhe von 49 Euro empfinden nur 11 % der Nichtkäufer als zu teuer und damit als Grund, das Ticket nicht zu kaufen. 6 Prozent geben an, dass sie sich den Preis nicht leisten können. Bei der Frage nach dem erworbenen Ticketformat, d.h. in welcher Form das Deutschland-Ticket gekauft wurde, liegt die digitale Variante auf dem Smartphone mit weitem Abstand vorne (49 Prozent), gefolgt von der Chipkarte (37 Prozent) und dem Papierticket (11 Prozent). Von den zur Verfügung stehenden Ticketvarianten haben fast zwei Drittel der Befragten das Deutschland-Ticket als „Standard-Ticket“ erworben (75 Prozent), immerhin schon 18 Prozent haben ein Deutschland-Ticket als Job- oder Firmenticket.

Branchenumfrage zum Güterverkehrsmarkt

Zur Jahrestagung in Leipzig legte der VDV zudem die Ergebnisse der 2. Branchenumfrage „Personalbedarf bei den Güterbahnen in Deutschland“ vor. „Wir erleben bei den Güterbahnen die Wachstumsstory, für die wir hart gearbeitet haben. Doch neben bestimmten politischen Rahmenbedingungen ist es vor allem der Fach- und Arbeitskräftemangel, der zum Hemmschuh für mehr Wachstum wird: Die Güterbahnen könnten bis zu 50 Prozent mehr Aufträge annehmen. Wir sind mitten in der Transformation, umso wichtiger ist es, dass wir uns mit der Politik an den Masterplan Schienengüterverkehr und dessen Aussagen zur Personalbeschaffung und -entwicklung halten. Dabei sind auch Bund und Länder gefordert, etwa bei der verkehrsträgerübergreifenden Gleichstellung der personellen Fördermaßnahmen, bei der Einführung von verpflichtenden Inhalten in der Ausbildung für Speditionskaufleute oder bei der Harmonisierung beruflicher Bildungswege“, unterstrich VDV-Vizepräsident Joachim Berends.

Die in dieser Form unter den Güterbahnen einmaligen Umfrage mit 38 Unternehmen zeichnet ein klares Bild beim Personalbedarf: 24 Prozent der Unternehmen geben an, dass sie 2022 aus personellen Gründen ihren Betrieb zeitweilig einschränken mussten. Die größte Herausforderung bei zu besetzenden Stellen sehen die Unternehmen beim Personal für den Fahrbetrieb (40 Prozent), bei gewerblich-technischen Personal (24 Prozent) und bei Ingenieurinnen und Ingenieuren (13 Prozent). Laut VDV lässt die positive Entwicklung bei den Güterbahnen das zuletzt vorgelegte Gutachten des Bundesverkehrsministeriums in einem fraglichen Licht erscheinen, wonach der Marktanteil bis 2050 auf nur noch 17,3 Prozent im Vergleich zu 2019 sinken wird.

Ökobilanz im Visier

„Die Prognose bildet die Lage im Güterverkehrsmarkt nicht ab“, stellte Berends fest. „Im letzten Jahr stieg trotz widriger Umstände der Modal-Split-Anteil der Güterbahnen gegenüber 2021 um 0,2 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent. 2019 waren es noch 18,5 Prozent: Speditionen und die verladende Wirtschaft drängen auf die Schiene, weil sie wissen, dass die Straßen voll und die Lkw-Fahrerkabinen leer sind – und bleiben. Sie wissen auch, dass die Maut für Lkw steigen wird. Entlang der Wertschöpfungskette fragen Händler und Verbraucher zunehmend die Ökobilanz ab – und da möchten die Logistiker klimafreundlichere Antworten geben können. Die Wirtschaft handelt also schon, das sollte auch von der Verkehrspolitik erkannt werden.“

Darüber hinaus weist der VDV darauf hin, dass auch das Potenzial der frühzeitigen Verlagerung vom Lkw auf die Schiene stärker in den Blick genommen werden müsse. „Nehmen wir den Kombinierten Verkehr, der dem Schienengüterverkehr kontinuierlich jährliche Wachstumsraten beschert: In den letzten zehn Jahren legte das Transportvolumen im Kombinierten Verkehr um rund 26 Prozent zu. Allein im Jahr 2021 verzeichnete der KV in Deutschland ein deutliches Plus von jeweils rund zehn Prozent sowohl bei der Verkehrsmenge als auch bei der Verkehrsleistung gegenüber dem Vorjahr. Diese Werte könnten erheblich steigen, wenn wir an die notwendige Aufstockung der Haushaltsmittel auf rund 150 Millionen Euro pro Jahr denken. Dadurch kann die vorliegende Anzahl an Projekten im Bereich Neu- und Ersatzinvestitionen bedarfsgerecht abgearbeitet werden“, so der VDV-Vizepräsident.

Hoher Wettbewerbsdruck

Der Schienengüterverkehr ist eine Branche mit hohem Wettbewerbsdruck, der angesichts der Wachstumsraten bei den Transportmengen erfolgreich ist. Doch Wettbewerb und Kooperation sind kein Widerspruch: Kapazitäten können gemäß VDV stärker geteilt werden. „Wenn Lokführerinnen und Lokführer unerwartet – zum Beispiel durch Verspätungen – frei sind, können diese, wenn sie die Kriterien erfüllen und willens sind, auch an den Wettbewerber ausgeliehen werden“, unterstrich Berends.

So bleibe die Fracht nicht liegen und das Personal ist wirklich beschäftigt. „Stillstand ist teuer: Züge, die stehen, sind das Schlimmste für alle Unternehmen.“ Der Branchenverband wirbt dafür, den unternehmensübergreifenden Einsatz von Fahrpersonal auf der Schiene zu fördern, skalierbar zu machen und digital abzubilden. „Die Erprobung läuft seit Kurzem. Wir glauben, dass dies auch für andere Unternehmen interessant sein kann“, machte der VDV-Vize deutlich.

DK

 

 

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