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(GZ-15/16-2023 - 3. August)
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► Positionspapier von DWA, VKU, BDEW und DVGW:

 

Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft

 

Die vier Verbände DWA, VKU, BDEW und DVGW fordern in einem aktuellen Positionspapier einen Paradigmenwechsel in der Wasserwirtschaft. Lokale Wasserhaltung und Versickerung soll künftig im Zentrum stehen. Dies soll auch die Rationierung des wichtigsten Lebensmittels verhindern.

Die Auswirkungen des Klimawandels sind bereits deutlich spürbar. Zunehmende Extremwetterereignisse wie Hochwasser, Starkregen, Dürreperioden und Hitzewellen stellen die Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Aus Sicht der Verbände gilt es, die politischen Ziele hin zur Klimaneutralität und Klimaresilienz mit Engagement effizient zu erreichen. Die Wasserwirtschaft baue dabei vielerorts auf gutem Ausgangsniveau auf, von bereits erreichten Emissionsminderungen über etablierte Instrumente wie Technisches Sicherheitsmanagement, Energiemanagement, Energieeffizienznetzwerke, Hochwasserschutz, Hochwasser- und Starkregenvorsorge, ökologische Gewässerentwicklung und Niedrigwassermanagement. Zugleich brauche es zwingend richtige Weichenstellungen sowie die politische und finanzielle Unterstützung durch Bund, Länder und Kommunen.

Mit dem politischen Bekenntnis zu den nationalen Klimazielen hat der Deutsche Bundestag vor zwei Jahren eine verbindliche Zielerreichung der Treibhausgasneutralität bis 2045 formuliert. Gleichzeitig müssen der Schutz der Trinkwasserressourcen, die Sicherheit der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung in Deutschland ohne Einschränkung gewährleistet bleiben. „Obwohl die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung nur rund 0,05 Prozent des emissionsrelevanten Energieverbrauchs aller Produktionsbereiche in Deutschland aufweisen, verfolgen die Betreiberunternehmen intensiv konkrete Projekte zur Energieeinsparung, Energieeffizienz und Klimaneutralität. So konnten seit 2010 in der Wasserversorgung und in der Abwasserentsorgung bereits deutliche Reduktionen des emissionsrelevanten Energieverbrauches erreicht werden“, heißt es in dem Positionspapier.

„Dort, wo mit erheblichen Investitionen Energieeinsparungen erreicht werden konnten, werden diese allerdings häufig durch verschärfte Grenzwerte, welche zusätzliche Aufbereitungs- und Reinigungsleistungen, die zur Eliminierung anthropogener Spurenstoffe notwendig werden, zunichte gemacht“, kritisieren die Verbände. Um die Klimaziele zu erreichen, sei es deshalb umso wichtiger, dass das Vorsorge- und das Verursacherprinzip wirksam umgesetzt werden.

Neben den auf Energieeffizienz ausgerichteten Aktivitäten komme dem natürlichen Klimaschutz eine hohe Bedeutung zu. Die Wasserwirtschaft werde auch in Zukunft ihren Beitrag bei der Moor-, Gewässer- und Auenrenaturierung sowie der Schaffung von Gehölzstreifen leisten, soweit dadurch die Versorgungssicherheit der öffentlichen Wasserversorgung nicht gefährdet wird. Der Wasserwirtschaft müssten dafür insbesondere die erforderlichen Mittel und vor allem Flächen bereitgestellt werden.

Verschmutzungen an der Quelle vermeiden

Gleichermaßen sei „die wirtschaftliche und soziale Verträglichkeit für die Abwägung des jeweils geeigneten Dekarbonisierungspfades“ zu berücksichtigen. Denn nur mit hohem Ressourceneinsatz und finanziellen Mitteln ließen sich z.B. die heutigen Treibhausgasemissionen von Kläranlagen weiter reduzieren. Umso wichtiger sei es, bereits an der Quelle Verschmutzungen zu vermeiden. „Dies dient dem vorsorgenden Gewässerschutz und vermeidet aufwändige und energieintensive Aufbereitungsverfahren belasteter Trinkwasserressourcen durch erweiterte Aufbereitungsverfahren.“ Allerdings ließen sich Emissionen gerade im Abwasserbereich nicht vollständig vermeiden und auf direktem Wege auch nur durch kostenintensive Maßnahmen vermindern. Zertifikations- bzw. Kompensationssysteme müssten deshalb auch der Wasserwirtschaft offenstehen, um diese Anforderungen an den Gewässerschutz zu finanzieren.

Beim notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien würden zusätzliche Flächen benötigt. In Wasserschutzgebieten könnten zusätzliche Flächen gestaffelt nach den Schutzzonen zur Verfügung gestellt werden. Dabei müsse das Schutzniveau für die Trinkwasserressourcen durch geeignete Maßnahmen gewährleistet sein. Auch in der Abwasserentsorgung setzen sich die Verbände für die Errichtung von Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien auf Betriebsflächen und zugehörigen Liegenschaften ein. „In diesem Zusammenhang ist es auch notwendig, die bestehenden Hemmnisse, wie z.B. steuerliche Vorgaben, abzubauen. Gleichzeitig können für eine erfolgreiche Energiewende alle umweltfreundlichen Energiegewinnungs- und -speicherpotenziale der Abwasserableitung und -reinigung erschlossen werden. Einen wichtigen Beitrag kann hier die Sektorkopplung leisten.“

Da es in der Wasserwirtschaft bislang an konkreten Leitlinien zur Bilanzierung der Treibhausgasemissionen und zur Anrechnung von Kompensationsmaßnahmen als CO2-Senken fehlt, entwickeln DVGW und DWA methodische Ansätze, damit es für die Unternehmen möglich ist, ihre Emissionen bilanzieren zu können. Daraus könne dann der Bedarf für geeignete Maßnahmen abgeleitet werden.

Qualität der Wasserressourcen

Stichwort Klimaresilienz: Neben der Quantität der Ressourcen ist auch die Qualität der Wasserressourcen von entscheidender Bedeutung. Um die Gewässer vor den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu schützen, müssen laut Positionspapier das Vorsorge- und das Verursacherprinzip in allen Rechtbereichen stärker verankert und im Vollzug konsequent umgesetzt werden, so dass wirksame Anreize für den Schutz der Wasserressourcen bestehen und Einträge gar nicht erst in die Gewässer gelangen. Wichtig seien die Transparenz über das nutzbare Wasserdargebot, die tatsächlichen Entnahmen aller Nutzer, die Emissionen in die Gewässer und der Zustand anhand von Immissionsdaten. Eine klimaresiliente Wasserversorgung und Abwasserentsorgung erforderten zudem eine zügige lokale und, wo erforderlich, überregionale Anpassung und Vernetzung der Infrastrukturen.

„Bei wasserwirtschaftlichen Infrastrukturvorhaben sind die behördlichen Genehmigungsverfahren deutlich zu verkürzen bzw. zu beschleunigen. Dies gilt in gleichem Maße für die wasserrechtlichen Antragsverfahren. Die Belange der Wasserwirtschaft müssen bei einem Infrastrukturbeschleunigungsgesetz ebenfalls berücksichtigt werden. Darüber hinaus muss die Herstellung notwendiger überregionaler Verbindungen von Wasserversorgungssystemen über Fernwasserleitungen politisch unterstützt und wirtschaftlich gefördert werden“, lauten weitere Handlungsempfehlungen.

Abhängig von der regionalen Situation spiele die interkommunale Zusammenarbeit eine wichtige Rolle. Infolge von Extremwetterereignissen könne es einerseits durch Starkregen zu Überflutungen kommen, andererseits führten lange Trockenperioden mit hohen Temperaturen zu gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung und möglicherweise Einschränkungen im Wassergebrauch. Eine gute Risikovorsorge schließe die Stärkung und den Aus- bzw. Umbau der Wasserinfrastruktur sowie die Wiederherstellung des regional spezifischen naturnahen Landschaftswasserhaushaltes ein.

Notwendig seien auch verbindliche Maßnahmen zur Gefährdungs- und Risikobewertung, effiziente Überflutungs- und Hochwasservorsorge, eine Intensivierung der natürlichen Gewässerentwicklung sowie ein wirkungsvolles Regenwassermanagement und die Anpassung städtebaulicher Planungen, z.B. durch Retentionsräume oder multifunktionale Flächennutzungen. Das Regenwassermanagement umfasse dabei u.a. die Schaffung von Versickerungsmöglichkeiten vor Ort, die Entsiegelung von Flächen, die Rückgewinnung natürlicher wasserspeichernder Bodenfunktionen in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Begrünung von Dach- bzw. Fassadenflächen („Schwammstadt“).

„Notwendig ist ein Paradigmenwechsel“, so das Fazit der Verbände: „Weg von der Wasserabführung, hin zu lokaler Wasserhaltung und Versickerung – bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Grundwasserbeschaffenheit.“ Auch im ländlichen Raum seien alle Möglichkeiten zur Verbesserung der Grundwasserneubildung und Wasserspeicherung im Boden zu nutzen.

DK

 

 

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