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(GZ-22-2023 - 23. November)
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► Bayerischer Ministerrat:

 

Kritik an Netzentwicklungsplan und Strompreispaket

 

Die Staatsregierung fordert den Bund zur Korrektur zentraler energiepolitischer Weichenstellungen auf. Dazu zählen laut Wirtschaftsminister Aiwanger unter anderem die Ignoranz der Bundesnetzagentur gegenüber bayerischen Bedürfnissen beim Netzentwicklungsplan Strom sowie das Strompreispaket der Bundesregierung, das keine substanzielle Verbesserung vorzuweisen habe.

Zum Hintergrund: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat am 8. September dieses Jahres die vorläufigen Prüfungsergebnisse zum Netzentwicklungsplan (NEP) Strom 2023 – 2037/2045 vorgelegt. Dieser blickt erstmals bis ins „Klimaneutralitätsnetz“ und stellt damit die Weichen für den Ausbau des Stromübertragungsnetzes bis 2045. In den Prüfungen der BNetzA werden die Planungen der Übertragungsnetzbetreiber im Wesentlichen bestätigt, jedoch sieht die BNetzA Bedarf, zwei von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene HGÜ-Verbindungen von Norddeutschland nach Baden-Württemberg bzw. Sachsen mit 4 Gigawatt (GW) statt mit 2 GW zu planen. Weitere HGÜ-Kapazitäten zur Anbindung Bayerns über die aktuell in Planung/Umsetzung befindlichen Verbindungen SuedLink und SuedOstLink sind nach Aiwangers Angaben weder im NEP noch in den Ergebnissen der Bundesnetzagentur vorgesehen.

Bereits anlässlich des 1. Entwurfs des Netzentwicklungsplans hatte der Freistaat Kritik an den Annahmen geäußert. Nach wie vor werden Aiwanger zufolge unrealistisch hohe Stromimporte aus Österreich zu Grunde gelegt und der Strombedarf der bayerischen Industrie und für die Wasserstofferzeugung in Bayern unterschätzt. In der Konsequenz werde der Übertragungsbedarf von und nach Bayern im aktuellen NEP zu gering angesetzt. Die Staatsregierung fordert daher weiterhin eine zusätzliche Hochspannungs-Gleichstrom-Kabelverbindung (HGÜ) von Norddeutschland nach Bayern. Diese würde zu erwartende Engpässe im Stromnetz wirksam reduzieren und sei auch volkswirtschaftlich vorteilhaft.

Verpasste Chance

Mit Blick auf das kürzlich vorgelegte Strompreispaket verpasst die Bundesregierung aus bayerischer Sicht die Chance zur substanziellen Entlastung bei den Stromkosten. Zwar werde die Stromsteuer nun auch für das produzierende Gewerbe und nicht nur für energieintensive Unternehmen auf das europarechtliche Mindestmaß gesenkt, jedoch gingen Gastronomie, Handel und Vertrieb und auch alle Haushalte weiterhin leer aus, monierte Bayerns Energieminister.

Für die energieintensive Industrie soll die bestehende Strompreiskompensation um fünf Jahre verlängert und der Selbstbehalt abgeschafft werden. Eine Ausweitung der Liste der profitierenden Sektoren sei aber weiter nicht in Sicht. Dadurch blieben Glas- und Keramische Industrie weiter außen vor. Auch reichten diese vom Bund vorgelegten Vorschläge für große energieintensive Branchen wie die Chemie-Industrie nicht aus. Laut Aiwanger verlängern sie nur den Status-Quo und verhindern einen noch höheren Anstieg. Ein Zuschuss für die Übertragungsnetzentgelte in Höhe von 5,5 Mrd. Euro für 2024 sei zwar richtigerweise in dem Paket enthalten, doch reiche auch dies noch nicht aus. „Hier braucht es weitere Entlastungen bei den Netzentgelten.“

Wie der Minister weiter mitteilte, sei der Planungshorizont des Strompreispakets mit einer auf zwei Jahre gesicherten Finanzierung außerdem viel zu kurz, um nachhaltig Investitionsanreize in Deutschland und Bayern zu setzen. Um die Gefahr einer Deindustrialisierung des Standorts Deutschland wirksam zu bekämpfen, brauche es „eine längerfristige Planbarkeit für die Unternehmen und keine Wirtschaftspolitik nach Haushaltslage“. Die Staatsregierung setze sich daher weiterhin nachdrücklich für eine Senkung der Stromsteuer für alle und die Einführung eines zwar zeitlich befristeten, aber dennoch längerfristigen Wirtschaftsstrompreises ein.

Erzeugung von Wasserstoff erleichtern

Mit einer Bundesratsinitiative will Bayern zudem die Erzeugung von Wasserstoff erleichtern. Mit der Bundesratsinitiative, die gemeinsam mit den Ländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen eingebracht wird, sollen bestehende Zulassungsverfahren für Elektrolyseure vereinfacht werden. Konkret will man erreichen, dass für Elektrolyseure mit einer elektrischen Nennleistung bis 5 Megawatt die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit entfällt. Damit würde aus Sicht der Staatsregierung ein wichtiger Beitrag zur Entbürokratisierung geleistet und für gewerbliche Betreiber ein erheblicher Investitionsanreiz geschaffen. Gleichzeitig blieben eine umfassende Anlagensicherheit und hohe Umweltstandards gewahrt.

„Die Ausweitung der Erzeugung von Wasserstoff und seine zunehmende Verwendung als chemischer Rohstoff und Energieträger ist für Bayern ein zentraler Baustein für das Gelingen der Energie- und Wärmewende“, betonte Aiwanger. Wasserstoff könne mit Hilfe von Elektrolyseuren aus regenerativem Strom von Photovoltaik- oder Windkraftanlagen hergestellt werden. Vor allem dezentrale Elektrolyseure seien dabei wichtig, um Wasserstoff verbrauchsnah vor Ort zu produzieren und nutzen zu können.

Geht es nach dem Minister, so sollen Elektrolyseure bei steigenden Anteilen an erneuerbaren Energieträgern in den kommenden Jahren einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Stromnetze leisten. Dabei habe die Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse von Wasser wesentlich geringere Umweltauswirkungen als die Erzeugung in konventionellen Wasserstoffanlagen.

Um das für den Freistaat und die bayerische Wirtschaft wichtige Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft schnell, effizient und praxistauglich zu gestalten, sind Änderungen des Bundesrechts erforderlich. Der Bund wird deshalb durch die Bundesratsinitiative aufgefordert, sich im Rahmen der aktuellen Trilogverhandlungen zur Industrieemissionsrichtlinie der EU für entsprechend mögliche Genehmigungserleichterungen bei der Einstufung von Elektrolyseuren einzusetzen.

DK

 

 

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