(GZ-23-2023 - 7. Dezember) |
► bvse-Mineraliktag in Stuttgart: |
Qualitätssicherung und Zertifizierung im Visier |
Ersatzbaustoffverordnung: Top oder Flop? Im Rahmen seiner Fachtagung in Stuttgart stellte der bvse-Fachverband Mineralik – Recycling und Verwertung den neuen Rechtsrahmen mit Experten aus Bund, Ländern, Industrie und Wissenschaft auf den Prüfstand.
Obwohl sich zahlreiche Baustoffrecycler bereits mit der seit dem 1. August 2023 geltenden Regelung vertraut und mit der QUBA-Zertifizierung (QUBA-Gütesiegel) dafür fit gemacht haben, sei der Großteil der Branche immer noch nicht auf die neuen Regelungen der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) vorbereitet, wie der kommissarische Fachverbandsvorsitzende Michael von Malottky berichtete: „Wir vermuten, dass rund zwei Drittel der Branche die EBV haben kommen lassen, ohne sich im Vorfeld damit zu beschäftigen.“ Dies betreffe sowohl die Aufbereiter als auch die Bauherren, Architektur- und Ingenieurbüros, die nicht wissen, dass man heute rechtssicher und ohne Probleme Ersatzbaustoffe einbauen kann, und am Ende auch die Verwender und Bauunternehmer, die sich noch nicht damit auseinandergesetzt haben, was die EBV im Alltag für sie bedeutet.
Umdenken und einarbeiten
Aus Sicht von bvse-Geschäftsführer Stefan Schmidmeyer sind eingetretene Pfade erfahrungsgemäß das größte Hindernis dafür, sich mit der EBV zu beschäftigen. Da beispielsweise die Güteüberwachung bis zum 1. August auch in Bayern freiwillig war, sei diese in vielen Unternehmen vielfach gar nicht gemacht und auch von Seiten des Vollzugs nur lückenhaft kontrolliert worden. Nun sei es für alle an der Zeit, umzudenken und sich schnellstmöglich einzuarbeiten.
Umstellung nur geringe Probleme
Dabei ist laut Schmidmeyer ein Großteil der Anforderungen, die durch die EBV gestellt werden, im Grunde schon seit Jahren geübte Praxis und bringt für diejenigen, die sich in den vergangenen Monaten und Jahren mit der Qualitätssicherung beschäftigt haben, in der Praxis nur sehr geringe Probleme bei der Umstellung mit sich. Die Aufbereitungstechnik habe sich schließlich nicht geändert. Ähnlich verhalte es sich mit den Vorgehensweisen zur Güteüberwachung.
Qualitätssicherung und Zertifizierung
„Ohne Vorkenntnisse muss man sich einarbeiten. Dies braucht natürlich Zeit. An Qualitätssicherung und einer Zertifizierung führt dabei kein Weg vorbei. Das hat der bvse schon sehr früh erkannt“, unterstrich Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. In Erwartung der EBV, für die der Verband lange Jahre geworben habe, sei vor rund dreieinhalb Jahren gemeinsam mit dem DA-Deutscher Abbruchverband und dem ZDB-Zentralverband Deutsches Baugewerbe die QUBA Sekundärbauststoffe GmbH gegründet worden.
Umweltanalytik und technische Einsetzbarkeit
„Der Produktstatus“, so Rehbock, „war von Anfang an Ziel dieser bundesweiten Gütesicherung, in der es nicht nur um die Umweltanalytik, sondern um die technische Einsetzbarkeit geht. Bemüht um maximale Effektivität war es uns dabei stets wichtig, die ganze Kette der Akteure, vom Abbruch über Aufbereitung und Recycling bis hin zum Bau, einzubinden.“
Besonders stolz sei der Verband auf die Anerkennung von Umweltminister Thorsten Glauber, der in Bayern als erstem Bundesland für alle QUBA-zertifizierten Ersatzbaustoffe in allen Materialklassen den Produktstatus erteilt hat.
„Wir hoffen, dass dieses Beispiel Bayerns schon bald Blaupause auch für andere Bundesländer ist. Sich frühzeitig mit den Zeichennutzern auf den Weg in die EBV zu machen, hat sich bereits ausgezahlt“, bestätigte auch QUBA-Geschäftsführer Thomas Fischer. Bislang hat die QUBA GmbH bereits über 400 Betriebe inklusive Baustellen zertifiziert. Seit Oktober 2020 seien so mehr als 11,3 Millionen Tonnen und seit August 2023 ca. 1 Million Tonnen nach EBV güteüberwachter Sekundärbaustoffe in Verkehr gebracht worden.
Materialklasse bestimmt Einbauweise
„Wir sprechen mittlerweile auch nicht mehr über gute oder schlechte Qualitäten für einen Produktstatus“, erläuterten Schmidmeyer und Fischer. Eine Materialklasse bestimme die entsprechende Einbauweise. Für alle mineralischen Ersatzbaustoffe, die gemäß EBV hergestellt sind, gebe es eine entsprechende Anwendung. Auch ein Ersatzbaustoff, wie etwa die Hausmüllverbrennungsasche, habe hier seine Berechtigung. Wenn es laut EBV einen Anwendungsbereich gibt, könne dieser auch güteüberwacht und zertifiziert werden.
Wissensvermittlung zu Sekundärbaustoffen
Um die Akzeptanz von gütegesichertem Recyclingmaterial weiter voranzubringen, seien der ständige Austausch und die Wissensvermittlung zu der Bedeutung von Sekundärbaustoffen an den entsprechenden Behördenstellen und deren Beratern, Architekten und Ingenieuren unerlässlich. Denn Sekundärbaustoffe überzeugten nicht nur durch Qualität, sondern trügen in erheblichem Maß zur Rohstoffsicherung, Ressourcenschonung und dem Erreichen der Klimaziele bei. „Wenn wir Produkte verkaufen, müssen auch wir als Recycler die Informationspflicht nach dem Produktrecht wahrnehmen“, machte Schmidmeyer deutlich.
EBV vollzugstauglicher machen
„Die EBV ist umsetzbar! Wir müssen gemeinsam daran arbeiten und mit dem Gesetzgeber reden, um das Regelwerk noch vollzugstauglicher zu machen. Ganz oben auf unserer Liste steht hier die Streichung des ausführlichen Säulenversuchs. Zu teuer, in der Durchführung viel zu langwierig, bringt er keinen Erkenntnisgewinn, keinen Mehrwert für die Qualität von Ersatzbaustoffen und wird ab 1. Dezember 2023 für den Eignungsnachweis auf der Baustelle zum Problem. Aus Kosten- und Zeitgründen werden viele Bauherren von der Aufbereitung auf der eigenen Baustelle Abstand nehmen und potenziell als Ersatzbaustoff verwertbares Material in der Verfüllung oder auf der Deponie entsorgen. Daher appellieren wir nach wie vor an den Gesetzgeber, den Säulenkurztest und den Schüttelversuch für den Eignungsnachweis sofort zuzulassen“, lautete die Forderung der Experten. Darüber hinaus seien große Herausforderungen in Bezug auf Schadstoffproblematiken, wie PFAS und Asbest, zu lösen.
Den Umgang damit sowie Aufbereitungsmöglichkeiten und Entsorgungswege beleuchtete in der Folge Falk Fabian vom Baden-Württembergischen Umweltministerium. Thomas Schlösser (Schlösser Grund- und Tiefbau GmbH Berg) beschäftigte sich mit Möglichkeiten der Erkundung und Separierung von Beton mit asbesthaltigen Abstandshaltern.
PFAS und andere Themen
Ob PFAS-belastete Böden besser wiederverwendet, recycelt oder beseitigt werden sollten, wurde von Sascha Mirkovic (Geiger Entsorgung GmbH & Co. KG) hinterfragt. M. Sc. Anna-Lena Liesch informierte über die Entsulfatisierung von Bauschutt mit dem vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) generierten „ENSUBA-Verfahren“. Der nass-chemische Prozess, der die selektive Entfachung von Sulfat aus heterogenen Gemengen und die anschließende Rückgewinnung von reinem Gips ermöglicht, soll Synergien zwischen Aufbereitern und Gipsindustrie schaffen.
DK
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