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(GZ-1/2-2024 - 18. Januar)
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► Fachkonferenz Verpackungsrecycling von bvse, AGVU und BDE in Berlin:

 

Zukunft des Wertstoffmanagements

 

Die Grenzen und Potenziale von Ökobilanzierungen sowie Faktoren für erfolgreiche Erfassung und Sortierung standen unter anderem im Mittelpunkt einer Fachkonferenz von bvse, AGVU und BDE in Berlin unter dem Motto „Kreislauffähigkeit, Sekundärrohstoffeinsatz und die Zukunft des Wertstoffmanagements“. Dabei wurde deutlich, dass zur Qualitätssteigerung ökonomische Anreize entlang der gesamten Wertschöpfungskette gesetzt werden müssen.

Aufgrund der Explosion von Energie- und Lohnkosten, Fachkräftemangel und massiven Absatzproblemen im mechanischen Kunststoffrecycling ist die Branche in Bedrängnis. „Ich kann mich nicht erinnern, dass die Lage jemals so prekär war, wie in den letzten Wochen und Monaten“, betonte bvse-Vizepräsident Dr. Herbert Snell.

Skeptische Branche

In einer Umfrage unter den im bvse organisierten Kunststoffrecyclingunternehmen gaben 30 Prozent an, dass sie ihre wirtschaftliche Situation als mangelhaft oder ungenügend einschätzen. Auch das Jahr 2024 lässt Snell zufolge nichts Gutes erwarten, gingen doch 25 Prozent der Unternehmen von keiner Verbesserung ihrer Situation aus. Diese Entwicklung komme nicht von ungefähr, so Snell. Die hohen Energiekosten sowie die Rezession und die damit verbundene Konsumzurückhaltung in Deutschland träfen die Recyclingbranche in starkem Maße.

Mit dem Rücken zur Wand

Snell zufolge „kämpfen wir auf der Absatzseite mit dem Problem, dass die Absatzpreise für Rezyklate massiv eingebrochen sind“. Auf die Frage, wann die Kunststoffrecycler damit rechnen, dass sich der Rezyklat-Absatz wieder bessert, hätten 37 Prozent geantwortet, dass sie 2024 keine Besserung erwarten.

„Das zeigt: Die Branche steht mit dem Rücken zur Wand. Der dauerhafte wirtschaftliche Betrieb der Recyclinganlagen ist kaum noch möglich. Wir sehen eine bedrohliche Situation, die das gesamte Recycling gefährdet“, warnte der bvse-Vizepräsident.

Strukturelles Problem

Entscheidend für die prekäre Situation ist laut Herbert Snell jedoch ein strukturelles Problem, das angepackt werden muss. Die Jahre 2021 und 2022 hätten gezeigt, dass es nicht an der Qualität oder Verfügbarkeit von Rezyklaten liegen kann, denn in diesen Jahren konnten die Kunststoffverarbeiter alles gebrauchen und einsetzen. Die jahrelangen Beschwerden über die Qualität verstummten. Offensichtlich liege das strukturelle Problem darin, dass Rezyklate nicht eingesetzt werden, wenn Neuware preisgünstiger ist.

Allein im zweiten Quartal dieses Jahres sei die Menge der in die EU eingeführten PETs gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent gestiegen, weil PET-Neuware aus dem Ausland billiger ist. Dies habe damit zu tun, dass der klimaschädliche CO2-Rucksack, der bei der Produktion von Kunststoffneuware entsteht, bei der Preisbildung völlig außen vor bleibt – erst recht bei der importierten Neuware, machte Herbert Snell deutlich.

Im Verhältnis zur Neuware sei der CO2-Rucksack von Rezyklaten um 1,5 bis 3,2 Tonnen leichter pro Tonne Kunststoff, d.h. für die Herstellung von Rezyklaten werde nur die Hälfte an Energie genutzt wie für Neuware. Würde diese positive Klimabilanz eingerechnet werden, könnte eine Parität zwischen Rezyklaten und aus fossilen Rohstoffen gewonnenen Kunststoffen hergestellt werden. „Wir sind uns deshalb mit vielen Akteuren einig, dass eine angemessene CO2-Bepreisung als wirksames marktwirtschaftliches Instrument das dringend benötigte Level-Playing Field schaffen kann“, machte der Vizepräsident deutlich und ergänzte: „Wenn mehr Rezyklate und weniger Kunststoffneuware eingesetzt werden, reduzieren sich die CO2-Emissionen. Wer darauf aus Kostengründen verzichtet, darf nicht belohnt, sondern muss mit einem deutlichen Preisaufschlag sanktioniert werden.“

Anreize setzen

Letztlich sei der Gesetzgeber aufgefordert, das Ziel einer echten Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe beizubehalten, ohne die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Märkte zu gefährden. Es sei erforderlich, die notwendigen Anreize zu setzen, die auf die gesamte Wertschöpfungskette abzielen, um Investitionen in Recyclingkapazitäten und technologische Entwicklungen voranzutreiben. Zu diesem Zweck müssten die Stärkung der Recycling- und Rezyklateinsatzziele, die Förderung von Design-for-Recycling und die Bewältigung verbleibender Herausforderungen in der Abfallwirtschaft, z. B. die Qualität der dem Recycling zur Verfügung gestellten Rohstoffe, wie etwa aus den dualen Systemen, ganz oben auf der politischen Agenda stehen.

Großes Engagement

Trotz herausfordernder Rahmenbedingungen zeigt die Recyclingbranche laut vbs-Präsident Stefan Böhme viel Engagement, die Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Um hochwertiges mechanisches Recycling betreiben zu können, bedürfe es einer qualitativ hochwertigen Erfassung, zu der auch die Vermeidung von Fehlbefüllungen zählt. Dies gelinge nur in einer engen Zusammenarbeit zwischen Entsorgern, Kommunen und dualen Systemen, aber auch Hausverwaltungen. Böhme forderte deshalb die Priorisierung einer qualitativ hochwertigen Erfassung vor den Quantitäten in den Ausschreibungsführerverträgen der dualen Systeme.

DK

 

 

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