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(GZ-5-2024 - 29. Februar)
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► Reaktionen zur Kraftwerksstrategie der Bundesregierung:

 

Wichtiger Sinneswandel

 

Nach langem Ringen hat sich die Bundesregierung auf eine Strategie zum Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland geeinigt. Sie soll den Rahmen schaffen für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke, die in der Lage sind, zukünftig mit Wasserstoff betrieben zu werden, hieß es in einer Mitteilung.

Kurzfristig sollen neue Gaskraftwerkskapazitäten im Umfang von bis zu viermal 2,5 Gigawatt ausgeschrieben werden. Ab einem 2032 festzulegenden Umstiegsdatum sollen sie „zwischen 2035 und 2040“ vollständig auf Wasserstoff umstellen. Geplant ist, die Förderungen aus dem Klima- und Transformationsfonds, einem Sondertopf des Bundes, zu finanzieren.

Neben dem „konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze erfordert die Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit unseres Stromsystems moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke“, erklärte die Bundesregierung. Insbesondere sollen die Kraftwerke die Versorgung mit klimafreundlichem Strom auch in Zeiten mit wenig Sonne und Wind gewährleisten.

Wie es aus Koalitionskreisen hieß, liegen die Kosten bei ca. 16 Milliarden Euro für die nächsten rund 20 Jahre. Laut Mitteilung wurde vereinbart, dass Konzepte für einen sogenannten Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden sollen. Eine politische Einigung darüber solle innerhalb der Bundesregierung bis spätestens Sommer 2024 erzielt werden. Über einen solchen Mechanismus könnten Betreiber in einigen Jahren dafür honoriert werden, dass sie Kraftwerkskapazitäten vorhalten.

VKU fordert zügige und praxistaugliche Strategie

„Der VKU begrüßt, dass es jetzt in der Bundesregierung eine politische Verständigung über Eckpunkte einer künftigen Kraftwerksstrategie gibt. Die grundsätzliche Verständigung auf einen Kapazitätsmechanismus für gesicherte Stromleistungen ist richtig, das hatte der VKU bereits seit langem gefordert“, betonte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing in einer ersten Einschätzung. Der Erfolg der Pläne werde jedoch maßgeblich von der konkreten Umsetzung abhängen. Den Eckpunkten müsse nun zügig eine praxistaugliche Strategie folgen.

„Richtig ist, dass die Einigung eine Verzahnung von kurzfristig ausgeschriebenen Kraftwerken mit dem langfristigen Marktdesign vorsieht. Entscheidend ist allerdings, dass möglichst schnell Klarheit herrscht: Sowohl über die konkrete Ausgestaltung der im Rahmen der Kraftwerksstrategie kurzfristig vorgesehenen Ausschreibungen als auch über die Rahmenbedingungen eines zukünftigen Kapazitätsmarkts. Hier wird es auf die Details ankommen“, machte Liebing deutlich. „Damit es unter diesen Umständen überhaupt genügend Bieter gibt, muss bei den Ausschreibungen daher ein besonderes Augenmerk auf die Akteursvielfalt gelegt werden: Die Bildung von neuen Oligopolen im Bereich der Versorgungssicherheit muss unbedingt verhindert werden.“

Zu einer Kraftwerksstrategie aus einem Guss zählen aus Sicht des VKU-Hauptgeschäftsführers KWK-Anlagen. Sie unterstützten die Systemdienlichkeit der neuen Kraftwerke. Deswegen müsse die nun vorgelegte Einigung mit einer Verlängerung des Kraftwärmekopplungsgesetzes (KWKG) über 2026 hinaus flankiert werden.

BDEW: Notwendige Bausteine für Investitionssicherheit

Wie Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, darlegte, „ist der Zubau neuer Gaskraftwerke Grundlage für den Kohleausstieg. Gleichzeitig sind die wasserstofffähigen Gaskraftwerke wichtige Abnehmer und damit relevanter Baustein für Planungssicherheit im Rahmen des Wasserstoffkernnetzes. Der politischen Einigung muss nun zeitnah ein konkreter Gesetzesvorschlag folgen, damit in diesem Jahr noch die erste Ausschreibung erfolgen kann.“

Nach Andreaes Auffassung ist es richtig, im Rahmen der Kraftwerksstrategie aus Kostengründen zunächst mit der Ausschreibung von neuen wasserstofffähigen Kraftwerken zu starten. Dies habe die Energiebranche als Beitrag zur Kosteneffizienz vorgeschlagen. Richtigerweise würden teurere Hybrid- und Sprinter-Kraftwerke in der Strategie zurückgestellt. Auch die von der Energiebranche geforderte Verzahnung mit einem Kapazitätsmechanismus sei ein notwendiger Baustein für Investitionssicherheit.

Aus BDEW-Sicht muss auch die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung im Rahmen der Kraftwerksplanung bedacht werden. Die KWK leiste ebenso einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie zur Absicherung der Wärmewende. Zusätzlich müsse das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz hinsichtlich einer verstärkten Dekarbonisierungswirkung mit Wasserstoff novelliert werden. Dass Doppelbelastungen von Abgaben und Gebühren auf Strom zur Speicherung und Elektrolyse beseitigt werden sollen, sei erfreulich und greife eine weitere Forderung der Branche auf.

„Nun muss dringend Klarheit für die Investoren geschaffen werden“, forderte Andreae. Die Finanzierungsfrage müsse ebenso schnell geklärt werden wie die beihilferechtliche Sicherheit sowie die Standortfrage. Zudem seien die konkreten Ausschreibungszeiträume für die Kraftwerke heute noch unklar. 2028 solle laut Einigung ein Kapazitätsmechanismus startklar sein. Auch vom Zusammenspiel zwischen den Ausschreibungen im Rahmen der Kraftwerksstrategie und des geplanten und notwendigen Kapazitätsmechanismus werde abhängen, wann ein Ausstieg aus der Kohleverstromung möglich sein wird.

„Die einzelnen geplanten Regelungen der Kraftwerksstrategie werden wir uns sehr genau ansehen und im Detail bewerten. Wichtig ist, dass die Energiebranche für den notwendigen Praxis-Check ausreichend Zeit erhält“, machte Andreae klar.

Fachverband Biogas: Deutschland muss auf heimische Energie setzen

Nach Auffassung des Fachverbands Biogas ist in der Einigung der Bundesregierung ein wichtiger Sinneswandel weg vom Aufbau großer Kraftwerkskapazitäten, die durch Hybrid- und Sprinterkraft ergänzt werden sollten, hin zur Anreizung zuverlässiger und flexibler Kapazitäten erkennbar. „Genau das ist es, was das Stromsystem der Zukunft braucht und Biogas liefern kann“, stellte Verbandspräsident Horst Seide fest.

Mit Unverständnis reagierte er jedoch auf die Tatsache, „dass in der Einigung zwar von Technologieneutralität gesprochen wird, aber mit keinem Wort der Biogasanlagenpark erwähnt wird. Allein bis 2030 könnten mit den richtigen Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz bis zu 12 Gigawatt flexibler Leistung aus Biogas zur Verfügung stehen - langfristig sogar doppelt so viel“, hob Seide hervor. Mit dem aktuellen Ausschreibungsdesign hingegen riskiere die Bundesregierung Anlagenstilllegungen und eine noch größere Stromlücke, die wiederum später teuer geschlossen werden muss.

„Deutschland muss jetzt auf heimische Energie setzen, sonst wird bei knappen Kassen bestehende Infrastruktur zerstört. Wenn die aktuelle Regierung nicht schnell aufwacht, ist insbesondere das Wirtschaftsministerium dafür verantwortlich, dass ein zuverlässiger Biogasanlagenbestand zum Aufhören gezwungen wird. Ein Schaden, den kommende Regierungen nicht wieder gut machen können. Auch darf nicht vergessen werden, dass der heutige Biogasanlagenbestand ein wesentlicher Bestandteil der Wärmewende darstellt“, schloss Seide seine Ausführungen.

DK 

 

 

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