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(GZ-5-2024 - 29. Februar)
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► Ruf nach ehrlicher Debatte:

 

VDV-Positionen zu ÖPNV-Bilanz und Schienennetz

 

Rund 9,5 Milliarden Fahrgäste waren nach Berechnungen des Branchenverbands VDV 2023 deutschlandweit mit Bussen und Bahnen unterwegs – das sind rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit habe sich die Nachfrage im deutschen ÖPNV nach jahrelangen pandemiebedingten Einbrüchen weiter erholt, bilanzierte der Verband.

Gleichzeitig blieben im vergangenen Jahr die Kosten für Personal, Strom und Diesel weiter auf hohem Niveau. 2023 zahlte die Branche im Vergleich zu 2020 im Schnitt 57 Prozent mehr für ihren Strom und 54 Prozent mehr für Dieselkraftstoff. Hingegen sind die Ticketpreise – vor allem durch das 9-Euro-Ticket und das Deutschland-Ticket – im selben Zeitraum branchenweit um durchschnittlich gut 23 Prozent gesunken. Die hohen Kosten bei sinkenden Einnahmen stellen die Branche daher vor große wirtschaftliche Herausforderungen.

Ruf nach ehrlicher Debatte

Wie VDV-Präsident Ingo Wortmann erläuterte, „wird die Lücke zwischen Ticketeinnahmen und Kostenentwicklung immer größer, so dass der wirtschaftliche Druck auf die Branche extrem zunimmt. Wir brauchen eine ehrliche und umfassende Debatte darüber, was der ÖPNV in Deutschland künftig leisten soll und unter welchen finanziellen Bedingungen er im Stande ist, dies zu tun. Ticketpreise zu minimieren und gleichzeitig das Bus- und Bahn-Angebot maximieren zu wollen, um Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen, wird als Gesamtrechnung nicht aufgehen. Oder zumindest nur mit erheblichen zusätzlichen Investitionen durch Bund und Länder.“

Die Branche wertet den durch das Deutschland-Ticket erreichten Fahrgastzuwachs als Erfolg und sieht noch weiteres Wachstumspotenzial. Bei den inzwischen rund elf Millionen Abonnenten kommt das Angebot sehr gut an: 95 Prozent der Menschen, die ein Deutschland-Ticket besitzen, sind damit insgesamt zufrieden. „Daran sieht man, dass die Einführung des Deutschland-Tickets der richtige politische Impuls war. Und man sieht, dass die Branche dies mit entsprechender Energie und Professionalität in kurzer Zeit sehr gut umgesetzt hat. Diesen Erfolgsweg müssen wir nun gemeinsam mit Bund und Ländern weitergehen“, unterstrich Wortmann.

Preisstabilität des Deutschland-Tickets

Die Entscheidung der Verkehrsministerkonferenz zur Preisstabilität des Deutschland-Tickets in diesem Jahr sei für die weitere Nachfragesteigerung richtig und wichtig, so der VDV-Präsident. „Für uns als Branche bleibt jedoch die Frage der vollständigen Finanzierung des Tickets weiterhin offen. Das ist nicht gut, denn die Verkehrsunternehmen brauchen längerfristige Planungssicherheit. Aktuell wissen wir nicht, wie lange die zugesagten Finanzmittel des Bundes und der Länder ausreichen, um die Verluste auszugleichen. Und wir wissen nicht, was danach kommt. Wir müssen deshalb schnell miteinander über eine dauerhaft tragfähige Finanzierung des Deutschland-Tickets sprechen.“

Aus Sicht der Branche können in den kommenden Jahren weitere Wachstumspotenziale beim Deutschland-Ticket gehoben werden, so dass unter entsprechenden Rahmenbedingungen rund 15 Millionen Tickets ein realistisches Wachstumsziel sein können. Dafür würden die Voraussetzungen und politische Beschlüsse, etwa der Preisentwicklung, bei der Verlässlichkeit des Angebots, bei der Verstetigung von rabattierten Job- und Studierendentickets sowie bei der zielgruppenspezifischen Weiterentwicklung und bei der konsequenten Vermarktung des Tickets benötigt.

Verdreifachung der angemeldeten Projekte im GVFG

Das vergangene Jahr hat nicht nur einen deutlichen Zuwachs bei den Fahrgastzahlen gebracht, sondern auch in einem ganz anderen Bereich: Im sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) haben die Verkehrsunternehmen mehr Infrastrukturprojekte zur Förderung angemeldet als je zuvor. Das Gesetz wurde im Jahr 2020 novelliert und in diesem Zuge finanziell aufgestockt. Dadurch ist inzwischen eine Verdreifachung der angemeldeten Projekte zu verzeichnen. Aktuell sind im GVFG insgesamt 407 Projekte aus den Bereichen „Grunderneuerung“, „Reaktivierung“, „Elektrifizierung“ und „Bahnhöfe, Stationen, Haltestellen“ angemeldet. Ein klares Zeichen für den dringenden Bedarf an Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen sowie dafür, dass die Branche sich längst konsequent auf den Weg gemacht hat, durch Baumaßnahmen und Qualitätsverbesserungen mehr Kapazitäten im ÖPNV zu erreichen.

Ruf nach höheren Fördermitteln

Aus Sicht des VDV wäre es angesichts dieser Rekordzahlen und vieler weiterer förderfähiger Bauprojekte in der Branche, die bereits in Vorbereitung sind, angebracht, die Mittel im GVFG ab 2025 von zwei auf drei Milliarden Euro zu erhöhen. Eine Milliarde zusätzlich sei gemessen am Gesamthaushalt des Bundesverkehrsministers ein relativ geringer Betrag, der daher auch in haushalterisch schwierigen Zeiten umsetzbar wäre. „Die Erhöhung der Fördermittel im GVFG auf drei Milliarden jährlich ab 2025 hätte eine extreme Hebelwirkung, um unsere Infrastrukturen noch schneller und konsequenter mit Blick auf die Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor um- und ausbauen zu können“, betonte Wortmann.

Themenwechsel. Der Bund wird sich künftig an den Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung des Schienennetzes beteiligen können. Der Bundestag billigte hierzu nunmehr einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung. Der VDV begrüßt dieses Vorgehen. „Damit wird neben Aus- und Neubau nun auch die wichtige Sanierung der vorhandenen Infrastrukturen finanziert. Auf dem Weg zur angekündigten Gemeinwohlorientierung der Bundesschienenwege ist das ein entscheidender Schritt“, unterstrich VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

DK 

 

 

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