(GZ-6-2024 - 14. März) |
► DSGV-Präsident Prof. Reuter zur Konjunkturprognose 2024: |
Leistung muss belohnt werden |
„Nur mit klimagerechtem Wirtschaftswachstum kann Deutschlands Wohlstand erhalten bleiben. Die Voraussetzung dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung aller arbeitsfähigen Menschen in diesem Land und mehr Leistungsbereitschaft“, machte DSGV-Präsident Prof. Ulrich Reuter auf einer Pressekonferenz zur Veröffentlichung der Konjunkturprognose deutlich.
Nach Einschätzung der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe könnte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr ein Plus von 0,3 Prozent verzeichnen. Der Chefvolkswirt der DekaBank, Dr. Ulrich Kater, verwies darauf, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gleichzeitig unter strukturellem und konjunkturellem Druck stehe. Eine Verbesserung sei in Sicht: „Der private Konsum erholt sich, weil sich die Inflation weiter beruhigt. Gleichzeitig tritt eine Gewöhnung an wieder dauerhaft höhere Zinsen ein, was Investitionen begünstigt. Nicht zuletzt wird der Export wieder anziehen, was für die exportorientierte deutsche Wirtschaft besonders wichtig ist.“
Wie Präsident Reuter ausführte, gebe es spezifische Gründe, weshalb Deutschland derzeit schwächer wächst als andere Industrieländer: „Zum einen haben wir – zum Glück und anders als in vielen anderen Ländern – eine ausgeprägte Industrie in diesem Land, häufig energieintensiv. Die muss unbedingt hier gehalten werden. Zum anderen ist Deutschland ein starkes Exportland. Die schwächelnde Weltkonjunktur trifft uns deshalb besonders. Mir ist deshalb wichtig, dass sich unser Land, vor allem die Politik, auf die Rahmenbedingungen konzentriert, die die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und verbessern.“
Für die Zukunft entscheidend ist aus Reuters Sicht eine sichere und kostengünstige Energieversorgung – „vor allem für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie“. Aus guten ökologischen Gründen habe sich Deutschland entschieden, dass regenerative Energien künftig die Basis sein sollen. Diese seien heute im Preis durchaus wettbewerbsfähig. Sie benötigten allerdings für den Ausgleich von Belastungsspitzen Reservekapazitäten – für eine gewissen Zeit noch Kohle, möglichst schnell Gas und langfristig Wasserstoff. Die dazu laut Bundesnetzagentur notwendigen 25 Gigawatt – das sind rund 50 Gaskraftwerke – müssten so finanziert werden, dass sie nicht zu einer dauerhaften Belastung der Energiepreise und damit der Wettbewerbsfähigkeit werden.
Als weiteren entscheidenden Erfolgsfaktor betrachtet der DSGV-Chef die internationale Ausrichtung der deutschen Wirtschaft. „Sie ist dadurch allerdings nicht nur konjunkturell für globale Störungen anfällig, sondern auch in den Lieferketten. Wir haben das gesehen im Rahmen der Corona-Phase, zu Beginn des Kriegs gegen die Ukraine, beim querliegenden Frachter im Suez-Kanal und jetzt bei den Schiffs-Angriffen der Huthis im Roten Meer. Es ist deshalb gut, dass sich die deutsche Wirtschaft bei den Zulieferern breiter – auch regional breiter – aufstellt“, unterstrich Reuter und ergänzte: „Ich denke, dass die Politik diesen Prozess gut unterstützen sollte und könnte – durch mehr Partnerschaften mit weiteren Schwellenländern und durch gezielte Auslandsinvestitionen.“
Die deutsche Wirtschaft brauche schlichtweg mehr Partner in der Welt. Dies müsse politisch flankiert werden. Dank des Europäischen Binnenmarktes sei die EU neben China und den Vereinigten Staaten einer der drei größten globalen Akteure im internationalen Handel. Der Europäische Binnenmarkt helfe den EU-Mitgliedsstaaten, sich auf dem Weltmarkt zu behaupten und stärke den Einfluss der EU in der Welt. Eine Abwendung von der EU wäre deshalb nach Reuters Auffassung ökonomischer Unsinn.
Für die Zukunft entscheidend sei auch der Einsatz neuer Technologien und vor allem von KI. „Dabei müssen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt der eigenen Souveränität gleichermaßen im Auge behalten. Konkret: Im B-to-C-Geschäft liegen heute die meisten Daten bei globalen Big-Techs, die deren Nutzungsmöglichkeiten nicht fair teilen. Das ist ein erheblicher Wettbewerbsnachteil europäischer Anbieter – eine unfaire Wettbewerbsbeschränkung. Das darf im B-to-B-Geschäft nicht auch noch passieren. Denn hier hat Deutschland derzeit noch große, selbst erarbeitete Wettbewerbsvorteile, die wir nicht unfreiwillig und fahrlässig Dritten überlassen dürfen. Deshalb ist es wichtig, dass die Forschung und Anwendung künstlicher Intelligenz für Unternehmen und für die Politik ein zentraler Faktor ist bzw. wird. Das betrifft etwa die Verfügbarkeit von Großrecheneinheiten.“
Benötigt werde zudem eine neue Leistungskultur. Reuter zufolge sollte die Politik den Menschen in diesem Land klarer als bisher sagen, dass der Weg hin zu neuer Wettbewerbsfähigkeit nur mit neuen und auch größeren Anstrengungen erfolgreich zu bewältigen ist. Ich verstehe deshalb, wenn Arbeitnehmende einen fairen Anteil am Wertzuwachs haben und auch durchsetzen wollen. Wir alle müssen aber auch verstehen: Es ist jetzt nicht die Zeit, für kürzere Arbeitszeiten einzutreten. Im Gegenteil: Wir alle müssen die Ärmel hochkrempeln, um uns aus den aktuellen Schwierigkeiten herauszuarbeiten.“
Leistung und zusätzliche Arbeit sollten deshalb gefördert und belohnt werden. „Ich könnte mir zum Beispiel politisch vorstellen, zusätzliche Arbeitsstunden über ein definiertes Mindestmaß hinaus steuerlich zu entlasten oder eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit steuerrechtlich oder sozialversicherungsrechtlich stärker zu belohnen. Umgekehrt muss jetzt wirklich und ernsthaft die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft von Unternehmen und Arbeitnehmenden durch den Abbau überzogener Bürokratie- und Berichtspflichten entfesselt werden. Angekündigt wurde das schon oft, bisher ist für die Unternehmen kein Vollzug sichtbar geworden“, stellte der Sparkassenpräsident fest.
„Wir als Sparkassen-Finanzgruppe sind bereit und in der Lage, den Weg hin zu mehr Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen und zu finanzieren. Wir sind überall in Deutschland der wichtigste Ansprechpartner, wenn es um Unternehmensfinanzierungen geht. 42 Prozent aller Unternehmenskredite kommen aus unserer Gruppe, rund drei Viertel aller Unternehmen sind unsere Kunden“, betonte Reuter und fuhr fort: „Wir stehen für stabile Finanzierungen. Wir begleiten unsere Kundschaft dabei, ihre Geschäftsmodelle von ‚braun‘ zu ‚grün‘ zu entwickeln. Damit unterstützen wir wesentlich den Wandel hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft.“ Die Sparkassen seien für diese Aufgabe ausreichend kapitalisiert. „Und wir werden unsere ökonomische Substanz auch weiter stärken. Gleichzeitig wollen wir – im Firmenkundengeschäft und im Privatkundengeschäft gleichermaßen – unsere schon starke Marktstellung schrittweise weiter ausbauen“, hob Reuter abschließend hervor.
DK
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