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(GZ-11-2024 - 6. Juni)
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► Bayernwerk stellt Studie vor:

 

6,9 Gigawatt zu wenig gesicherte Leistung

Erzeugungsleistung aus zentralen Großkraftwerken geht zurück; Verbrauchlast steigt bis 2030

 

Mit einer „Wachstumsoffensive Energiezukunft Bayern“ holt das Bayernwerk laut Vorstandsvorsitzendem Dr. Egon Leo Westphal zum großen Wurf aus. „Mit einem für das Bayernwerk historischen Wachstumsprogramm gehen wir als Unternehmen ‚All-in‘ und starten ein mehrjähriges, milliardenschweres Programm für den Ausbau unserer bayerischen Verteilnetze. Bis 2028 – also in den nächsten vier Jahren – wollen wir die Netze um zusätzliche 540 Kilometer Hochspannungsleitung, etwas mehr als 10.000 Kilometer Mittelspannungsleitung, knapp 10.000 Kilometer Niederspannungsleitung, 173 Umspannwerke und 8.500 digitale Ortsnetzstationen erweitern. Und das ist erst der Anfang einer dynamisierten Netzentwicklung.“

Das Vorstandsteam v.l.: Albert Zettl, Vorstandsvorsitzender Dr. Egon Leo Westphal und Dr. Daniela Groher. Bild: Florian Hammerich, altrofoto/ Bayernwerk AG
Das Vorstandsteam v.l.: Albert Zettl, Vorstandsvorsitzender Dr. Egon Leo Westphal und Dr. Daniela Groher. Bild: Florian Hammerich, altrofoto/ Bayernwerk AG

Um das zu stemmen, erhöhe das Unternehmen die Belegschaftszahl signifikant im vierstelligen Bereich. Personal- und Vertriebsvorstand Albert Zettl: „Zum Ende des ersten Quartals 2024 arbeiten in der Bayernwerk-Gruppe über 4.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der bayerischen Energiezukunft. In herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Zeiten bedeutet das für die letzten 18 Monate einen Wachstumssprung von mehr als einem Drittel.“ Die Wachstumsoffensive schaffe zudem einen zusätzlichen Bedarf von mehreren tausend Stellen bei Dienstleisterfirmen.

Bayernwerk-Finanzvorständin Dr. Daniela Groher stellte die Entwicklung des Netzbudgets vor: „In Summe wird das Bayernwerk damit von 2024 bis 2026 5,1 Mrd. Euro für Bayerns Energiezukunft aufbringen.“ Daniela Groher verwies bei der Vorstellung der Netzbudgets darauf, dass jegliche Investitionsvorhaben immer in Verbindung zu wirtschaftlichen Umfeldbedingungen wie Materialverfügbarkeit, Kostenentwicklungen, Inflationsgeschehen, Fachkräftebedarf, Genehmigungsdauer oder auch zur gesellschaftlichen Akzeptanz örtlicher Maßnahmen stehen.

Ein Einspeiserekord jagt den nächsten

Die bisherige Entwicklung der Energiewende in Bayern bezeichnete Egon Leo Westphal im Rückblick als Erfolgsgeschichte. „Waren es 2015 noch 40.000 Photovoltaikanlagen, konnten wir 2023 über 87.000 Anlagen mit einer Leistung von mehr als 2.200 Megawatt neu an unser Netz anschließen, so viele wie nie zuvor“, betonte Westphal. Der Vorstandsvorsitzende gab einen Einblick, was das in der Praxis des Netzbetriebs bedeutet. „Pünktlich zum 103. Geburtstag des Bayernwerks kam es zu einem PV-Einspeiserekord. … Wir sind ein wetterabhängiges Großkraftwerk und trotzdem zu 99 Prozent versorgungssicher.“ Das Jahr 2024 stehe im Zeichen der Energiezukunft. „Erstmals in der Bayernwerk-Geschichte werden wir in diesem Jahr dank PV mehr Energie aus unseren Netzen exportieren als importieren. Das neue Energiesystem wird sichtbar“, so Westphal.

Bei der Jahrespressekonferenz ging der Vorstandsvorsitzende ebenso auf aktuelle Massenphänomene der Energiewende ein, die das Bayernwerk und seine Mitarbeitenden derzeit stark fordern. So verzeichne das Unternehmen bei Einspeisern, Speichern und andere Bezugsanlagen von Januar bis März 2024 rund 47.000 Anfragen. Das sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine Steigerung um rund 24 Prozent. „Da fällt es je nach regionaler Situation oft schwer, Schritt zu halten. In der Transformation bleiben wir alle Lernende. Wir kennen die aktuellen Engpässe und arbeiten an Lösungen“, so der Vorstandsvorsitzende. Problematisch wirke sich in allen Bereichen der Transformation aus, dass der Ausbau Erneuerbarer Energie nicht an die Netze angepasst sei.

„Nach wie vor fehlt ein effizienter und steuernder Bauplan. Es geht immer noch nach dem Motto „Erneuerbare voran, Netze hintendran“. Das ist die falsche Reihenfolge. Durch den massiven Zubau von Erneuerbarer Energie werden in vielen Regionen vorhandene Netzkapazitäten ausgereizt. Der Ausbau der Energienetze kann da nicht Schritt halten. Deshalb steht ein bayerischer Landesbedarfsplan auf Platz eins unserer politischen Forderungen“, so Westphal.

„Plug and Play“ mit Einspeisesteckdose

Erneuerbare Energie müsse dorthin, wo die Netze sind. Nicht umgekehrt. Dazu habe das Bayernwerk gemeinsam mit LEW Verteilnetz eine wirkungsvolle Lösung entwickelt: die sogenannte Einspeisesteckdose. Westphal: „An passenden Stellen des Netzes bauen wir spezielle Einspeise-Umspannwerke, die für die Aufnahme Erneuerbarer Energie da sind. So stellen wir proaktiv zusätzliche Kapazitäten bereit, an die sich regional Erneuerbare Energie-Anlagen anschließen oder anstecken können, also „Plug and Play“ in der Energiezukunft.“

Studie und Strategiekonzept für gesicherte Leistung

Mit Fokus auf Versorgungssicherheit hat das Bayernwerk in der Jahrespressekonferenz eine landkreisspezifische Studie vorgestellt. Laut der Studie hat Bayern aus heutiger Sicht für das Jahr 2030 eine Lücke von 6,9 Gigawatt an gesicherter Leistung. Denn die gesicherte Erzeugungsleistung aus zentralen Großkraftwerken in Bayern geht zurück. Und die Verbrauchlast steigt. Auf Basis dessen hat das Bayernwerk ein Konzept vorgestellt, wie in Ergänzung und unterstützend zur Kraftwerksstrategie des Bundes dezentrale Potentiale in den bayerischen Regionen genutzt werden können, um eine bayerische Leistungslücke zu vermeiden. „Dabei geht es konkret um die Einbindung von Flexibilitäten in Haushalten und Gewerbe, den Ausbau von Großspeichern, die Erweiterung bestehender Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und den Zubau dezentraler „H2-ready“-Gaskraftwerke. Das sind Schätze, die man nutzen sollte“, erklärte der Vorstandsvorsitzende. „Eine wichtige Erkenntnis lautet: Wärmeplanung, Mobilität und Versorgungssicherheit müssen auch verzahnt gedacht und entwickelt werden“, so Egon Leo Westphal weiter.

Bayernwerk-Akademie für Nachwuchs und Fachkräfte

Der Fachkräftemangel bleibt laut Albert Zettl ein Megathema in der Energiebranche, das Antworten fordert. „Wir haben als Bayernwerk proaktiv einen revolutionären Kurs gewählt und mit der Bayernwerk-Akademie unsere eigene Nachwuchs- und Fachkräfteschmiede ins Leben gerufen“, erklärte der Personal- und Vertriebsvorstand. Darüber hinaus verstehe sich die Bayernwerk-Akademie als Fachkräftemotor für die gesamte Energiebranche mit dem Ziel ein weites Wissensnetzwerk aufzubauen. Erste Initiativen sind bereits auf dem Markt. In einer Kooperation mit IHK Regensburg kann die Ausbildung zum Industriemeister für Elektrotechnik erfolgen. Für Quereinsteiger in die Energiewirtschaft bietet die Bayernwerk-Akademie die hauseigene EFK-Ausbildung sowie ein Ausbildungsprogramm in Form eines Qualifikationssprints. Ab dem beginnenden Wintersemester bietet die Akademie eigens entwickelte Bachelor- und Masterstudiengänge an.

„Ein vielversprechendes neues Geschäftsfeld der Bayernwerk Natur liegt im Bereich der Großbatteriespeicher. Großbatteriespeicher gewinnen bei großen PV-Freiflächenanlagen stark an Bedeutung. Die Kombination aus Erzeugung und Speicherung macht derartige PV-Freiflächenanlagen zum Schweizer Taschenmesse der Energiewende“, betont der Vertriebsvorstand. Stolz sei man mit dem Partner Stadtwerke Dingolfing auf einen Dekarbonisierungs-Auftrag am größten BMW-Produktionsstandort Europas in Dingolfing. „Ab Mitte 2025 werden dort durch unser Biomasseheizwerk 50 Prozent grüne Prozesswärme aus regionalem nachhaltigem Restholz erzeugt“, so Albert Zettl. Und einen Meilenstein gab es in Geschäftsfeld der Straßenbeleuchtung. „Wir betreiben in 1.200 bayerischen Kommunen die Straßenbeleuchtung. Vor einer Woche haben wir die 500.000ste LED-Leuchte in Betrieb genommen. Damit sind knapp 75 Prozent aller 650.000 Leuchten umgerüstet. Die Vollumrüstung fassen wir für 2026 ins Auge“, blickt Albert Zettl voraus.

CH

 

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