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(GZ-11-2024 - 6. Juni)
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► Smarte grenzüberschreitende Digitalisierung der Energienetze:

 

Eine „Blaupause“ für weitere ähnliche Projekte

Auftakt des Gemeinschaftsprojekt Gabreta Smart Grids von Bayernwerk und E.ON Czech

 

Mit einem einzigartigen Event starteten die Bayernwerk AG und die tschechische E.ON-Konzernschwester EG.D in der Schwarzachtalhalle in Neunburg vorm Wald das gemeinsame, grenzüberschreitende Energieprojekt Gabreta Smart Grids. Bei dem 200-Millionen-Euro-Projekt (50-Prozent-Förderung durch die EU) geht es um eine smarte grenzüberschreitende Digitalisierung der Energienetze im bayerisch-böhmischen Raum und damit um die Sicherung der Stromversorgung. Bei Podiumsgesprächen wurden die gesellschaftlich-politischen sowie die technischen Aspekte erörtert. Für die EU-Kommission bezog Wolfgang Bücherl, Leiter der Regionalvertretung für Baden-Württemberg und Bayern, Stellung.

Symbolisch fügten Dr. Egon Leo Westphal und Claudia Viohl zwei Stecker zusammen. Links Wolfgang Bücherl, rechts Dieter Janecek und Hubert Aiwanger. Bild:Markus Bauer
Symbolisch fügten Dr. Egon Leo Westphal und Claudia Viohl zwei Stecker zusammen. Links Wolfgang Bücherl, rechts Dieter Janecek und Hubert Aiwanger. Bild:Markus Bauer

Umrahmt von moderner und klassischer Musik mit deutschen und tschechischen Musikern, die Stile ineinander verwoben, standen im Hauptteil zwei Gesprächsrunden im Zentrum. Geleitet von der Schweizer Moderatorin Nina Havel diskutierten Dr. Egon Leo Westphal (Vorstandsvorsitzender Bayernwerk AG), Claudia Viohl (Geschäftsführerin E.ON Tschechien), Hubert Aiwanger (stellvertretender Bayerischer Ministerpräsident und Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie) und Dieter Janecek (MdB, Koordinator für maritime Wirtschaft und Tourismus, Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages) die Thematik aus politischer und gesellschaftlicher Sicht.

Bedeutung der ländlichen Regionen

Einig waren sich die vier Podiumsteilnehmer, dass bei der Energiewende trans- bzw. international, europäisch und grenzüberschreitend gedacht und gehandelt werden müsse, aber zugleich alle regionalen Ebenen einzubeziehen seien. Westphal erinnerte an das Jahr 2018, in dem die Idee zu diesem Projekt entstand. „Die Energiewende muss sich vor allem und auch in ländlichen Regionen vollziehen“, konkretisierte der Bayernwerk-Chef. Er verwies auf die gestiegene Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien, aber auch auf die Aspekte Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit, Preis/Kosten bzw. Finanzierbarkeit. Das Projekt Gabreta Smart Grids könne als Mikrokosmos für Europa im Feld der Energiewende im ländlichen Raum dienen, sei sicher aber „ein schweres Stück Arbeit“. Zusammenfassend nannte er dieses grenzüberschreitende Vorhaben eine „Blaupause“ für ähnliche Unternehmungen.

Ohne Netze keine Energiewende

Dem stimmte auch Claudia Viohl zu. Sie kann sich auch vorstellen, dass ein Impuls davon ausgeht. Insgesamt sprach sie von „großen Herausforderungen durch die Energiewende, jedes Land muss seinen Beitrag leisten“. Für Tschechien nannte sie aktuell 17 Prozent Einspeisung aus Erneuerbaren Energien, bis 2030 sollen es 30 Prozent werden. „Wir könnten etwas schneller sein“, mahnte sie an. Doch dies sei mit hohen Investitionen in die Infrastruktur und – damit einhergehend – mit entsprechender Gesetzgebung verbunden, die unter anderem Klarheit über Tarifstrukturen, Daten, Speicherung, Flexibilität bringen sollte. „Die Netze sind wichtig, ohne diese werden wir die Energiewende nicht schaffen“, so die Geschäftsführerin. Dafür seien erhebliche Investitionen nötig. „Das müssen wir viel mehr diskutieren und erklären – auch im Hinblick auf die Kostenverteilung“, machte Viohl deutlich.

„Heute ist ein bedeutender Tag der gemeinsamen Weichenstellung“, freute sich Minister Aiwanger. Grundsätzlich ist ihm der richtige Umgang mit Überschusssituationen wichtig. Daher setzt er sich ganz besonders für die Speicherung und den intelligenten Ausbau von Speichertechnik ein. „Es geht darum, Energie abzunehmen und diese nicht abzuriegeln. Und möglichst viel dezentral zu erzeugen und auch zu verbrauchen“, so Aiwanger. Bei der Energiewende müsse sich die Politik – auf allen Ebenen – auch mit den Verbrauchern rückkoppeln. „Wir dürfen den Kunden, Bürger, Wähler nicht verlieren – wir müssen ihn mitnehmen“, empfahl der Wirtschaftsminister. Das Projekt Gabreta Smart Grids sieht er als „wegweisend für die Region“, aber auch als überregionales Vorbild.

Leuchtturmprojekt für die Energiezukunft

Auf die Einhaltung der Klimaschutzziele machte Dieter Janecek aufmerksam. „Die Zahlen sind gut, aber wir brauchen eine Beschleunigung bei den Erneuerbaren Energien“, riet der Bundestagsabgeordnete. Er nannte dabei auch die aktuellen Rahmenaspekte: hohe Kosten für Infrastruktur, geopolitische Bedrohung (Russland, China), weshalb schnelles Handeln zur Erreichung der Unabhängigkeit angesagt sei. Ein Auge sei dabei aber immer auch auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu richten.

Als „Leuchtturmprojekt für die Energiezukunft“ würdigte in einer Videogrußbotschaft der Bayerische Staatsminister für Europaangelegenheiten und Internationales Eric Beißwenger, MdL, das Gemeinschaftsprojekt.

Um was es geht

Im technischen Bereich geht es um die Verbindung und Stärkung der Verteilnetze (41 Mio. Euro). Konkret werden auf beiden Seiten der Grenze je zwei Umspannwerke und im Projektraum drei neue Mittelspannungsverbindungen gebaut. Und – der zentrale Punkt: das bestehende Verteilnetz wird zum Smart Grid modernisiert (97 Mio. Euro; davon Tschechien 36 Mio. Euro und Bayern 61 Mio. Euro). Unter anderem entstehen hier auf tschechischer Seite 300 und auf bayerischer Seite 1.024 digitale Ortsnetzstationen. In Tschechien steht außerdem die Installation von Smart Grid Komponenten sowie die Entwicklung smarter Technologien zur Verbesserung der Qualität und Sicherung des Verteilnetzes an. 44 Mio. Euro sind für die Verteilnetzkommunikation veranschlagt, unter anderem für den Ausbau des Glasfasernetzes (Bayern 190 Kilometer, Tschechien 130 Kilometer). Schließlich sind für Smart Grid IT-Lösungen 16 Mio. Euro vorgesehen. Zusammengerechnet also 200 Mio. Euro. „Die europäischen Klimaziele sollen auch durch Erneuerbare Energien und durch Projekte wie dieses erreicht werden“, betonte mit Blick auf die für das Jahr 2050 in der EU festgelegte Klimaneutralität Wolfgang Bücherl, Leiter der Regionalvertretung für Baden-Württemberg und Bayern.

Weitere Infos unter www.gabreta-smartgrids.eu/home-de.

 

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