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(GZ-12-2024 - 20. Juni)
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► BuGG-Bundeskongress in Düsseldorf:

 

Biodiversität Gebäudegrün

 

Beim zweitägigen Fachkongress des Bundesverbandes Gebäudegrün e.V. (BuGG) in Düsseldorf drehte sich alles um die biologische Vielfalt rund um Gebäude mit Dach- und Fassadenbegrünung. Wie BuGG-Präsident Dr. Gunter Mann vor mehr als 250 Teilnehmern betonte, „haben wir ganz bewusst den diesjährigen Bundeskongress unter das Thema Biodiversität gestellt, um diesen für Wirtschaft und Gesellschaft extrem wichtigen Aspekt zu fokussieren. Beim Gebäudegrün geht es um ein besseres Mikroklima, Extremwettermanagement, Gesundheit, effizienten Gebäudebetrieb, aber eben auch um die Schaffung von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere, um Artenschutz und die Wahrnehmung von Verantwortung.“

Tatsache ist: Der Verlust von vielfältigen Lebensräumen in der freien Landschaft führt zu neuen Herausforderungen im bebauten Raum. Auf europäischer Ebene werden naturbasierte Lösungen propagiert, dazu gehören auch sogenannte Schwammstadtkonzepte und Maßnahmen zur Förderung der grün-blauen Infrastruktur, insbesondere die Gebäudebegrünung. „Es gilt, ein kluges Regenwassermanagement mit dem Schutz und Ausbau von Lebensräumen für die Flora und Fauna zu verbinden und gleichzeitig, wo möglich, Naturerfahrungsräume für die Menschen vor Ort zu schaffen“, betont der BuGG.

Flächenpotenzial für kreative Nutzung

Insbesondere in den hochverdichteten Innenstädten, aber auch in Neubau- und in Gewerbegebieten sei Freiraum für Grünflächen ein äußerst knappes Gut. Der überwiegende Teil der Flächen sei durch Gebäude, Plätze und Straßen versiegelt und biete keine Chance für Regenwasserversickerung und Verdunstung und erst recht nicht für Pflanzen und Tiere. Allerdings bieten Gebäude auf Dächern und an Fassaden aus Verbandssicht ein riesiges Flächenpotenzial, das kreativ genutzt werden müsse. Längst seien die Systeme zur Dach- und Fassadenbegrünung technisch ausgereift und in Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie bei Investoren als nachhaltige, lebendige Elemente zur Schaffung von klimawirksamen und ästhetisch ansprechenden Gestaltungen anerkannt.

Das abwechslungsreiche Tagungsprogramm umfasste Fachvorträge zu verschiedenen Aspekten der Dach- und Fassadenbegrünung, gesetzliche Rahmenbedingungen, wissenschaftliche Untersuchungen sowie Praxisbeispiele von Unternehmen und Büros. Darüber hinaus standen Informationen zu Förderungen und Zertifizierungssystemen auf der Agenda. Jeder Themenblock wurde von einer Podiumsdiskussion mit den Referenten begleitet. Eine Fachausstellung verschiedener Unternehmen rundete die Veranstaltung ab.

Es wäre von Vorteil, könnte man bestehende Minimalbegrünungen fit für den Klimawandel und für Biodiversität machen. Der Regensburger Naturgartenplaner Reinhard Witt zeigte am Beispiel einer Dachbegrünung von über 3000 qm in München, wie dies funktioniert. Auf das bestehende Dachsubstrat von 8 cm Höhe wurden im Jahr 2018 7 cm zusätzliches Substrat aufgebracht und artenreich mit heimischen Wildpflanzen begrünt.

Prof. Dr. Wolfgang W. Weisser, Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie an der TU München, stellte seinerseits die Methode „Animal-Aided Design“ vor, die das Ziel hat, Tiere in architektonische Planungen mit einzubeziehen. Hier gilt es, gute Gestaltung mit der Förderung von Naturerlebnissen zu verbinden. Anhand von Praxisbeispielen wurden dabei Möglichkeiten und Herausforderungen erörtert.

In den Diskussionen wurde auch deutlich, dass es einen neuen Blick auf das Stadtgrün braucht. In längeren Trockenphasen oder im Winter können auch etablierte Dach- und Fassadenbegrünungen zeitweise weniger attraktiv aussehen – wie in der Natur. „Die Vorstellung von ganzjährig frisch grünen, blühenden und schmucken Grünflächen entspricht nicht den natürlichen Zyklen – auch eine Wiese oder ein Wald verändern sich im Jahreslauf. Hier ist eine neue Ästhetik gefragt, die anerkennt, dass eben auch vorübergehend vergilbte Grünflächen ökologischen Wert haben“, erläuterte Gunter Mann. Diese Sichtweise zeige sich auch in jüngeren Konzepten zur Nachhaltigkeitsbewertung. Das Gebäudegrün sei sowohl im Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) als auch im aktuell erstellten Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) ausdrücklich enthalten.

Sichtbare und wertvolle Naturerfahrungsräume

„Vielfalt braucht Vielfalt“, lautete der Tenor des Kongresses. Mit einer Vielfalt der Pflanzen, unbedingt auch heimischen Arten, vor allem aber einer Vielfalt der Strukturen und Materialien, wie Totholz, Steinen, Sandlinsen und Wasserstellen sowie standorttypischen Substraten könnten vielfältige Lebensräume auch für Insekten und Tiere, vor allem Vögel geschaffen werden. Solche Gebäudebegrünungen seien dann auch sichtbare und wertvolle Naturerfahrungsräume für Menschen.

Wie der BuGG-Präsident darlegte, „haben wir gesehen, dass vielfältige, intensive Dachbegrünungen, mindestens aber ökologisch aufgewertete extensive Dachbegrünungen, übrigens auch in Kombination mit PV-Anlagen, bestens geeignete Räume für die Biodiversität sind. Die Fassadenbegrünung etabliert sich als kreatives Aufgabenfeld zur nicht nur ästhetisch, sondern auch ökologisch wertvollen Gebäudegestaltung.“

Als Messgröße für den ökologischen Wert von biodiversem Gebäudegrün wurde vor allem die Anzahl von Arten in Flora und Fauna gesehen. Viele Insekten und auch Vogelarten finden gerade in speziell begrünten Dächern und Fassaden ihre Futter-, Nist- und Schutzräume. Bundesumweltministerin Steffi Lemke, die die Schirmherrschaft für den Fachkongress übernommen hatte, verdeutlichte in ihrer Videobotschaft die Bedeutung des Gebäudegrüns und verwies ausdrücklich auf sein Potenzial einer ökologisch orientierten Planung, Gestaltung und nachhaltigen Pflege.

DK

 

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