„Wir haben bei diesem wichtigen Thema nicht für die Schublade gearbeitet, ganz im Gegenteil: Wir wollen mit einer Machbarkeitsstudie den nächsten Schritt zur Umsetzung gehen“, sagt Dr. Benedikt Grünewald. Bad Abbachs Bürgermeister hat jetzt zusammen mit Vertretern der Bayernwerk AG (Bayernwerk) und des Instituts für Energietechnik (IfE) Ergebnisse eines Pilotprojekts zur Kommunalen Wärmeplanung (KWP) vorgestellt. Bayernwerk-Vorstandsvorsitzender Dr. Egon Leo Westphal bezeichnete dabei die Wärmewende als „schlafenden Riesen und den größten noch zu bewegenden Hebel für einen klimaneutralen Freistaat“.
Dr. Egon Leo Westphal (2.v.r.), Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, und Prof. Dr. Markus Brautsch (3.v.l.), wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Energietechnik, überreichten den Wärmeplan an Bad Abbachs Bürgermeister Dr. Benedikt Grünewald (3.v.r.). Mit im Bild: Rebecca Bell (r.), Projektleiterin beim Bayernwerk, Patrick Dirr (2.v.l.), IfE-Projektleiter, und Herbert Islinger (l.), Geschäftsführer der Marktentwicklungsgesellschaft Bad Abbach mbH. Bild: Michael Hitzek / Bayernwerk AG
„Wir wollen unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie unseren Gewerbetreibenden eine sichere Wärmeversorgung anbieten, die unabhängig ist vom Weltgeschehen. Dabei war uns von Anfang an klar: Wir brauchen starke Partner! Ich denke, mit Blick zurück auf unsere Zusammenarbeit mit dem Bayernwerk und dem Institut für Energietechnik an der OTH Amberg-Weiden darf ich behaupten: Wir haben diese starken Partner gefunden. Die Ergebnisse des Pilotprojekts sind eine verlässliche und solide Basis für die nächsten Schritte“, sagte Bürgermeister Dr. Grünewald bei einem Pressegespräch im Bad Abbacher Kursaal. Besonders wichtig hierfür sei eine „verlässliche gesetzliche Grundlage“, u.a. auch für staatliche Fördermittel.
Das Stromverteilnetz wird zum Wärmenetz
Der Endenergieverbrauch lag in Bayern 2021 bei rund 386 Terawattstunden. Mehr als die Hälfe davon wurde durch die Wärmeversorgung (Raum- und Prozesswärme, Warmwasser oder Kälteenergie) verursacht. Zum Erreichen eines klimaneutralen Freistaats sei die Wärmewende daher der größte noch zu bewegende Hebel, so Dr. Egon Leo Westphal. Der Vorstandsvorsitzende des Bayernwerks sagte zudem: „Das Stromverteilnetz wird nach und nach zum wichtigsten Wärmenetz.“ Der Energieversorger erwarte in Bayern im Jahr 2030 rund 1,25 Millionen Wärmepumpen, mehr als das Vierfache als 2020. Das seien Anlagen, die noch ins Verteilnetz integriert werden müssten.
Die Donau als Wärmequelle
Wärmepumpen können in Zukunft auch in Bad Abbach eine große Rolle spielen. Genauer gesagt: Grundwasser- und Großwärmepumpen. Denn wie die Wärmeplanung zeigt, gibt es in der Marktgemeinde ein sehr hohes Potenzial für Wärme aus der Donau durch Nutzung von Flusswasser oder Uferfiltrat. Probebohrungen könnten im Zuge einer Machbarkeitsstudie nach der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) bezuschusst werden, sagte Patrick Dirr, Bereichsleiter Digitale Energiesysteme beim IfE.
„Das Ergebnis einer jeden Wärmeplanung ist nur so gut, wie ihre Datengrundlage“, sagte Bayernwerk-Projektleiterin Rebecca Bell. Und: „Für die Wärmeplanung unserer Städte und Gemeinden gibt es keine Lösung von der Stange. Wir müssen uns flexibel an den individuellen Möglichkeiten und Bedürfnissen vor Ort ausrichten.“
Gute Kommunikation ist entscheidend für den Projekterfolg
Der Blick in vorhandene Statistiken allein reiche bei weitem nicht. Im Pilotprojekt habe man im Zuge der Bestandsanalyse alle relevanten Akteure und Großverbraucher wie Kaiser-Therme oder Asklepios Klinikum an einen Tisch geholt und zusätzlich eine umfassende Bürgerbefragung gestartet. „Gute Kommunikation mit den Akteuren vor Ort ist für den Projekterfolg entscheidend und gleichzeitig die große Stärke der Wärmeplanung. Wir als Bayernwerk können dabei unsere jahrelangen Erfahrungen als verlässlicher Partner für über 1.200 Kommunen in Bayern etwa aus den Bereichen Strom- und Gasnetz einbringen“, betonte Rebecca Bell.
Auch ein Ergebnis des Pilotprojekts: Das Bayernwerk baue die Kundenbetreuung weiter aus und stelle eigene KWP-Manager ein. Sie unterstützen die Kommunalbetreuer und übernehmen Projektleitung, Akteursbeteiligung und Kommunikation vor Ort.
28 mögliche Wärmeversorgungsgebiete
Patrick Dirr (IfE) sagte, die KWP schaffe nach den gesetzlichen Vorgaben die entscheidenden Grundlagen für eine weitere Planung, sie zeige Umsetzungsoptionen und Zielszenarien auf. Für Bad Abbach seien 28 mögliche Wärmeversorgungsgebiete samt Steckbriefen und acht vorstellbare Maßnahmen in Richtung klimaneutrale Wärmeversorgung ausgearbeitet worden. Die „große Lösung“ eines möglichen Wärmenetzes für den Ortskern könne auch in einzelne Lösungen für die ermittelten Quartiere heruntergebrochen werden.
Der Wärmebedarf für Bad Abbach liegt laut Dirr bei 104 Gigawattstunden pro Jahr. Es gebe 17 mögliche Windkraftstandorte im Gemeindegebiet und 18,8 Hektar mögliche Freiflächen für Photovoltaik. Dirr kündigte an, IfE werde der Kommune ein Tool zum Monitoring zur Verfügung stellen, um den Aufwand in der Verwaltung möglichst gering zu halten.
Interesse am Anschluss an ein Wärmenetz
„Die Bürger sind im Vergleich zu den vergangenen Jahren deutlich offener gegenüber dem Anschluss an ein Wärmenetz“, sagte Prof. Dr. Markus Brautsch, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Energietechnik. In Bad Abbach etwa könnten sich rund 60 Prozent der Teilnehmer an der Bürgerbefragung einen Anschluss an ein Wärmenetz grundsätzlich vorstellen.
Generell erhöhe der Prozess der Wärmeplanung „deutlich die Dynamik, mit der sich Kommunen mit dem Thema Wärmeversorgung beschäftigen“, so Brautsch. Bürger, Kommunen, Verwaltung, Industrie: Der Professor erkannte „hohe Unterschiede bei der Erwartungshaltung an die Wärmeplanung“. Klare Kommunikation spiele daher vor, während und nach der Wärmeplanung eine entscheidende Rolle. Und er stellte die Frage, wie Kommunen bei der Umsetzung weiter unterstützt werden könnten. Denn: „Ein Großteil der Arbeit beginnt erst nach der Wärmeplanung, zum Beispiel beim Aufbau der Infrastruktur, bei Modellen der Bürgerbeteiligung oder beim Betrieb der Anlagen.“
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