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(GZ-23-2024 - 5. Dezember)
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► EU-Ministerrat:

 

Neue EU-Kommunalabwasser-Richtlinie beschlossen

 

Der EU-Ministerrat hat die kommunale Abwasserrichtlinie (KARL) final beschlossen. Wesentlicher Bestandteil der KARL sind neue und weitergehende Anforderungen an die Abwasserbehandlung. So gelten künftig verschärfte Grenzwerte für die Einleitung von Stickstoff und Phosphor aus Kläranlagen. Zudem sind erstmals Vorgaben für die Reduzierung spezieller Spurenstoffe durch die Einführung einer vierten Reinigungsstufe bei Kläranlagen enthalten. Deren Kosten (Investitions- und Betriebskosten) werden im Rahmen einer erweiterten Herstellerverantwortung zu mindestens 80 Prozent durch die Hersteller von Arzneimitteln und Körperpflegeprodukten getragen.

Die konkrete Umsetzung der Herstellerverantwortung sowie die Finanzierung der weiteren 20 Prozent der Kosten erfolgen im Rahmen der Umsetzung in das nationale Recht. Die neuen Anforderungen sowohl an die Einleitung von Stickstoff und Phosphor als auch zur Reduzierung von Spurenstoffen gelten für Kläranlagen mit mehr als 150.000 Einwohnerwerten (EW). Kläranlagen zwischen 10.000 und 150.000 EW sind hiervon betroffen, wenn sie in besonders gefährdete Gebiete einleiten, die noch durch die Mitgliedsstaaten festzulegen sind. Die Einhaltung der Richtwerte soll gestaffelt bis zum Jahr 2045 erfolgen.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Änderung ist die vorgesehene schrittweise Energieneutralität des Abwassersektorts bis 2045. In die Berechnung einbezogen werden Anlagen ab 10.000 EW. Zudem ist die Einführung eines Abwassermonitorings zur Ermittlung von Krankheitserregern und die Erstellung von Abwassermanagementplänen zur Reduzierung von Überläufen aus der Kanalisation in die Gewässer vorgesehen.

Nach Auffassung des DStGB „sind die Inhalte der neuen EU-Kommunalabwasserrichtlinie grundsätzlich zu begrüßen“. Insbesondere die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung in das Wasserrecht sei ein Meilenstein in der europäischen Gewässerpolitik und greife eine langjährige Forderung auch des DStGB auf. Hierdurch würden nicht nur die Kommunen, ihre Abwasserbetriebe und die Gebührenzahler finanziell entlastet, sondern auch Anreize geschaffen, in alternative, weniger gewässerbelastende Produkte zu investieren. Auch sei es wichtig, dass der deutsche Sonderweg bei der Überwachung der Ablaufwerte für Phosphor und Stickstoff beendet wird. Nun werde es maßgeblich auf eine praxisgerechte Umsetzung der Richtlinienvorgaben in das nationale Wasserrecht ankommen.

Herausforderungen für kommunale Abwasserbetriebe

Die zukünftigen Richtwerte bei der Abwasseraufbereitung, die Energieneutralität des Abwassersektors und zu erstellende Abwassermanagementpläne stellten jedoch auch eine große Herausforderung für die kommunalen Abwasserbetriebe dar, die in den nächsten Jahren massive Investitionen erfordern. „Mit Blick auf die Umsetzung der Vorgaben gilt es daher, strikt auf eine 1:1-Umsetzung zu achten und weitere Verschärfungen von Anforderungen zu verhindern. Zudem benötigen wir eine offene Diskussion zur Frage der Finanzierungsoptionen. Eine einseitige Belastung der Kommunen und der Gebührenzahler kann nicht die Lösung sein“, betonte der Verband.

Reaktionen von DWA und VKU

„Ausdrücklich“ begrüßt die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) die finale Verabschiedung der KARL. Mit der Novellierung der über 30 Jahre alten Richtlinie passe die EU die kommunale Abwasserbehandlung und den Gewässerschutz an aktuelle Herausforderungen an und stelle wichtige Weichen zur weiteren Umsetzung des Green Deals der Europäischen Union.

„Wichtig ist jetzt eine pragmatische nationale Umsetzung mit Augenmaß. Die Branche braucht Planungs- und Rechtssicherheit. Nationale Verschärfungen müssen unbedingt vermieden werden, der deutsche Sonderweg bei der Überwachung der Ablaufwerte für Phosphor und Stickstoff muss beendet werden“, erklärte Dr. Lisa Broß, Sprecherin der DWA-Bundesgeschäftsführung. „Die deutlich strengeren Grenzwerte für Phosphor und Stickstoff stellen die Branche ansonsten vor kaum lösbare Probleme. Dies belegt auch der aktuelle 36. DWA-Leistungsnachweis kommunaler Kläranlagen sehr deutlich.“

„Die Umsetzung wird für die kommunale Abwasserwirtschaft eine machbare, wenn auch ambitionierte Herausforderung“, stellte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing fest: „Die neue Richtlinie ist und bleibt aus unserer Sicht ein notwendiger Schritt, um unsere Gewässer langfristig zu schützen. Insbesondere die mit der Richtlinie neu eingeführte Beteiligung der Pharma- und Kosmetikindustrie an den durch ihre Produkte verursachten Kosten der Abwasserbehandlung verdeutlicht vor allem eines: Das Verursacherprinzip im Gewässerschutz wird endlich konsequent umgesetzt. Mit dem hier gefundenen Kompromiss werden die Abwasserkunden mit den Umsetzungskosten nicht länger allein gelassen.“

Die Richtlinie sei auch für die kommunalen Abwasserentsorger selbst ambitioniert. Das Hausaufgabenheft werde voller. Beispielsweise bedeute der Ausbau der Kläranlagen mehr Technik und dadurch einen höheren Energieeinsatz, während gleichzeitig die Energieneutralität der Branche angestrebt wird.

„Nachdem die Vorgaben aus Brüssel nun klar sind, brauchen wir jetzt durch eine zügige und praktikable Umsetzung in nationales Recht Klarheit. Bis 2027 muss die EU-Richtlinie in nationales Recht gegossen werden. Auch wenn 2025 eine Bundestagswahl stattfindet, darf Politik hier keine Zeit verlieren“, unterstrich Liebing.

DK

 

 

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