Neben herausragenden Krankenhäusern sind sie nach Holetscheks Worten wichtige Kompetenzzentren und erste Adressen, wenn es um Gesundheits- und Wellnessurlaub, Kuren, Reha-Maßnahmen und Erholung geht. Die Heilbäder und Kurorte setzten Impulse, von denen zugleich der ländliche Raum profitiert.
Präventionsangebote
„Die Kur ist nicht tot – sie ist anders geworden“, betonte der BHV-Vorsitzende. Über Jahre habe man die Angebote und Produkte verbessert und entsprechend die Wertschöpfung gesteigert. Die Marke ‚Gesundes Bayern‘ werde weiterentwickelt und die digitalen Angebote würden ausgebaut. Zudem arbeite man an neuen Präventionsangeboten.
„In Oberstdorf wird Gesundheit groß geschrieben“, hatte Oberstdorfs Bürgermeister Laurent Mies zuvor in seinem Grußwort betont. Die Gemeinde verzeichne aktuell bei über 400.000 Gästen 2,5 Millionen Übernachtungen im Jahr. Mies bezeichnete den Tourismussektor als einen extrem wichtigen Wirtschaftszweig, der unabhängig von großen Gewerbegebieten und Industrieanlagen funktioniert. Oberstdorf setze auf Nachhaltigkeit, einen umweltverträglichen Tourismus, eine hohe Servicequalität und auf einen verantwortungsvollen Umgang mit seinen natürlichen und kulturellen Ressourcen.
„Bayerische Heilbäder und Kurorte sind als wichtige Kompetenz-zentren im Gesundheitswesen Leuchttürme im ländlichen Raum. Sie sind erste Adressen, wenn es um Gesundheits- und Wellnessurlaub, Kuren, Rehabilitationsmaßnahmen und Erholung geht. Der Freistaat sichert nicht nur die Zukunft seiner Staatsbäder und ihrer Infrastruktur, sondern steht zu allen Heilbädern und Kurorten. In den letzten 15 Jahren hat der Freistaat die Heilbäder, einschließlich der Staatsbäder, mit insgesamt rund 287 Millionen Euro kräftig unterstützt. Damit schaffen wir neue Zukunftschancen“, stellte Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder fest.
Starker Tagestourismus
Die Ergebnisse und Eckdaten der neuen Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus in den bayerischen Heilbädern und Kurorten“ präsentierte Dr. Bernhard Harrer vom Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Institut für Fremdenverkehr e.V. an der Universität München (dwif). Danach erzielten die gewerblichen Beherbergungsbetriebe wie Hotels, Pensionen oder Kurkliniken mit über 22 Millionen Übernachtungen einen Umsatz von fast 2,76 Milliarden Euro und damit den Löwenanteil des Gesamtumsatzes. Doch auch Tagestouristen sind eine wesentliche Größe: 43,3 Millionen Tagesgäste sorgten mit ihren Ausgaben für einen Umsatz von über 1,2 Milliarden Euro.
Harrer zufolge profitiert das Gastgewerbe mit 58 Prozent am meisten vom Tourismus. Aber auch für Dienstleistungen (25 Prozent) und im Einzelhandel (17 Prozent) geben die Gäste Geld aus. Zudem gebe es in der zweiten Umsatzstufe zahlreiche Profiteure wie etwa Handwerker, Bäcker, Metzger, Wasser- und Energieversorgungsunternehmen, Werbeagenturen, Steuerberater oder andere Dienstleister, die im Auftrag der Hotels oder Pensionen tätig sind. Die direkten Profiteure gäben 2,5 Milliarden Euro für den Bezug von Vorleistungen aus und sorgten damit für indirekte Effekte.
„Dieses Ergebnis zeigt: Wir sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum und eine starke Säule der Gesundheitswirtschaft“, erklärte Klaus Holetschek. Dem Heilbäderverband gehören 47 Kommunen und 25 Kurbetriebe in Bayern an.
Die „Ansprüche an den Kurort der Zukunft“ stellte der Leiter des Kompetenzzentrums für Komplementärmedizin und Naturheilkunde an der TU München, Prof. Dr. Dieter Melchart vor. Seinen Ausführungen zufolge verlieren die klassischen Kurorte an medizinischer Bedeutung.
Die fünf Säulen, die der Gesundheitslehre von Pfarrer Kneipp zugrunde liegen, seien auch fest in der traditionellen chinesischen Medizin verankert. Neben Bewegung und gesunder Ernährung seien Qigong und Tuina-Massagen, Pflanzentherapie und die Lebenspflege nach Yang sheng dort präsent. Die Verbindung von Schulmedizin und Naturheilkunde ermögliche eine Maximierung von Gesundheit und Wohlbefinden.
Der Patient dürfe aber in Zukunft nicht mehr in patriarchalischer Abhängigkeit zum Arzt verharren, sondern müsse selbst Verantwortung für seine Gesundheit übernehmen. Die Menschen müssten lernen, dass sie nicht zum Arzt gehen sollen, wenn sie krank sind, sondern dass sie bereits vor einer Schädigung etwas für ihre Gesundheit tun müssen, so Melchart.
Der Mediziner wies darauf hin, dass weltweit 35 Prozent der Erwachsenen übergewichtig und 65 Prozent von Übergewicht bedroht seien. Diabetes überfordere in manchen Ländern bereits die Volkswirtschaft. Die Aufklärung müsse deshalb am Arbeitsplatz der Menschen beginnen, weil nur eine Änderung des persönlichen Lebensstils den Ausbruch dieser Volkskrankheit verhindern könne.
Melchart forderte ein „proaktives Gesundheitssystem“, bei dem die Zielgruppen „in der Arbeits- und Lebenswelt“ aufgesucht werden, um sie in mittelfristigen, interaktiven Lernprogrammen zu informieren. Gesundheit müsse „patientengesteuert“ werden, nur dann könne sie dem Menschen helfen.
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