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(GZ-9-2017)
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► Christian Neus / Amprion GmbH:   
 
Energieversorgung Bayerns: Perspektive eines Übertragungsnetzbetreibers
 

Neus

Christian Neus Amprion GmbH

Die Energiewende und der dafür notwendige Netzausbau sind eines der größten Infrastrukturprojekte in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Mit dem sicheren Betrieb und bedarfsgerechten Ausbau ihres Netzes übernimmt die Amprion GmbH ihren Teil der Verantwortung für eine zukunftsfähige Stromversorgung. 

Mit rund 11.000 Kilometern Länge besitzt Amprion das längste Höchstspannungsnetz in Deutschland. Es verbindet regenerative und konventionelle Kraftwerke mit Verbrauchsschwerpunkten und ist gleichzeitig wichtiger Bestandteil des Übertragungsnetzes in Deutschland und in Europa. „Durch seine zentrale Lage in Europa ist unser Übertragungsnetz eine wichtige Drehscheibe für den europäischen Stromhandel zwischen Nord und Süd sowie zwischen Ost und West“, betonte Christian Neus, Leiter nationale und europäische Netzplanungsprozesse.

Deutschlandweit verläuft das Netzgebiet der Amprion durch die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern. Im Freistaat ist das Unternehmen mit zahlreichen Netzanlagen präsent. Die zentrale Aufgabe der rund 1.100 Mitarbeiter ist, jederzeit Strom zu marktgerechten Preisen sicher zu übertragen.

Nach Neus’ Worten reicht die gesicherte Leistung in Bayern vor Abschaltung der Kernkraftwerke gerade aus, um die Jahreshöchstlast zu decken. Laut Erkenntnissen im Bayerischen Energiedialog hat der Freistaat nach Abschaltung der Kernkraftwerke im Jahr 2022 eine Versorgungslücke von 5 GW an gesicherter Leistung und es fehlen 40 TWh Energie.

„Der Ausbau erneuerbarer Energien erfolgt größtenteils in ländlichen Regionen, Strom wird aber überwiegend in den Städten und an Industriestandorten verbraucht“, stellte Neus fest. Die erneuerbare Stromerzeugung habe daher aus der Perspektive des Transportnetzes einen lastfernen Charakter. Die Spitzenlast liegt aktuell bei etwa 85 GW.

Im Energiesystem der Zukunft wechselt sich nach Neus’ Darstellung die Energieproduktion aus Wind und Sonne ab: Windige Tage seien in Deutschland selten sonnig und an sonnigen Tagen sei der Wind meistens schwach. Das Transportnetz sorge für den überregionalen Ausgleich zwischen den PV-Erzeugungsschwerpunkten im Süden Deutschlands, Windstandorten im Norden / Nord-Osten und Ballungszentren.

Im Klartext hieße das: Im windreichen Norden und Nordosten erfolgt die Erneuerbare Energie-Anbindung, vor allem die Windparkanbindung an ein leistungsstarkes, regionales Ost-WestNetz, das zusammen mit Offshore-Anschlüssen als „Windsammelschiene“ dient. Im Süden vollzieht sich die Integration vor allem der Solarenergie durch regionale Netzverstärkung, einer Art „Solarsammelschiene“, während im Westen und Osten die Integration der gesicherten Leistung aus konventionellen Kraftwerken mit der Sammelschiene „Gesicherte Leistung“ erfolgt.

Damit Energiewende und Netzausbau gelingen, braucht es aber mehr als Ingenieurwissen. Ebenso wichtig ist die gesellschaftliche Akzeptanz. Deshalb sucht Amprion den Dialog vor Ort mit Bürgern, gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen sowie mit Politik und Wirtschaft.

Ein Beispiel hierfür ist die Mediation Garenfeld. Die dortige Bürgerinitiative „Menschen unter Strom e.V.“ und Amprion unterzeichneten eine gemeinsame Mediationsvereinbarung zum Neubau einer 380-kV-Umspannanlage. Mit ihren Unterschriften setzen beide Parteien gemeinsam den Schlusspunkt unter einen erfolgreichen Dialogprozess und bewiesen damit, dass sich im Gespräch auf Augenhöhe auch zunächst unvereinbar scheinende Interessen auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Der Dialog wurde mit dem expliziten Ziel geführt, unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten offen das Für und Wider möglicher Varianten zu erörtern. Inzwischen haben sich Bürgerinitiative und Amprion auf eine Variante geeinigt.

Konverter-Dialog Ultranet

Verwiesen wurde zudem auf den Konverter-Dialog Ultranet. Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion GmbH stellte dem Rhein-Kreis Neuss und den Kommunen in einer Informationsveranstaltung die Ergebnisse der methodischen Suche nach einem Konverter-Standort für die Gleichstromverbindung Ultranet vor. Auf Basis einer großräumigen Analyse hatte Amprion in einer ersten Stufe 19 mögliche Standortbereiche ermittelt, von denen sechs in der Abwägung als besser geeignet eingestuft wurden. In der zweiten Stufe wurden Daten und Informationen wie zum Beispiel Bebauungspläne der sechs Bereiche aus den Kommunen ergänzt. Eine von Dritten vorgeschlagene Dreiecksfläche wurde vorbehaltlich einer erforderlichen Nutzungsänderung gutachterlich geprüft. Amprion setzt weiter auf den Dialog mit den Gemeinden und Bürgern und wird mit Veranstaltungen über die nächsten Schritte sowie die Umsetzung des Konverter-Baus informieren. Bei der Gestaltung des Standorts plant Amprion die Beteiligung der Bürger. 

Der Austausch mit den Anwohnern ist Amprion auch sehr wichtig bei den Planungen für die neue Strombrücke ALEGrO von Deutschland nach Belgien. Erstmalig setzt der Netzübertragungsbetreiber hier auch eine Online-Beteiligungsplattform ein. Darüber hinaus eröffnete Amprion parallel zum Erdkabel-Pilotprojekt in Raesfeld dort auch eine Ausstellung, die umfassend über die Erdverkabelung im Höchstspannungsbereich informiert.

Tatsache ist: Innovative Ideen und neue Technologien können die Akzeptanz steigern. Da die Topologien von Autobahn-, Eisenbahn- und Übertragungsnetz Neus zufolge sehr ähnlich sind, „plant Amprion eine maximal mögliche Bündelung der Infrastrukturtrassen, um neue Landschaftseingriffe und Betroffenheiten zu reduzieren“.

RED

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