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(GZ-17-2017)
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Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler:
 
Teure Fauxpas
 
Fehlender Durchblick im Maximilianeum, kein Glück mit der Software „LiMux“ und eine WC-Panne in der JVA München: Bei der Vorlage des Schwarzbuchs 2017 in München beklagte der Bund der Steuerzahler in Bayern erneut zahlreiche Fälle von Steuergeldverschwendung im Freistaat.

„Die öffentliche Verschwendung hat auf keinen Fall nachgelassen. Wir stellen Jahr für Jahr fest, dass ungefähr fünf Prozent aller öffentlichen Ausgaben - das sind auf Bayern bezogen ca. sieben Milliarden Euro – nicht sachgerecht ausgegeben, sondern letztlich zum Fenster hinausgeschmissen werden“, urteilte Maria Ritch, Vizepräsidentin des BdS. Diesem alljährlich wiederkehrenden Umstand könne nur mit juristischen Mitteln Einhalt geboten werden. Steuerverschwendung müsse als Straftatbestand der „Haushaltsuntreue“ geahndet werden, unterstrich Ritch. Wer die Grundsätze der Sparsamkeit missachte, müsse „genauso zur Rechenschaft gezogen werden wie jemand, der Steuern hinterzieht“.

Die Spitze des Eisbergs

In seiner Veröffentlichung listet der Interessenverband zehn bayerische Verschwendungsfälle auf, die jedoch nur „die Spitze des Eisbergs“ darstellen. Dazu zählt der Fall des hochverschuldeten Klinikverbunds „ANregiomed“, einem gemeinsamen Kommunalunternehmen der Stadt Ansbach und des Landkreises Ansbach. Auch nach mehreren Vorstandswechseln steht ein positives Betriebsergebnis in den Sternen.

Trotz eines mittlerweile erarbeiteten strategischen Medizin- und Sanierungskonzepts hat sich von 2014 bis 2016 das Betriebsdefizit der „ANregiomed“ von rund 7,4 Millionen Euro auf voraussichtlich 15,2 Millionen Euro erhöht – und damit mehr als verdoppelt. Die Ursachen dafür liegen nach Mitteilung des aktuellen Vorstandes der „ANregiomed“ u. a. darin, dass „die Nachfrage und damit die Einnahmen zu gering, die Kosten des Angebots dagegen zu hoch“ sind. Außerdem wurden von 2006 bis 2016 rund 24,6 Millionen Euro für externe Beratungsleistungen (Rechts- und Wirtschaftsprüfungsberatung, IT- und Bauberatung und Managementberatung) ausgegeben.

Bereits in seinem Schwarzbuch 2010 hatte der Bund der Steuerzahler die Kostensteigerung bei dem Neubau des anspruchsvollen Projekts „Haus der Berge“ von zunächst 11 Millionen Euro auf 19 Millionen Euro kritisiert. Bis Ende 2016 wurden weitere 3,7 Millionen Euro für den Bau und die Ausstattung des modernen Besucherinformations- und Umweltbildungszentrums in Berchtesgaden ausgegeben.

Ursächlich für diese Kostensteigerung waren neben Baupreis-indexsteigerungen, unvermeidbaren Kündigungen von Auftrag-nehmern und unvorhersehbaren Problemen in der Errichtungsphase unter anderem auch die Errichtung von Besucherstellplätzen, der Einbau eines Restaurants anstelle einer Cafeteria, die Umgestaltung zweier Haupteingangsbereiche, die Sanierung einer Stützmauer sowie Bepflanzungsmaßnahmen.

Falsch verbucht

Auch der Bayerische Oberste Rechnungshof hatte diese Kostensteigerung gerügt und kritisierte zudem, dass Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Baumaßnahme standen, auf diversen anderen Titeln – so zum Beispiel auf „Maßnahmen auf dem Gebiet des Naturschutzes“ und der „Landschaftspflege“ – verbucht wurden, was den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -klarheit widerspreche.

Teures Gymnasium

Zu einer gewaltigen Kostensteigerung kam es auch bei der Sanierung des Ehrenbürg-Gymnasiums in Forchheim. Im Jahr 2008 hatte man aufgrund einer ersten Maßnahmenbeschreibung Kosten in Höhe von 5,38 Millionen Euro für die energetische Sanierung des Schulgebäudes prognostiziert. Im Jahr 2013 wurden nach Anpassung der Marktpreise, Berücksichtigung des Brandschutzkonzepts und der Integration von Lüftungsanlagen bereits Gesamtkosten in Höhe von 9,05 Millionen Euro berechnet. Dem Standard bei anderen Schulgebäuden im Landkreis Forchheim entsprechend, sollten aufgrund einer erweiterten Planung neben einer globalen Bodensanierung, HPL-Wandverkleidungen in den Fluren und Akustiklösungen im Deckenbereich auch der Fachklassentrakt saniert und interaktive Tafelsysteme installiert werden. All dies verteuerte die Sanierungsmaßnahme auf rund 11,56 Millionen Euro.

Zurück auf Start

Wegen einer offensichtlichen Fehleinschätzung bei der Bestandsuntersuchung musste das Schulgebäude wider Erwarten auf Rohbauniveau zurückgebaut werden. Doch damit nicht genug: Auch im Rohbau wurden gravierende Mängel entdeckt; hinzu kamen Massenfehler bei der Ausschreibung diverser Gewerke. Auch führten Mängel in Ausschreibung und Projektabwicklung zu mehrfachen Wechseln im Architekten- und Planungsteam. All dies zog weitere Mehrkosten nach sich, sodass man schließlich bei Gesamtkosten von rund 14,7 Millionen Euro angelangt ist.

Fehlender Durchblick

Ein weiterer Fall: Über fehlenden Durchblick klagten Mitglieder des Bayerischen Landtags, nachdem die altersbedingt sanierungsbedürftigen Fenster der Westfassade des Maximilianeums von März 2014 bis Oktober 2015 ausgetauscht worden waren. Durch diese Sanierung sollte den heutigen Anforderungen an Energieeinsparung und Verkehrssicherheit Genüge getan werden und gleichzeitig das ursprüngliche Erscheinungsbild der Hauptfassade und die historisch wertvolle Bausubstanz erhalten bleiben. Das verbaute, vom Landesamt für Denkmalpflege verbindlich empfohlene historisierende Goetheglas war aber „nicht klar durchsichtig“ und störte so den Blick auf die Stadt. Daher wurde das zunächst verbaute Goetheglas, das sich als nicht praktikabel erwiesen hat, durch klares, vollständig durchsichtiges Glas ersetzt. Die Kosten für den erneuten Austausch der Fensterscheiben, die das Hindurchsehen erlauben, betrugen zusätzlich 120.000 Euro.

München beendet Linux-Experiment

Kein Glück mit der Software „LiMux“ hatte die Landeshauptstadt München: Anfang der 2000er Jahre hatte sie ihre IT von Windows auf „LiMux“ mit einem Pinguin als Icon, der das Stadtwappen trägt, umgestellt. Dafür wurden 19,1 Millionen Euro ausgegeben. Doch bald soll Schluss sein mit dem Pinguin und dem einstigen Prestigeprojekt einer Open-Source. Man will wieder einen neuen Windows-Basis-Client für die Münchner Stadtverwaltung entwickeln.

Kritik am Polittourismus

Kritik übte der Bund der Steuerzahler in Bayern zudem am „Polittourismus auf Steuerzahlers Kosten“: 14 der 18 Mitglieder des Wirtschaftsausschusses im Baye-rischen Landtag brachen im November 2016 zu einer siebentägigen Mexiko-Reise auf – Kostenpunkt: 40.000 Euro. Auch wenn das straffe Reiseprogramm von vielen Besprechungs-, Besichtigungs- und Veranstaltungsterminen geprägt war, ist es nach Auffassung des BdS doch sehr zweifelhaft, ob die in Mexiko gewonnenen Informationen nicht doch auf andere Art und Weise wesentlich kostengünstiger hätten beschafft werden können.

Landtagssprecher Anton Preis argumentierte, für Ausschussreisen gebe es gute Gründe. So würden der Landtag und dessen Präsidentin von vielen Delegationen aus dem Ausland besucht. Die Erwartungshaltung für Gegenbesuche sei entsprechend hoch, da Bayern nicht zuletzt aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung im Ausland besonders wahrgenommen werde.

WC-Panne

Stichwort WC-Panne in der JVA München: Feierlich wurde im September 2016 in München ein halb unterirdisch gelegener Hochsicherheitsgerichtssaal eröffnet, um die hohen Kosten für riskante Gefangenentransporte quer durch die Stadt einzudämmen. Den ersten Prozess brach der Richter allerdings nach wenigen Minuten ab: Der rund 17 Millionen Euro teure Gerichtssaal sei verhandlungsuntauglich, weil es für die gleich zehn Angeklagten zu wenige Toiletten in den Vorführzellen gebe. Das Bauwerk im Haftbereich verfügt über sechs Haftzellen mit jeweils eigenem WC, zwei weitere Funktionsräume haben aber keine sanitären Anlagen.

Kostspielige Behördenverlagerung

Ein kostspieliges Vorhaben stellt ferner die geplante Verlagerung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) von München nach Nürnberg dar. Hintergrund ist das Strukturkonzept „Chancen im ganzen Land“ das gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen im Freistaat fördern soll.

Dies sei zwar ein hehres Ziel, doch frage sich der Steuerzahlerbund, ob die erhofften wirtschaftlichen Impulse für Nordbayern noch im Verhältnis zu den Kosten von mindestens zehn Millionen Euro für den Behördenumzug stünden, heißt es im Schwarzbuch. 

DK

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