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(GZ-21-2018)
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► Bayerischer Denkmalpflegepreis 2018:

 

Würdigung herausragender Ingenieurleistungen

 

Sechs Baudenkmäler in Ober- und Unterfranken, Schwaben und Niederbayern sind in Schloss Schleißheim mit dem Bayerischen Denkmalpflegepreis 2018 ausgezeichnet worden. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau verleiht den Preis gemeinsam mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege alle zwei Jahre in den Kategorien private und öffentliche Bauwerke.

Ein besonderes Augenmerk bei der Vergabe des Preises gilt den herausragenden Leistungen der Ingenieure, die maßgeblich zum Erfolg der Instandsetzungen beigetragen haben. Ihre Arbeit ist besonders wichtig, aber meist weniger sichtbar als beispielsweise die neue Fassade. Ohne Ingenieurswissen, wie den richtigen Kniff bei der Statik oder auch der Lüftungsplanung, wäre der Erhalt vieler Baudenkmäler jedoch unmöglich.

Auszeichnungen für private und öffentliche Denkmälder

Bei den privaten Denkmälern sind das Gasthaus Baumgartner in Vilshofen, das Fernsemmerhus in Scheidegg im Allgäu sowie die Zisterzienser Abtei Seligenthal in Landshut ausgezeichnet worden. Sieger bei den öffentlichen Bauwerken sind das Rathaus Hallstadt, das Luitpoldbad Bad Kissingen und die ehemalige Gastwirtschaft „Zum Goldenen Kreuz“ im schwäbischen Monheim.

Das Rathaus Hallstadt, erbaut in den Jahren 1576 bis 1580, stand seit dem Jahr 2010 leer, da nach einer Instandsetzung im Jahr 2002 wiederholt Geruchsbelästigungen bzw. Erkrankungen der Mitarbeiter auftraten. Dies betraf vor allem den großen Sitzungssaal im 2. Obergeschoss des Rathauses. Untersuchungen ergaben, dass im Laufe der Jahre Feuchtigkeit in die Holzbalken eingedrungen war, welche Chlornaphtaline (früher als Holzschutzmittel verwendet) freigesetzt hatte. Der Feuchtigkeitsschaden führte zudem zu einem Schimmelpilzbefall. Das Rathaus wurde daraufhin geräumt, die Mitarbeiter der Stadt Hallstadt in einem anderen Gebäude untergebracht.

Moderne Lüftungstechnik

Über ein kreatives Absauge-Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung konnte die Erhaltung der historischen, aber schadstoffbelasteten Deckenkonstruktionen erreicht werden. Mit der Absaugung der schadstoffbelasteten Luft aus den Deckenkonstruktionen erfolgt gleichzeitig eine Belüftung aller Räume. Insgesamt beinhaltet das Konzept der Reparaturmaßnahme minimale Eingriffe in den historischen Baubestand, berücksichtigt technische Bestimmungen, wie Brand- und Schallschutz und erzielte somit ein außergewöhnliches wie vorbildliches Ergebnis. Dies gilt besonders für die Leistung des Fachingenieurs für Haustechnik, dem eine hervorragende Anpassung der, ansonsten nur schwierig unterzubringenden Lüftungskanäle in das Gebäude gelungen ist.

UNESCO-Bewerbungsgebiet

Das historische Luitpoldbad von 1867 und 1902 liegt in der reizvollen Parklandschaft des „Gartendenkmals Luitpoldpark“ und im Bad Kissinger UNESCO-Bewerbungsgebiet für die „Great Spas of Europe“. Die ingenieurtechnische und architektonische Leistung war, das über 20 Jahre leerstehende, marode Gebäude im Heilquellenschutz- und Überschwemmungsgebiet der Saale für ein 1000-jähriges Hochwasser zu ertüchtigen sowie nach DIN-Norm nicht nachweisbare historische Bauteile für Gäste aus aller Welt nutzbar und erlebbar zu erhalten. Das Luitpoldbad sollte so in ein leistungsfähiges Behördenzentrum mit einem Veranstaltungsort für zum Beispiel die international bekannten Konzertreihen des Kissinger Sommers sowie Ausstellungsräume für die UNESCO-Bewerbung »Great Spas of Europe« umgebaut werden. Die Fertigstellung des Luitpoldbades erfolgte dann zur 150-Jahr-Feier des historischen Bades im Jahr 2017.

Mit der Freilegung und Ergänzung der historischen Gusseisenkonstruktionen wurde die Wiederherstellung des ursprünglichen Raumeindrucks des Treppenhauses erreicht. Die besondere Leistung der Tragwerksplaner bestand darin, die Tragfähigkeit der bauzeitlichen Konstruktion mit Vor-Ort-Messungen zu ermitteln, da ein rechnerischer Nachweis gegen den Erhalt gesprochen hätte.

Gastwirtschaft wird „Haus der Kultur“

Die Revitalisierung der ehemaligen Gastwirtschaft „Zum Goldenen Kreuz“ zu einem „Haus der Kultur“ erforderte ideenreiche ingenieurtechnische Lösungen. Eine besondere Herausforderung war die dem schlechten Baugrund geschuldete Vermeidung von Lasterhöhungen und Lastkonzentrationen. Den Tragwerksplanern ist es gelungen, durch Aussteifungen des barocken Dachwerks bis hin zum Nachweis als Faltwerk und dem Einbau leichter additiver Systeme, die Standsicherheit auch bei weit gespannten Bauteilen wieder herzustellen. Damit wurden nicht nur denkmalverträgliche, sondern auch besonders kostengünstige und nachhaltige Lösungen zum Erhalt des Denkmals gefunden.

Sieben zuvor über Monheim verstreute Vereine haben nun in der Stadtmitte ihre Heimat in dem aus drei Gebäudeflügeln bestehenden Anwesen gefunden. Die Gruppen- und dazugehörigen Gemeinschaftsräume sind im Erd- und Obergeschoss untergebracht.

Königsdisziplin

„In diesem Jahr wurden so viele Projekte für den Bayerischen Denkmalpflegepreis eingereicht wie nie zuvor. Das zeigt das große Engagement der Ingenieure auf diesem Gebiet. Denn die Sanierung denkmalgeschützter Bauwerke ist die Königsdisziplin im Bereich Bauen im Bestand“, hob Michael Kordon, 1. Vizepräsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, bei der Preisverleihung hervor.

„Damit auch nachfolgende Generationen über den Einfallsreichtum, die Geschicklichkeit und das Können unserer Vorfahren staunen können, sind Instandsetzungen, wie wir sie mit dem Bayerischen Denkmalpflegepreis auszeichnen, außerordentlich wichtig. Das Engagement der prämierten Bauherren und ihrer begleitenden Ingenieure verdient höchste Anerkennung“, unterstrich Mathias Pfeil, Generalkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege.

Lob für Sachverstand und Sorgfalt

Baustaatssekretär Josef Zellmeier lobte den Sachverstand und die Sorgfalt, die die ausgezeichneten Bauherren und ihre beteiligten Ingenieure bewiesen haben: „Sie haben sich vorbildlich für den Erhalt von denkmalgeschützten Bauwerken eingesetzt! Denkmäler geben Identität und schaffen Heimat. Wir müssen sie deshalb unbedingt erhalten.“

Mit zahlreichen Förderprogrammen leiste der Freistaat Bayern einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung denkmalwerter Bausubstanz. Außerdem betreuten die 22 Staatlichen Bauämter im Freistaat zahlreiche Baudenkmäler – von weltberühmten Bauwerken wie der Würzburger Residenz bis hin zu Verwaltungsbauten, Hochschul- und Klinikarealen. „Der Erhalt und die denkmalgerechte Pflege dieses baukulturellen Erbes gehören zu den schönsten Aufgaben unserer Bauverwaltung“, stellte Zellmeier fest.

DK

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