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(GZ-17-2019)
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► Festakt 10 Jahre Bayerische Integrationsbeauftragte:

 

„Integration: mehr als Brot und Seife“

 

Wird Integration in Kelheim erfolgreich gelebt? Und welche Herausforderungen liegen vor den rund 120.600 Kelheimern, die aus 125 Ländern im Landkreis zusammenkommen? Darüber diskutierten Landrat Martin Neumeyer und Gudrun Brendel-Fischer, Integrationsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, mit Bürgerinnen und Bürgern anlässlich der zehnjährigen Jubiläumsfeier ihres Amtes im Landratsamt Kelheim.

Integration geglückt? Diskussion mit Einheimischen und Zugewanderten anlässlich der Jubiläumsfeier im Kelheimer Landratsamt. Unser Bild zeigt (v.l.): Landrat Martin Neumeyer; die Bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, MdL; Sofija Pavlenko; Ege Celik; Ugur Lafci; Margaret Weber-Brunner und Moderator Dr. Vural Ünli.
Integration geglückt? Diskussion mit Einheimischen und Zugewanderten anlässlich der Jubiläumsfeier im Kelheimer Landratsamt. Unser Bild zeigt (v.l.): Landrat Martin Neumeyer; die Bayerische Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer, MdL; Sofija Pavlenko; Ege Celik; Ugur Lafci; Margaret Weber-Brunner und Moderator Dr. Vural Ünli.

Für den Freistaat – sonst gilt er oft als Vorreiter beispielsweise in Technik und Innovation – war es vor zehn Jahren Neuland: Mit welchem politischen Konzept schaffen es Gemeinde und Städte, dass Neuankömmlinge die bayerische Kultur kennenlernen, in der Schule und Arbeit Erfolg haben und Kontakte zu Einheimischen knüpfen? Dass sie sich langfristig integrieren und wohl fühlen? Dazu rief die Bayerische Staatsregierung vor zehn Jahren das Amt des Bayerischen Integrationsbeauftragten ins Leben.

Martin Neumeyer aus Abensberg in Niederbayern und inzwischen Landrat des Landkreises Kelheim, erinnert sich noch an den Anruf des damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der ihm diese neue Aufgabe anvertraute.

„Es war Teil der Koalitionsvereinbarung mit der FDP, dass es einen Integrationsbeauftragten in Bayern geben soll“, sagte Neumeyer. In vielen anderen Bundesländern war das bereits eine Selbstverständlichkeit. Die Wahl fiel dann auf ihn. Neumeyer galt als bodenständig: mit 18 Jahren trat er in die CSU ein, kam 2003 in den Landtag und hatte in seinem Stimmkreis ein Projekt für Migranten gegründet. Doch es ist ein Amt, in dem sich nicht nur Beifall einheimsen lässt.

Die erste Beschwerde erreichte ihn bereits eine Stunde nach der Ernennung durch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). „Die E-Mail sei ohne Anrede oder Höflichkeitsfloskel versendet worden!“ So lautete der Vorwurf, erinnerte sich Neumeyer beim Empfang zum zehnjährigen Jubiläum des Amtes als Integrationsbeauftragter im Kelheimer Landratsamt.

Auf den Leib geschneidert

Neumeyer prägte das Amt auf verschiedenen Ebenen. In seinem Büro stellte er den ersten syrischen Praktikanten in Deutschland ein und aufgrund seiner Initiative wurde ein bayerischer Integrationsrat gegründet. Der Niederbayer war es auch, der den ersten Besuch von Flüchtlingen im Bayerischen Landtag organisierte und dazu verhalf, dass der Nachrichtenmoderator Ingo Zamperoni den Integrationspreis erhielt.

Auf seinen Touren durch Bayern warb Neumeyer immer wieder für das Grundgesetz und die bayerische Verfassung, um den Radikalen nicht die Straße zu überlassen. Es war nicht immer leicht für ihn, auch unter Parteifreunden. So begrüßte ihn ein Dorfbürgermeister einst als „Intrigenbeauftragten der bayerischen Staatsregierung“. Seine schlagfertige Antwort: „Davon gibt es mehrere, deshalb musste ich die Ehre zurückweisen“.

Für ihn waren es ganz besondere acht Jahre im Amt, denn Neumeyer „konnte Spuren legen“, wie er selbst sagte. Nach Kerstin Schreyer und Mechthilde Wittmann formt diese Spur seit November vergangenen Jahres Gudrun Brendel-Fischer weiter. Die Aufgabe des Integrationsbeauftragten sei Martin Neumeyer auf den Leib geschneidert und er habe den Grundstein für das Amt gelegt, lobte sie seine Arbeit. Dabei habe er von dem engen Kontakt zu den muslimischen Bevölkerungsgruppen profitiert, den er in seiner Amtszeit kontinuierlich ausgebaut habe. Vor allem als sich die Flüchtlingsproblematik im Jahr 2015 zuspitzte, sei viel Arbeit auf den Integrationsbeauftragten zugekommen und seine Einflussnahme sehr wichtig gewesen, sagte Brendel-Fischer.

Zukunftsthema Integration?

Zwölf Prozent der derzeit im Landkreis lebenden Menschen haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. Hier lebt zudem die viertgrößte Türkische Gemeinde Deutschlands. Neben den 15.000 Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit leben im Landkreis Kelheim noch weitere Menschen mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

Die größte Anzahl der Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit kommen aus den 28 EU-Staaten. Sie machen mit einem Anteil von circa 54 Prozent über die Hälfte der Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit aus. 35 Prozent der Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit kommen im Landkreis Kelheim aus sogenannten Drittstaaten. Hierzu gehören alle Menschen, die nicht aus EU- oder Fluchtländern kommen. Menschen aus den Fluchtländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien sind mit zehn Prozent im Landkreis vertreten. Integration ist damit eines der wesentlichen Zukunftsthemen.

Ein Plan für die Integration

Helfen soll dabei der Integrationsplan. Denn es gehe nicht nur darum, Migranten eine Unterkunft zu besorgen und ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. „Integration ist mehr als Brot und Seife“, sagte Brendel-Fischer.  „Wenn wir wollen, dass die Menschen bei uns ankommen, dann müssen wir aktiv werden und uns einen Plan machen!“ Der Auftakt zu einem strategischen Integrationsmanagement im Landkreis Kelheim begann mit der ersten „Netzwerkkonferenz Integration“ am 18. Mai 2017. Darauf folgte im Juli der offizielle politische Auftrag des Kreisausschusses, einen Integrationsplan zu entwickeln. Dieser wurde schließlich im Dezember 2018 einstimmig  im Kreistag verabschiedet.

Leitlinien und Handlungsempfehlungen

Im Plan sind Leitlinien festgeschrieben, wie Integrationspolitik gestaltet werden soll. Er enthält zudem Handlungsempfehlungen, die unter den vier Themenbereichen „Interkulturelle Öffnung“, „Ausbildung und Arbeit“, „Bildung“ und „Lebensumfeld“ zusammengefasst sind. Brendel-Fischer – selbst ausgebildete Lehrerin – sieht die größte Herausforderung darin, von Kindesbeinen an Sprache und Kultur zu erlernen. Dazu will sie die Zusammenarbeit mit Mütter- und Familienzentren stärken.

In diesem Vorhaben bestärkte sie in der anschließenden Podiumsdiskussion Margaret Weber-Brunner vom Kelheimer Bündnis für Menschenwürde. Für Weber-Brunner seien vor allem die Frauen Schlüsselfiguren bei der Integration. Sie blickt auf eine eigene Integrationsgeschichte zurück. Im Alter von 27 Jahren kam sie von Südafrika nach Kehlheim. „Besonders alleinerziehende Frauen müssen die Chance bekommen, die Sprache zu lernen und da müssen wir sie an die Hand nehmen“, sagte sie.

Lob aus Berlin

Für Ugur Lafci vom Türkisch-Islamischen Verein in Kelheim beginnt Integration auf der Straße, im Kindergarten und in den Sportvereinen - nicht auf dem Blatt Papier. „Integration spielt sich vor allem in den Köpfen der Menschen ab. Nur wenn ich den Mitmenschen als Christ oder Moslem akzeptiere, kann ich mich mit ihm austauschen“, sagte er. Für ihn sei dabei entscheidend, dass beide Seiten aufeinander zugehen. „Und das gelingt in Kelheim sehr gut. Beispielsweise hat der Bürgermeister immer offene Ohren für Anliegen“, lautete sein Fazit. Die Integrationsbeauftragte Brendel-Fischer sieht ihre Aufgabe vor allem darin, alle Menschen mitnehmen, auch die kritischen Stimmen. Unterstützung bekommt sie dabei durch die wertvolle Arbeit der Helferkreise. Das werde inzwischen auch von der Berliner Regierung anerkannt, lobte sie
die Ehrenämtler und Mitarbeiter.

Anja Schuchardt

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