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(GZ-23-2019)
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► Auftakt einer bayernweiten Veranstaltungsreihe:

 

Bayerisches Fachkräfteforum

Bayerisches FachkräfteForum im Landratsamt des Landkreises WUG in Weißenburg

Beim ersten Bayerischen Fachkräfteforum kamen Unternehmensvertreter, Jobcenter, Agentur für Arbeit, Bildungsträger und weitere Interessierte ins Gespräch. Bild: www.altmuehlfranken.de
Beim ersten Bayerischen Fachkräfteforum kamen Unternehmensvertreter, Jobcenter, Agentur für Arbeit, Bildungsträger und weitere Interessierte ins Gespräch. Bild: www.altmuehlfranken.de

Der Erfolg des Wirtschaftsstandortes Bayern wird auf Dauer nur sichergestellt, wenn in allen Regionen quantitativ und qualitativ ausreichend Fachkräfte bereit stehen. Eine wichtige Zielgruppe hierbei sind Fachkräfte mit Migrationshintergrund. Allerdings arbeiten viele nicht im erlernten Beruf und können ihr berufliches Potenzial nicht in vollem Umfang einsetzen. Mit Strategien zur Gewinnung und Integration befasst sich eine bayernweite Veranstaltungsreihe, die im Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen ihren Anfang nahm.

Gemeinsam mit dem Bayerischen Landkreistag luden Migra-Net – IQ Netzwerk Bayern und die Bayerische GemeindeZeitung mit freundlicher Unterstützung des Bayerischen Integrationsministeriums zum Bayerischen FachkräfteForum ein. Die Veranstaltungsreihe ermöglicht die gezielte Kommunikation relevanter Akteure vor Ort mit ausgewiesenen Fachleuten. Das Thema Fachkräfteeinwanderung sowie die Chancen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes werden bei diesen Veranstaltungen ebenso erläutert wie die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Spracherwerb und Arbeitsrecht.

Landrat Gerhard Wägemann wünschte den zahlreich erschienenen Teilnehmern, darunter Unternehmensvertreter,Bildungsträger, Mitarbeiter von Jobcentern und der Agentur für Arbeit, gute Gespräche und wertvolle Anregungen auf dem „Markt der Möglichkeiten“, ehe Anne Güller-Frey vom MigraNet – IQ Netzwerk Bayern das bundesweite Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ vorstellte.

Als eines der 16 Landesnetzwerke ist MigraNet Teil des bundesweiten Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ und vernetzt relevante Organisationen, Einrichtungen, Institutionen, Unternehmen und Migrantinnen- und Migrantenorganisationen um die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund nachhaltig zu verbessern. Die 16 Landesnetzwerke werden von fünf Fachstellen begleitet. Im Freistaat bündelt MigraNet 41 Teilprojekte mit 25 verschiedenen Partnern.

Gewinn für Wirtschaft und Gesellschaft

Von verbesserter Integration in den Arbeitsmarkt profitieren Wirtschaft und Gesellschaft. Zu den Netzwerkpartnern zählen unter anderem die Bundesagentur für Arbeit, Arbeitgeberverbände, Bildungsträger, Kommunen, Kammern, Gewerkschaften und Migrantenorganisationen.

Zur Fachkräftesicherung für Bayern beschreitet MigraNet innovative Wege, zum Beispiel über Mentorenprogramme, Zuwanderungsberatung und Anpassungsqualifizierungen. Über lokale Koordination in Augsburg, München und Nürnberg werden Beratungsangebote und Modellprojekte gesteuert. Sie bündeln Informationen aus den IQ Handlungsfeldern, vernetzen Akteure auf regionaler Ebene, sowie aus Landes-, Bundes- und EU-Ebene und initiieren entsprechende Projekte.

Die hiesige Wirtschaft braucht mehr Fachkräfte aus Drittstaaten, machte Regina Konle-Seidl vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung deutlich. Rein rechnerisch reiche das Arbeitskräftepotenzial in der Region nicht aus, um den Arbeitskräftebedarf decken zu können. Jedoch sei die Einwanderung aus Drittstaaten nur zu einem geringen Anteil – circa zehn Prozent – erwerbsbezogen.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FKEG), das zum 1. März 2020 in Kraft tritt, soll Abhilfe schaffen. „Insbesondere soll das Gesetz die qualifizierte Zuwanderung aus Drittstaaten, vor allem für beruflich qualifizierte Fachkräfte und Auszubildende, erleichtern. Als Voraussetzung für eine Zuwanderung gelten die Arbeitsplatzzusage und die erfolgreiche Anerkennung der Gleichwertigkeit des Berufsabschlusses.“

Der Mensch im Mittelpunkt

Als erwartbare positive Wirkungen des FKEG wertet Konle-Seidl u.a. den Verzicht auf Steuerung über Engpasskriterien und Positivlisten, zudem ergebe sich durch die Öffnung für Personen mit ausgewiesenen berufspraktischen Kenntnissen ein größerer Flexibilitätsspielraum. Begrüßenswert seien zudem ehrgeizige Fristen im beschleunigten Fachkräfteverfahren sowie die angestrebte Verbesserung der Verwaltungsprozesse (Transparenz). Kritisch zu bewerten seien u.a. die Gleichwertigkeitsprüfung (Flaschenhals), geforderte deutsche Sprachkenntnisse auf B1 Niveau sowie die fehlende Flexibilität von Mindestanfor-
derungen.

Ein gelungenes Praxisbeispiel ist die „Tür an Tür Integrationsprojekte gGmbH“, vorgestellt von Projektleiter Denzil Manoharan. Er gab den Teilnehmern eine erste Einführung in das „Diversity Management – Praktisch umgesetzt“. Diversity stellt die Persönlichkeit eines jeden Menschen in den Mittelpunkt. Die Reflexion des Handelns und eine Haltung für Vielfalt und gegen Diskriminierung steht für die gemeinnützige GmbH im Vordergrund. Damit grenzt sie sich bewusst von länderspezifischen Angeboten ab.

Wie Manoharan darlegte, beginnt Diversity Management in der obersten Führungsebene. Gezielte Diversity-Strategien helfen bei der Entfaltung ungeahnter Potenziale. MigraNet unterstützt die Arbeitgeber, indem alle Phasen des Zuwanderungs- und Integrationsprozesses – Finden, Einstellen und Binden des Personals – begleitet werden. Unterstützungsangebote für Unternehmen bietet die IHK Nürnberg für Mittelfranken mit dem „Firmenservice Internationale Fachkräfte“ an, den Franziska Röder erläuterte. Sie ist Ansprechpartnerin für Arbeitgeber und hat Antworten auf Fragen zu ekrutierungsmöglichkeiten, Visum, Aufenthaltstitel und betrieblicher Integration.

Das Sprachlernprojekt „Fit in Deutsch“ ist ein Praxisbeispiel, über das die Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte im Landratsamt, Judith Koch, informierte. Alle Migranten aus dem Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen können ihre Sprachkenntnisse verbessern. Das Projekt soll Personen das Deutschlernen ermöglichen, die aus bestimmten Gründen nicht an einem offiziellen Integrationskurs teilnehmen können (Berufstätigkeit, fehlende Kinderbetreuung, Herkunftsland).

Als Modellversuch startete das Sprachlernprojekt „Fit in Deutsch“ für Migrantinnen und Migranten bereits Ende Februar 2019 in Gunzenhausen. Die Nachfrage war anfangs überwältigend: 52 Personen nahmen anfangs am Kurs teil, im November waren es noch 22 Teilnehmer. Austrittsgründe waren Abschiebungen und Sprachprüfungen.

Erwartungen übertroffen

Da die Erwartungen in Gunzenhausen mehr als übertroffen wurden und noch weitere Migranten Interesse bekundeten, wurde zeitnah mit den Planungen für Weißenburg als zweitem Standort begonnen. Bereits vier Wochen vor dem Start war die Anmeldeliste komplett. Zu Beginn absolvierten die Teilnehmer, die in der Mehrzahl ein EU-Aufenthaltsrecht besitzen, einen schriftlichen Einstufungstest, um das Sprachniveau zu bestimmen. Anhand dessen wurden die Teilnehmer in drei Gruppen eingeteilt. Im Mai 2019 wurde mit insgesamt 37 Migrantinnen und Migranten gestartet; Anfang November verzeichnete man bereits 45 Teilnehmer.

An beiden Standorten ist etwa knapp die Hälfte der Migranten berufstätig. Der jüngste Teilnehmer in Weißenburg ist 18 Jahre alt, der älteste 58, während in Gunzenhausen der jüngste 23 und der älteste 59 Lenze zählt.

Mitte Dezember 2019 werden Judith Koch zufolge die ersten Migranten einen offiziellen Deutschtest ablegen und ihr Sprachniveau zertifiziert bekommen. Nach der Zusage von Fördergeldern kann das Projekt auch im Jahr 2020 fortgeführt werden. Neben den bereits vorhandenen Standorten Weißenburg und Gunzenhausen soll ein weiterer Standort im Süden des Landkreises hinzukommen.

 

Weitere Infromationen:

www.altmuehlfranken.de/fachkraefteforum

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