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(GZ-11-2020)
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► Geplanter Schutzschirm für Kommunen:

 

Geteiltes Echo

 

Unterschiedliche Reaktionen haben die Pläne des Bundesfinanzministeriums bezüglich eines Milliarden-Schutzschirms für die wegen der Corona-Krise in Not geratenen Kommunen hervorgerufen. Während Bayerns Finanzminister Albert Füracker und Landkreistagspräsident Christian Bernreiter den Vorschlag, der vorsieht, die Länder an der Finanzierung zur Hälfte zu beteiligen, ablehnen, sprach der Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Uwe Brandl, von einem „Befreiungsschlag“. Auch der Bayerische Städtetag steht den Plänen weitgehend positiv gegenüber.

Wie aus einem Eckpunkte-Papier seines Hauses hervorgeht, will Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Kommunen mit fast 57 Milliarden Euro unterstützen. Vorgesehen ist eine akute Nothilfe, die wegbrechende Gewerbesteuereinnahmen ausgleichen soll, und eine Altschuldenhilfe für hoch verschuldete Städte und Gemeinden – jeweils zur Hälfte von den Ländern mitfinanziert.

„Die Vorschläge von Bundesminister Scholz wird Bayern keinesfalls mitmachen“, erklärte Finanzminister Füracker. „Wenn der Bund den Kommunen helfen möchte, darf er das gern tun – eine Zwangsverpflichtung der Länder nach den Regeln des Bundes ohne Absprache ist aber eine Unverschämtheit.“

Vorgezogene Zahlungen aus dem Finanzausgleich

Hilfe des Bundes sei wünschenswert, „aber nur mit klarer Abstimmung mit den Ländern und ohne Koppelung an Altschuldentilgung“. Bayern stehe fest an der Seite seiner Kommunen und werde ihnen in der Krise helfen. „Wir ziehen zwei Milliarden Euro Zahlung an die Kommunen aus dem kommunalen Finanzausgleich vor, um schnell und effektiv zu helfen“, so der Minister.

Zum Thema Altschulden meinte Füracker: „Eine Altschuldentilgung von Kommunen in ganz Deutschland mit bayerischem Steuergeld ist mit uns nicht zu machen. Länder, die seit Jahren verantwortungsvoll und solide gewirtschaftet haben, werden bestraft.“

Nach jüngster Steuerschätzung entgehen den Kommunen bundesweit im laufenden Jahr Gewerbesteuereinnahmen von 11,8 Mrd. Euro. Die Altschulden von 2000 besonders verschuldeten Kommunen wurden 2018 mit 45 Mrd. Euro beziffert.

„Bayerisches Geld für Versäumnisse anderer Bundesländer einzufordern, ist ziemlich dreist. Es macht keinen Sinn, auf der einen Seite Schulden zu tilgen und auf der anderen Seite Schulden aufzunehmen. Das ist Aufgabe der Bundesländer“, hob Landkreistagspräsident Christian Bernreiter hervor. „Was wir wirklich brauchen, ist eine verlässliche Auffanglösung für Gewerbesteuerausfälle, um unsere Pflichtaufgaben weiter erfüllen zu können. Zudem benötigen wir ein kommunales Konjunkturpaket, um notwendige Investitionen in unsere Schulen sowie die Infrastruktur tätigen zu können. Dabei geht es in erster Linie um die Digitalisierung, aber auch Straßen und vieles mehr.“

Das Thema Altschulden muss laut Bernreiter von den jeweiligen Ländern selbst bereinigt werden. Geld aus Berlin brauchen jetzt bundesweit alle Landkreise für Zukunftsaufgaben wie die Ertüchtigung der Schulgebäude, sowie die Digitalisierung und in vielen Regionen auch für den verlässlichen Mobilfunkausbau. „Wenn Altschulden Einzelner getilgt werden, bleibt für Zukunftsinvestitionen nichts mehr im Topf. Darüber hinaus brauchen wir dringend Hilfe bei den zu erwartenden Mehrkosten bei Hartz IV.“

Der Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, hoch verschuldete Städte durch die Übernahme kommunaler Kassenkredite durch den Bund zu unterstützen, ist nach Bernreiters Angaben nicht neu. Bereits 2019 seien die bayerischen Landrätinnen und Landräte dagegen auf die Barrikaden gegangen, weil der Bund dadurch all diejenigen Bundesländer entlasten würde, die ihre Kommunen bisher vernachlässigt haben. „Denn wenn eine Kommune gezwungen ist, sich jahrelang über Kassenkredite zu finanzieren, zeigt das, dass das jeweilige Bundesland den Kommunen dauerhaft zu wenig Geld gegeben und deren Finanzen zu lasch beaufsichtigt hat.“

„In dieser Wirtschaftskrise braucht man dringend Investitionskraft auf kommunaler Ebene“, hob dagegen der Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie des DStGB, Dr. Uwe Brandl, hervor. Das gehe nur dann, wenn man gemeinsam die Einnahmeausfälle kompensiere und eine Perspektive für künftige Investitionssicherheit schaffe.

Die Entscheidung des Bundes, unter anderem den Einnahmeausfall im Bereich der Gewerbesteuer für alle Kommunen zu kompensieren, ist aus Brandls Sicht ein „Befreiungsschlag, weil man auf diese Art und Weise natürlich das Haushaltsjahr 2020 relativ sicher abwickeln kann“. Er bezeichnete es als „ein Gebot der Solidarität, dafür zu sorgen, dass wir in zwei bis drei Jahren in der Lage sind, eine kommunale Landschaft zu haben, die aus voller Kraft investieren und diese Altschuldenlast hinter sich lassen kann – unter Berücksichtigung harter Auflagen“.

Entschuldungs-Programm und kluge Investitionen

Auch in Bayern gebe es Kommunen, die davon profitieren könnten. Jetzt gehe es darum, im Detail darüber zu verhandeln, wie unter anderem ein Entschuldungs-Programm aussehen könne, und kluge Investitionen zu tätigen, damit die Wirtschaft schnell wieder eine Eigendynamik entfalte und Staatshilfen nicht mehr erforderlich seien.

Auch vom Bayerischen Städtetag wird der Vorschlag des Bundesfinanzministers, einen Rettungsschirm für Kommunen zu spannen und ihre Ausfälle bei der Gewerbesteuer gemeinsam mit den Ländern zu kompensieren, sehr begrüßt. Wie Verbandsvorsitzender Dr. Kurt Gribl erläuterte, „ist es aber wenig zielführend, die Altschuldenproblematik mit dem Rettungsschirm für Kommunen zu verknüpfen. Das seit einigen Jahren diskutierte Problem der Altschulden trifft hoch verschuldete Kommunen in einigen Bundesländern. Die finanziellen Folgen der aktuellen Corona-Pandemie treffen alle Kommunen. Alle Kommunen kämpfen mit wegbrechenden Steuereinnahmen bei gleichzeitig steigenden Ausgaben zur Bewältigung der Krise. Man sollte beide Probleme nicht vermengen, sondern gesondert lösen.“

Der sich jetzt abzeichnende Dissens von Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit den Bundesländern verhindere eine nötige rasche pragmatische Lösung. Gribl: „Denn letztlich sind sich alle Beteiligten von Bund, Ländern und Kommunen einig, dass es einen Rettungsschirm für Kommunen braucht. Kommunen müssen trotz der drohenden angespannten Finanzsituation in der Lage bleiben, ihre Aufgaben der Daseinsvorsorge unverändert zuverlässig zu erfüllen. Und: Die Kommunen sind als Auftraggeber für Investitionen wichtige Impulsgeber für die Wirtschaft – dies wird besonders wichtig, wenn der stockende Konjunktur-Motor wieder in Schwung gebracht werden soll.“

Reibungsloses Krisenmanagements

Bund, Freistaat und Kommunen hätten gemeinsam die Folgen der Corona-Pandemie bislang sehr gut in den Griff bekommen. Dank eines reibungslosen Krisenmanagements konnten die Einrichtungen der kommunalen Infrastruktur und die Verwaltungen wie gewohnt zuverlässig funktionieren. Feuerwehren, Katastrophenschutz, Krankenhäuser, Rettungsdienste, Pflegeeinrichtungen, Abwasserbeseitigung, Wasserversorgung, Müllabfuhr und Nahverkehr leisteten ihren täglichen Beitrag, um das Land am Laufen zu halten. Gribl zufolge haben alle Beteiligten im Schulterschluss eine gute Leistung erbracht, die sie jetzt nicht mit Streitereien um die Finanzierung in ein schlechtes Licht rücken sollten.

 DK

 

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