Kommunale Praxiszurück

(GZ-11-2021)
gz kommunale praxis
GZ-Plus-Mitgliedschaft

► 14. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik:

 

Wege zur zukunftsfähigen Stadt

 

Deutschland blickt 2021 auf 50 Jahre Städtebauförderung zurück. Das Jubiläum war Anlass, im Rahmen des 14. Bundeskongresses der Nationalen Stadtentwicklungspolitik auf die vielfältigen Ergebnisse und Entwicklungen des Förderprogramms zurückzublicken und einen Blick auf die umfangreichen Herausforderungen der Zukunft zu werfen. Schwerpunkte der live aus Köln übertragenen zweitägigen Konferenz waren darüber hinaus die Umsetzung der Neuen Leipzig-Charta und die Folgen der Covid-19-Pandemie für Städte und Gemeinden.

„Seit 50 Jahren unterstützen wir unsere Kommunen mit der Städtebauförderung. Die Problemlagen haben sich in dieser Zeit gewandelt – und die Städtebauförderung mit ihnen“, betonte Anne Katrin Bohle, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. „Heute begleiten wir die Städte auf dem Weg hin zu Smart Cities und suchen gemeinsam nach Lösungen, wie wir die Corona-Pandemie überwinden können. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, damit sich unsere Städte auch für kommende Herausforderungen wappnen.“

„Das Erfolgsrezept der Städtebauförderung über 50 Jahre hinweg war stets, positive soziale, bauliche und wirtschaftliche Wirkung zu entfalten“, stellte Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, fest. Viele Herausforderungen konnten vor Ort angegangen werden. Zudem sei es immer wieder gelungen, auch städtebauliche Missstände zu beseitigen. Infolge der Corona-Pandemie stünden die Städte und damit auch die Städtebauförderung vor neuen Herausforderungen. Es sei eine anspruchsvolle Aufgabe, den Wandel der Innenstädte zu gestalten.

„Mit mehr Wohnen, Leben, Arbeiten, Kultur, Handel, Sport und öffentlichen Einrichtungen wollen wir mehr Vielfalt in die Innenstädte bringen. Die Städtebauförderung muss diesen Wandel leistungsfähig unterstützen. Dafür brauchen wir Konstanz der Förderung und Flexibilität beim Mitteleinsatz. Und es muss weiter darum gehen, Bürokratie abzubauen.“

Ralph Spiegler, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm, bezeichnete Städte und Gemeinden als „Schlüsselakteure für gutes Zusammenleben vor Ort“.

„Ob Klimafolgenanpassung, Digitalisierung, Stabilisierung unserer Innenstädte und Ortskerne oder auch die Schaffung bezahlbaren Wohnraums:

Es sind kommunale Konzepte und praxisgerechte Lösungsansätze gefragt! Ohne starke Städte und Gemeinden werden wir die zukünftigen Herausforderungen nicht bewältigen“, so Spiegler. Daher sei es wichtig, dass seit 50 Jahren bewährte Instrument der Städtebauförderung langfristig auf einem hohen Niveau zu verstetigen.

Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat im Herbst 2020 einen Expertenbeirat damit beauftragt, Wege aufzuzeigen, um Städte und Gemeinden zukunftsfähig und resilient zu gestalten. Die Nationale Stadtentwicklungspolitik mit ihren eingespielten Strukturen war die geeignete Plattform, diesen Prozess zu begleiten. In einem intensiven und interdisziplinär aufgestellten Arbeitsprozess ist hier-
aus ein Memorandum mit dem Titel „Urbane Resilienz – Wege zur robusten, adaptiven und zukunftsfähigen Stadt“ entstanden.

Querschnittsthema Resilienz

Darin heißt es unter anderem: „Die Nationale Stadtentwicklungspolitik muss im Sinne der Neuen Leipzig-Charta finanziell und strukturell weiterentwickelt und gestärkt und um Aspekte der resilienten Stadtentwicklungspolitik erweitert werden.“

Vorgeschlagen wird ein „Haus der Leipzig-Charta“ als Kompetenzzentrum, sowie eine „Task Force Urbane Resilienz“, die im Katastrophenfall die Kommunen in der Krisenbewältigung unterstützt.

Zentrale Aspekte des Risikomanagements, der Umweltgerechtigkeit, der Gesundheitsvorsorge, der Klimafolgenanpassung, der sozialen Gerechtigkeit sowie der Integration seien künftig noch stärker in die Stadtentwicklungsplanung und Förderinstrumente zu integrieren. Dazu gehörten insbesondere sozialräumliches Monitoring, Risikostudien, Anpassungsstrategien und Maßnahmen im Kontext einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Von daher sollten die Städtebauförderung und die Stadtentwicklungskonzepte um das Querschnittsthema Resilienz erweitert und finanziell aufgestockt werden.

Mischnutzungen und Nachnutzungen sollen künftig rechtlich flexibler ermöglicht werden, insbesondere mit Blick auf den Lärmschutz. Für den Auf- und Ausbau kommunaler Flächenressourcen ist angedacht, bodenpolitische Instrumente zu erweitern und neu zu schaffen, z.B. durch kommunale Bodenfonds.

Um die dauerhafte Handlungsfähigkeit der Kommunen sicherzustellen, sind digitale Kompetenzen aufzubauen und Digitalisierungsprojekte strategisch in der Stadtentwicklung zu verankern. Für Innovationen zur urbanen Resilienz soll eine „Experimentale“ als Sonderprogramm aufgelegt werden, um bestehende Hemmnisse aufbrechen zu helfen und Freiräume für Experimente zu schaffen, die später auch verstetigt werden. Zudem müsse die Nationale Stadtentwicklungspolitik um Elemente der internationalen Zusammenarbeit erweitert werden. Mit der Verabschiedung des Memorandums im Rahmen des Bundeskongresses gilt es in den nächsten Monaten nun, dieses mit Leben zu füllen und in den Städten und Gemeinden vor Ort umzusetzen.

Wo gibt es in Deutschland kooperative Städte? Dieser Frage ist der Bundespreis kooperative Stadt nachgegangen. Insgesamt 80 Kommunen haben sich als Koop.Stadt beworben. 13 Kommunen wurden von einer unabhängigen Jury ausgewählt und im Rahmen des Bundeskongresses in Köln ausgezeichnet. Sieben weitere Kommunen dürfen sich über eine Anerkennung freuen. Aufgerufen waren kleine, mittlere und große Städte ab 10.000 Einwohner. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat stellte 200.000 Euro Preisgelder zur Verfügung.

Nürnberg, Coburg, München

Mit der Auszeichnung für herausragende Kooperation von Stadtgesellschaft, Politik und Verwaltung wurde unter anderem Nürnberg bedacht. Mit dem Stadtratsbeschluss „Möglichkeitsräume“ hat die Norisstadt ein Sonderprogramm für Nachbarschaftsideen zur Aufwertung und Belebung des öffentlichen Raums eingerichtet, das die Jury als richtungsweisend lobte. Ein Raumkompass dient als Vermittlerstelle für Kunst- und Kulturschaffende mit Raumnot. Weitere Instrumente treiben den Ausbau der Anerkennungskultur voran und ermöglichen Kooperationen auf Augenhöhe.

Über eine Anerkennung dürfen sich die bayerischen Vertreter Coburg und München freuen. Die kreative Zwischennutzung von Leerständen in einem Coburger Sanierungsgebiet und die Umsetzung von Kunstinstallationen im öffentlichen Raum ohne formale Genehmigungsverfahren fand lobende Worte. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, Bürokratie abbauen und direkte Wege zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu schaffen. Mit der Anerkennung soll die Stadt auf diesem Weg bestärkt werden.

Mit Blick auf die Landeshauptstadt München hebt die Jury den Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags für eine Sozialgenossenschaft (Bellevue di Monaco) hervor. Grundlage dafür war die Rücknahme eines Stadtratsbeschlusses zum Abriss zweier innerstädtischen Liegenschaften zu Gunsten des Erhalts der Gebäude, um daraus einen Ort für das Thema „Flucht und Migration“ zu schaffen.

Besonders gewürdigt wird darüber hinaus, dass (zukünftige) Bewohner eines Neubauquartiers eine Genossenschaft für Quartiersorganisation gegründet haben, um das Quartiersmanagement zu betreiben. Seit Januar 2019 wird die eG als Pilotprojekt maßgeblich von der Stadt München/Sozialreferat im Rahmen der „Quartierbezogenen Bewohnerarbeit“ bezuschusst. Nach Ansicht der Jury haben diese Instrumente eine Anstoßwirkung auch über den engeren Projektkontext hinaus: Verschiedenste Akteure profitieren von ihnen und im Ergebnis entstehen kooperative Stadtbausteine.

DK

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Kommunale Praxis

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung