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(GZ-15/16-2021)
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► Nach der Hochwasserkatastrophe:

 

Schlussfolgerungen für Bayern

 

Um Kommunen bestmöglich auf Extremwetterereignisse vorzubereiten, startet das Umweltministerium eine Beratungs-Offensive für Kommunen. Dies gab Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber als Reaktion auf die verheerenden Starkregenereignisse in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bekannt, bei denen neben enormen Sachschäden auch viele Menschenleben zu beklagen sind.

„Mit unserer Beratungs-Offensive wollen wir Kommunen für das Thema Hochwasser und Starkregen sensibilisieren. Jede Kommune kann betroffen sein. Gleichzeitig sollen Kommunen motiviert werden, die bestehenden Fördermöglichkeiten in Anspruch zu nehmen“, betonte Glauber.

Die Erstellung und Planung von Schutzkonzepten wird mit bis zu 75 Prozent unterstützt. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere kommunale Maßnahmen gefördert. Hierzu zählen unter anderem die Ermittlung von Überschwemmungsgebieten, Sicherheitsüberprüfungen kommunaler Stau- und Hochwasserschutz-Anlagen, die Durchführung eines Hochwasseraudits sowie der Bau von Hochwasserschutzanlagen.

Extremwetterereignisse werden zunehmen

Experten gehen davon aus, dass solche Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels an Häufigkeit und Intensität zunehmen werden, vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Wie die aktuellen Ereignisse zeigen, können Hochwasser und Sturzfluten für kleine Gemeinden eine existenzielle Bedrohung sein. Glauber zufolge „werden wir die Kommunen in Zukunft noch stärker unterstützen, vor Ort den Schutz vor Hochwasser und Starkregen gezielt zu verbessern“.

Dazu zählt auch die Realisierung von Flutpoldern. Laut einer aktuellen Studie sind sie notwendig für einen bestmöglichen Hochwasserschutz an der Donau. Wie der Minister erläuterte, kann am Pegel Straubing der maximale Wasserstand mit dem Flutpolderprogramm um knapp 40 Zentimeter gesenkt werden, am Pegel Deggendorf um bis zu 24 Zentimeter. Der Polder Bertoldsheim allein bewirkt am Pegel Ingolstadt eine entsprechende Absenkung von über 20 Zentimetern. Die Wirkung der Flutpolder wurde anhand mehrerer teilweise großräumiger sogenannter Überlastfallereignisse berechnet, die als Katastrophenhochwasser deutlich über ein HQ100 hinausgehen.

Rückhaltebecken an den Zuflüssen können den Hochwasserschutz an der Donau unterstützen, aber nicht ersetzen, so die Untersuchung: Die Wirkung von großen Flutpoldern an der Donau ist deutlich positiver als von Rückhaltebecken an den Zuflüssen. Das gleiche Rückhaltevolumen in Hochwasserrückhaltebecken im Einzugsgebiet reduziert den Hochwasserscheitel weniger als halb so weit wie Flutpolder an der Donau. Auch wenn das Rückhaltevolumen an den Seitengewässern verdoppelt würde, können im Mittel nur rund 70 Prozent der Flutpolder-Wirkung erreicht werden.

Auch ein optimiertes Staustufenmanagement kann zusätzliche Auswirkungen auf eine Hochwasserwelle haben. Der Effekt reduziert die Pegel aber nur im sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich. Und auch die kurzzeitige Verzögerung durch eine Steuerung der Staustufen hat keine entscheidende Wirkung auf die der Hochwasserwelle.

Noch einmal untersucht wurde zudem die Grundwassersituation an den drei Standorten. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Realisierung ohne negative Veränderungen der Grundwassersituation für die Anlieger erfolgen kann. Dazu wurden numerische Grundwassermodelle aufgestellt und entsprechende Schutzmaßnahmen eingeplant, beispielsweise Dichtwände, Drainagen und Sicherungsbrunnen.

Das Thema Flutpolder soll im Dialog mit der Bevölkerung vorangebracht werden. Erst vor kurzem diskutierte Glauber in Kelheim mit Kommunalpolitikern und Interessenvertretern aus Niederbayern und der Oberpfalz.

Streit um den Bau von Hochwasserrückhaltebecken

Um den Bau der Hochwasserrückhaltebecken ist ein Streit entbrannt, nachdem das Umweltministerium einen konkreten Vorschlag entwickelt hat. Zusätzlich zu den sieben bereits gesetzten Standorten Leipheim, Helmeringen, Neugeschüttwörth, Riedensheim, Großmehring, Katzau und Öberauer Schleife soll der Standort Bertoldsheim (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) beibehalten werden.

Die geplanten gesteuerten Flutpolder in Wörthhof und Eltheim (Kreis Regensburg) können nach diesem Vorschlag zu einer wirkungsgleichen Variante mit einem Rückhaltevolumen von rund 30 Millionen Kubikmetern zusammengefasst werden. Im Koalitionsvertrag hatte die Staatsregierung den Polderbau 2018 ad acta gelegt. Hierauf berufen sich die Gegner der Baumaßnahme, zu denen Kommunalpolitiker, Landwirte und Naturschützer zählen.

Flutpolder sind alternativlos

Nach Glaubers Auffassung sind die Flutpolder alternativlos. Er appellierte an die Solidarität der Bürger an den geplanten Standorten an der oberen Donau. Die Polder könnten im Hochwasserfall geflutet und somit Wassermengen aus dem Fluss genommen werden, um flussabwärts liegende Regionen vor Überschwemmungen zu schützen. Der Minister sicherte Landwirten, deren Äcker und Wiesen im Bereich der Polder liegen würden, eine 100-prozentige Entschädigung für Ernteausfälle zu, falls die Polder geflutet werden müssten.

Die Poldergegner, wie zum Beispiel der Landrat des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen, Peter von der Grün, setzen unter anderem auf einen dezentralen Hochwasserschutz an den Zuflüssen zur Donau. Sein Landkreis solle nicht zum Auffangbecken werden. Auch Josef Schütz, Bürgermeister der Stadt Wörth an der Donau, bezweifelt die Wirksamkeit der Flutpolder. Zu befürchten seien negative Auswirkungen der Baumaßnahme auf das Grundwasser und die Trinkwasserqualität.

DK

 

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