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(GZ-18-2021)
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► Virtuelle Veranstaltung von CSUnet:

 

Digitale Lebensräume in Spiegelau und Frauenau

 

Wie Digitalisierung gerade in den ländlichen Räumen Bayerns helfen kann, die täglichen Herausforderungen besser zu bewältigen, wird aktuell in dem Projekt „Digitales Dorf Spiegelau-Frauenau“ erprobt. Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt. Mithilfe von digitalen Instrumenten soll es gelingen, einen Mehrwert zu generieren, der unmittelbar an den jeweiligen Lebenssituationen der Menschen ansetzt und den Bürgern direkt zugutekommt.

Wie das Dorf der Zukunft aussehen kann und die Bürger hiervon profitieren, erläuterte der Erste Bürgermeister der Gemeinde Spiegelau, Karlheinz Roth, im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung des Arbeitskreises CSUnet, moderiert von Landesgeschäftsführer Siegfried Nürnberg.

Digitale Instrumente an sich sind nichts Neues. Im Projekt wird deshalb ein vernetzter Ansatz verfolgt, der zahlreiche Lebensbereiche erfasst und verbindet. Das „Digitale Dorf“ bildet das gemeinsame Dach für vielfältige Teilprojekte, die jeweils gemeinsam mit dem Technologiecampus der Hochschule Deggendorf in Grafenau entwickelt werden.

Dahoam 4.0

Laut Rathauschef Roth orientieren sich die Handlungsfelder an alltäglichen Herausforderungen. Als adressierte Themenfelder in Spiegelau/Frauenau nannte er Arbeiten, Medizin/Pflege, Bildung/Lernen, Digitale Bürgerservices, Mobilität sowie Tourismus/Kultur. Dahoam 4.0 steht für die Digitalisierung von Gemeinden im ländlichen Raum. Die Marke vereint alle Ergebnisse, Lösungen und Apps, die in den Kommunen des „Digitalen Dorfs“ entstehen.

Rathaus-App

Gemeinsam mit Gemeindevertretern und Bürgern wurden so die Anforderungen an eine Rathaus-App definiert und erfolgreich umgesetzt. Zudem geht man mit der Installation digitaler Anschlagstafeln im Gemeindebereich Frauenau völlig neue Wege, um der Bekanntmachungs- und Informationspflicht gegenüber den Bürgern nachzukommen. So werden zum Beispiel Beschlüsse des Gemeinderats, Veranstaltungshinweise oder auch sonstige aktuelle Informationen aus der Gemeinde digital und für jedermann zugänglich präsentiert. Ebenso wurden regelmäßige, weitgehend automatisierte Live-Übertragungen von Gottesdiensten aus den Pfarrkirchen der Gemeinden durchgeführt, um insbesondere älteren Menschen (z.B. in Seniorenheimen) die Teilhabe an der heiligen Messe aus den ihnen bekannten Pfarrkirchen zu ermöglichen.

Darüber hinaus unterstützt die Dahoam 4.0 – Vereins App Modellvereine in beiden Gemeinden in der täglichen Vereinsarbeit. Als digitales Informations- und Organisationstool erleichtert die App die vereinsinterne Kommunikation, ermöglicht es, relevante Dokumente oder Fotos auszutauschen und jederzeit mobil und bedarfsgerecht auf alle relevanten Informationen zugreifen zu können.

Digital gestützte Nachbarschaftshilfe

Zunächst wiederum für die Zielgruppe der älteren Mitbewohner angedacht, wird eine digital gestützte Nachbarschaftshilfe gefördert. In den Gemeinden Mauth, Frauenau und Spiegelau gibt es bereits ein vielfältiges Angebot von Besuchsdiensten über Fahrdiensten bis hin zu gelegentlichen Hilfsdiensten in Haus und Garten. Die Organisation dieser Angebote sowie die Kommunikation zwischen den Helfern wird digital unterstützt.

Menschen ab 55 Jahren können durch die neuen Technologien eine spürbare Unterstützung im Alltag erfahren. Mit dem Projekt „BLADL – Besser Leben im Alter durch digitale Lösungen“ werden Senioren durch passgenaue Weiterbildungsangebote unterstützt.

Die besondere Struktur von Spiegelau mit insgesamt 33 Gemeindeteilen erfordert auch neue Formen der Mobilität, um dauerhaft allen Generationen Zugang zu Nah- und medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Mit dem im September 2018 gestarteten Dorfbus hat die stark zersiedelte Gemeinde Spiegelau ein neues, bedarfsorientiertes Angebot für ihre Bürger geschaffen. Dieses Angebot ist auch digital abrufbar. Über eine entsprechende Mobilitäts-App können Fahrtauskünfte eingeholt und Fahrten gebucht werden.

Im Teilbereich Schule sollen schrittweise digitale Klassenzimmer in den Grundschulen der beiden Modelldörfer etabliert werden. Hierzu wurden im ersten Schritt sämtliche Klassenzimmer und Unterrichtsräume mit modernen Glasfaserleitungen verkabelt. In einem zweiten Schritt erfolgte die Ausstattung der Klassenzimmer mit zeitgemäßer IT und WLAN-Hotspots. Darüber hinaus befindet sich eine Schulplattform im Aufbau, die neben dem Dokumentenaustausch auch eine direkte Kommunikation zwischen Eltern und Lehrkräften ermöglicht. Die neue digitale Ausstattung geht mit dem an die neuen Angebote angepassten digitalen Medienkonzept der beiden Grundschulen einher. Hier wird ein Schwerpunkt auf das Thema Medienkompetenz gelegt.

In dem vom Bayerischen Gesundheitsministerium geförderten Projekt „MeDiLand – Medizin Digital zur Verbesserung der Versorgung auf dem Land“ soll auch dem Haus- und Fachärztemangel in den ländlichen Räumen entgegengewirkt werden. Gerade Covid 19 hat in der Verlängerungsphase des Projektes MeDiLand als Katalysator für Telemedizin gewirkt. Da die Telemedizin durch die räumliche Entkopplung vor allem dem Infektionsschutz dient, hat sich der Anteil von Televisiten im Vergleich zu analogen Hausbesuchen erhöht. Im zweiten Quartal stieg der Anteil digital unterstützter Hausbesuche auf knapp 21 % aller Hausbesuche. Insgesamt erhöhte sich bei Patienten, Fachkräften und Ärzten die Bedeutung, das Verständnis und die positive Wahrnehmung telemedizinischer Anwendungen.

Ortsungebundenes Arbeiten

Digitalisierung revolutioniert auch die Arbeitswelt und erlaubt vielfach ein ortsungebundenes Arbeiten. Immer mehr Unternehmen befürworten flexible Arbeitskonzepte – unter anderem, weil sie wegen Corona gute Erfahrungen mit Beschäftigten gemacht haben, die von zu Hause arbeiten. Die Schaffung sog. Coworking Spaces auf dem Land kann eine Möglichkeit sein, hochqualifizierte Arbeitnehmer für sich zu gewinnen oder diejenigen mit starkem Bezug zur ländlichen Heimatgemeinde langfristig zu halten.

Unter dem Motto „Lebenszeit zurückgewinnen, weniger pendeln, CO2 sparen” wurde Anfang 2020 der kommunale Coworking Space „Coworking Dahoam 4.0“ in der Gemeinde Spiegelau eröffnet. In einer einjährigen Testphase wurde erprobt, wie groß die Akzeptanz von Coworking in der Region ist und welche Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, um die spezifischen Bedürfnisse der NutzerInnen zu erfüllen. Das Angebot wurde gut angenommen und wird nun verstetigt.

Der Bayerische Wald ist eine Tourismusregion. Um Reisewillige anzulocken, bedarf es eines gut aufbereiteten und ansprechend dargestellten Angebots. Eine Vermarktung über das Internet und digitale Anwendungen ist dabei nicht mehr wegzudenken. In der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald wurde auf eine bereits bestehende App Lösung von SummitLynx gesetzt und die „Digitale Wandernadel“ eingeführt.

Outdoorfans ist es nun möglich, Wanderstempel digital zu sammeln und damit ihr digitales Gipfelbuch immer dabei zu haben: egal, ob auf der Besteigung einer der Bayerwaldgipfel, auf einer Wanderung auf den zahlreichen Themenwegen oder auf einer Entdeckungstour durch Deutschlands ältesten Nationalpark.

Intensive Bürgerbeteiligung

Fazit: Die wichtigste Basis für den großen Erfolg des Projekts „Digitales Dorf Spiegelau-Frauenau“ bildet eine intensive und ergebnisoffene Bürgerbeteiligung. Ziel ist es dabei nicht, eine 100 Prozent-Digitalisierung um jeden Preis durchzusetzen und den Bürgern schmackhaft zu machen. Vielmehr können diese im Rahmen des Beteiligungsprozesses das Tempo der Digitalisierung mitbestimmen und die jeweiligen neuen Angebote entsprechend ihrer Bedürfnisse frei gestalten und entwickeln.

Mit dieser Methodik ist es den Modellkommunen in den vergangenen Jahren wiederholt gelungen, passgenaue und zielgruppenorientierte Angebote zu schaffen, die bei den Bürgern auf hohe Akzeptanz stoßen.

DK

 

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