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(GZ-18-2021)
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► Bayerischer Stromgipfel in München:

 

Mehr Tempo bei der Energiewende!

 

Die Herausforderungen für die Sicherung der Stromversorgung des Wirtschaftsstandortes Bayern erörterten in einer Videokonferenz mit anschließender Pressekonferenz Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mit Vertretern der bayerischen Wirtschaft und Wissenschaft. Einigkeit bestand darin, dass es beim Ausbau erneuerbarer Energien und beim Bau neuer Stromleitungen ein deutlich höheres Tempo geben müsse. Zudem brauche es für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, vor allem für die Industrie-, aber auch für kleinere Unternehmen zwingend niedrigere Strompreise und eine belastbare Versorgungssicherheit.

Da die Zeit dränge, „werden wir Stromleitungen brauchen, und zwar schneller als bisher geglaubt“, machte Ministerpräsident Söder deutlich. Heute dauere es 16 Jahre, ehe eine Stromautobahn durch Deutschland gelegt wird, kommentierte Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Dieser Zeitraum müsse halbiert werden. Auf ein Drittel zu reduzieren, wäre aus Söders Sicht noch besser. Beide Unionspolitiker plädierten für zügigere Genehmigungsverfahren, wobei die Bürgerbeteiligung nicht auf der Strecke bleiben dürfe.

Solaroffensive

Erheblich an Fahrt gewinnen müsse zudem die nachhaltige Stromerzeugung in Bayern. Benötigt würden Pipelines für „grünen“ Wasserstoff. Zudem werde eine große Solaroffensive im Land gestartet. „Dazu gehört, die Dächer aller in staatlichem Besitz befindenden Immobilien für PV zu nutzen“, betonte Söder. Dies würde eine Vervielfachung der PV-Anlagen bedeuten. Zudem soll sich die Förderung privater Anlagen dieser Art verdoppeln. Für sinnvoll hält Söder zudem nach der Bundestagswahl auch eine Diskussion darüber, ob Solaranlagen bei Neubauten und auch im Gewerbebereich zur Pflicht werden sollten.

Windkraft

Keine Veränderungen will der Ministerpräsident bei der umstrittenen bayerischen 10H-Abstandsregel für Windkraftanlagen vornehmen. Ausnahmen sieht er etwa beim Repowering alter Anlagen, im Staatswald sowie auf vorbelasteten Gebieten oder Vorrangflächen. Ziel sei, 500 neue Windräder zu etablieren. Erfolgreich werde man nur sein, wenn das Naturschutzrecht auch vereinfacht wird.

Auch nach Auffassung von Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), ist der Ausbau der Übertragungsleitungen schnellstens umzusetzen. Darüber hinaus müsse der Ausbau der Erneuerbaren stark beschleunigt werden. Neben PV-Zubau und mehr Windrädern seien geeignete Mechanismen zu ergreifen. Nicht schlecht wäre es laut Brossardt, „10H da ein bisschen anzupassen“. Zudem setzt die Wirtschaft darauf, dass die Wasserkraft modernisiert und ausgebaut wird. Die Wirtschaft benötige Gaskraftwerke als Reserve, die zu klimaneutralen Wasserstoffkraftwerken umgerüstet werden müssen, hob Brossardt hervor.

Bedürfnisse erfüllen

„Die Nachfrage nach erneuerbarer Energie wächst in der Wirtschaft weiter drastisch, fast schon exponentiell. Da müssen wir Gas geben, dass wir deren Bedürfnisse erfüllen können“, stellte auch Klaus Josef Lutz, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK) fest. Alles, was heute an Geschäftsmodellen finanziert werde, müsse sich an Nachhaltigkeitskriterien messen lassen. Lege man nicht an Geschwindigkeit bei den Erneuerbaren zu, könnten Unternehmen in Finanzierungsschwierigkeiten kommen, mutmaßte Lutz, da die Banken aufgrund von EU-Vorgaben wie den geplanten „Sustainable Finance Regulations“ dann nicht mehr alte, klassische Geschäftsmodelle finanzieren werden.

Deckelung der EEG-Umlage

Wie der Präsident des Bayerischen Handwerkstages (BHT), Franz Xaver Peteranderl, hervorhob, sei die Entlastung der Großverbraucher von der EEG-Umlage über die Besondere Ausgleichsregelung von Anfang an eine Fehlkonstruktion gewesen. Es sei höchste Zeit, die Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien und die Verteilung der Kosten der Energiewende neu zu regeln.

Das Handwerk sei sich bewusst, dass die international agierenden Großunternehmen in Deutschland einen Strompreis brauchen, der ihnen erlaubt, im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, so Peteranderl: „Dass die Entlastungen der Industrie über den Strompreis jedoch zu einem großen Teil zulasten kleiner und mittlerer Betriebe läuft, ist unfair und unverhältnismäßig. Die Deckelung der EEG-Umlage in den Jahren 2021 und 2022 ist ein erster Schritt hin zu einer gerechteren Verteilung. Nun müssen weitere folgen.“

EEG-Umlage absenken

Das bayerische Handwerk fordert, die EEG-Umlage weiter deutlich abzusenken und mittelfristig ganz abzuschaffen. Die Begünstigungen für Großverbraucher müssten durch Bundesmittel finanziert werden. Auch dürften Handwerk und Mittelstand von einer CO2-Bepreisung nicht stärker betroffen sein als Großunternehmen. Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit müssten gewährleistet bleiben.

Dafür seien ein Ausbau der Netze und die Entwicklung von Speichertechnologien erforderlich. „Energiewende und Klimaschutz sind wichtig, dürfen aber eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung nicht ausschließen“, erklärte der BHT-Präsident.

DK

 

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