(GZ-15/16-2022) |
► 8. Bayerisches WasserkraftForum in Gersthofen: |
Wasserkraft hat Zukunft |
In Zeiten, da die Wasserkraft aufgrund der aktuellen prekären Situation besser dasteht als zuvor, fand das 8. Bayerische WasserkraftForum in Gersthofen statt. Das Team der Bayerischen GemeindeZeitung konnte hierzu 120 politische und kommunale Entscheidungsträger, Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung, Verbänden und Medien sowie Fach- und Führungskräfte aus Wasserkraftunternehmen begrüßen. Als Medienpartner fungierte einmal mehr TV Bayern Live.
Im Anschluss an das 8. Bayerische WasserkraftForum folgten Exkursionen zu den Wasserkraftwerken in Langweid und Gersthofen. Bild: JK
Insgesamt präsentierten 13 Partner und Aussteller ihre Innovationen und Angebote. Zudem standen informative Fachvorträge auf der Agenda. Die Referenten Dr. Johann Niggl/Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, Michael Bohlinger/LEW Wasserkraft, Karl-Heinz Gruber/ VERBUND Innkraftwerke GmbH, Dr. Manfred Ahlers/Journalist und Fernsehproduzent, Dr. Heidrun Benda/Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Fritz Schweiger & Andrea von Haniel/Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e.V. (VWB) sowie Georg Loy/Vorsitzender des VBEW-Arbeitsausschusses Wasserkraft informierten über die Potenziale der Wasserkraft, deren Einsatz für das Gelingen der angestrebten Energiewende unverzichtbar ist.
Energie im öffentlichen Interesse
„Die Wasserkraft hat Zukunft“, stellte GZ-Chefredakteurin Constanze von Hassel in ihrer Begrüßung fest. Entgegen ursprünglicher Pläne der Berliner Ampelkoalition sollen auch künftig kleine, neue und modernisierte Wasserkraftwerke mit einer Leistung von bis zu 500 Kilowatt weiter mit EEG-Förderungen unterstützt werden. Die für fast 150 Jahre bayerische Wirtschaftsgeschichte verantwortliche Wasserkraft werde demnach wie alle anderen erneuerbaren Energien im öffentlichen Interesse stehen.
Sichere Energiequelle
Die Wichtigkeit der Stromerzeugung aus Wasserkraft in Bayern wird laut von Hassel deutlich, „wenn man sich vor Augen führt, dass sie im Schnitt für jeden Einwohner 1.000 Kilowattstunden pro Jahr bereitstellt. Das ist der Bedarf, den im Schnitt jeder einzelne Bewohner Bayerns benötigt. Im Ernstfall verfügt der Freistaat damit über eine sichere Energiequelle, die für die Einwohner eine ausreichende Notstromversorgung bereitstellen kann.“
Freiheitsenergien aus der Heimat
In Bayern wie in Deutschland müsse sich jeder Einzelne eingestehen, dass erneuerbare Energien aus der Heimat Freiheitsenergien sind, die Unabhängigkeiten bestärken und Abhängigkeiten von Importen verringern, so von Hassel. Energieerzeugung vor der eigenen Haustür sei Teil der Energiewende daheim. „Wir können es uns nicht leisten, die Wasserkraft einseitig auszubremsen. Die rund 53.000 Querbauwerke in Bayern ohne Wasserkraftnutzung sollten unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes für eine Wasserkraftnutzung neu bewertet werden. Wir brauchen schließlich jede Kilowattstunde, die wir kriegen können.“
Leitprojekt Contempo 2
„Wir brauchen grünen Strom. Wasserkraft ist für uns ein zentrales Thema. Unsere Infrastruktur ist darauf ausgerichtet“, unterstrich Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle in seinem Grußwort. Er verwies auf das Leitprojekt Contempo 2, wofür die Stadt Gersthofen gemeinsam mit der Stadt Augsburg einen Förderantrag gestellt habe. Weitere Projektpartner sind LEW Wasserkraft, Fischereiverband, TU München, die Universitäten Augsburg und Eichstätt sowie der LPV Augsburg. „Hier geht es um Investitionen in das, was den Lech ausmacht“, erläuterte Wörle: Grünflächen, Hochwasser- und Niedrigwassermanagement, Naherholung, Umweltbildung. Erwartet wird ein baldiger Fördermittelbescheid in Höhe von 7,2 Mio. Euro.
„Wir können auf keinerlei erneuerbare Energieformen verzichten und schon gar nicht auf die Kleine Wasserkraft“, unterstrich Dr. Johann Niggl vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Nach seinen Angaben werden in Bayern aktuell 11 TWh Strom aus Wasserkraft erzeugt; durch Modernisierungen speziell der Großen Wasserkraft seien 12 bis 13 TWh möglich. Von einem „großen, signifikanten Quantensprung“ sei freilich nicht auszugehen, obwohl Potenziale vorhanden wären. Dafür seien die Widerstände zu groß.
Niggl kritisierte die aus seiner Sicht „nicht nachvollziehbare ideologische Verbohrtheit der Wasserkraftgegner“. Ihm sei völlig rätselhaft, wieso die Wasserkraft das Übel aller gefährdeten Fischarten sein soll. Seit vergangenem Jahr unterstütze das Bayerische Wirtschaftsministerium die umweltverträgliche Modernisierung und den Ausbau von Wasserkraftanlagen mit einem Förderprogramm. Demnach werden die erforderlichen ökologischen Anpassungsmaßnahmen gefördert, wenn bei der Modernisierung mindestens 10 Prozent mehr Leistung realisiert wird.
Wasserkraftwerke stärker zur Geltung zu bringen
Niggl rief die Anlagenbetreiber dazu auf, das Förderprogramm zu nutzen und die Wasserkraftwerke stärker zur Geltung zu bringen. In vielen Kommunen sei offenbar noch nicht bekannt, welche Bedeutung auch der Kleinen Wasserkraft im Falle eines Blackouts zukomme. Generell sei die Wasserkraft wichtig für die Netzstabilität und ein dezentrales Stromnetzwerk. „Diese Stärke muss vor Ort stärker ausgespielt werden“, forderte Niggl. Energieminister Hubert Aiwanger fungiere hier als „verlässlicher Fürsprecher“.
„Keine Energieform bringt so viel Zusatznutzen für die Gesellschaft wie die Wasserkraft. Wasserkraft ist mehr als nur regenerative Stromerzeugung. Sie ist und bleibt auch in Zeiten des Klimawandels eine zuverlässige Säule der Erneuerbaren Energien“, hob Michael Bohlinger, Geschäftsführer der LEW Wasserkraft GmbH, hervor. Mit der CO2-freien Stromerzeugung gehe eine regionale Wertschöpfung einher. Zudem seien Staustufen Mehrzweckanlagen: „Sie dienen dem Hochwasserschutz, Sohl- und Grundwasserstabilisierung, Stromerzeugung und Trinkwassersicherung.“ Ökologische Erfolge an den Gewässern hätten sich bereits eingestellt, berichtete Bohlinger. „Die Wasserkraftbetreiber stehen zu den mit der Staatsregierung vereinbarten Eckpunkten.“
Laut Karl-Heinz Gruber (VERBUND Innkraftwerke GmbH) ist ein „klares gesellschaftspolitisches Bekenntnis zur besonderen Leistungsfähigkeit der heimischen Wasserkraft als erneuerbare Energieform mit einem wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit und mit Multifunktionsaufgaben für die Allgemeinheit“ notwendig für die Zukunft der Wasserkraft. Dazu zähle auch die ehrliche Gleichbehandlung mit anderen Erneuerbaren beim Betrieb, bei der Erneuerung und beim ökologischen Ausbau.
Vergleichbare Behandlung von Wasser- und Windkraft
Sei in punkto EEG-Förderung die Diskriminierung der Kleinkraftwerke gerade noch verhindert worden, „wäre nun eine Reduktion des Mindestgrads bei Effizienzsteigerungen für die große Wasserkraft zielführend“. Mit Blick auf Genehmigungsverfahren und verwaltungsrechtliche Themen sprach sich Gruber im Naturschutzrecht für eine vergleichbare Behandlung der Wasserkraft wie für Windkraft aus und plädierte zudem für klare Regelungen in Sachen Neu- bzw. Wiedergenehmigung. Darüber hinaus sei eine proaktive Unterstützung von Deutschland für die Wasserkraft auch auf europäischer Ebene erforderlich. Wichtig sei die Gleichbehandlung der Wasserkraft mit anderen erneuerbaren Erzeugungstechnologien sowie die Gleichbehandlung der hocheffizienten und erprobten Pumpspeicher mit allen anderen Speichertechnologien.
Im Anschluss an die Veranstaltung hatten die Forumsteilnehmer die Möglichkeit zu Kraftwerksführungen in Gersthofen und Langweid. Beide sind Teil des Augsburger Wassermanagement-Systems, das seit 2019 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, und repräsentieren den Beginn der flächendeckenden Stromversorgung in Bayerisch-Schwaben.
DK
TV-Beitrag von TV-Bayern.
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