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(GZ-23-2022)
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► Einführung des Deutschlandtickets:

 

Offene Fragen

Für das in den Sommermonaten geltende 9-Euro-Ticket soll es einen Nachfolger geben. Bund und Länder verständigten sich nach monatelangem Ringen auf ein digitales, deutschlandweit gültiges Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr zu einem Einführungspreis von 49 Euro pro Monat im monatlich kündbaren Abonnement. Die Kosten von drei Milliarden Euro wollen sich Bund und Länder teilen. Der genaue Einführungstermin steht aufgrund offener Finanzierungs- und Umsetzungsfragen noch nicht fest.

Die Länder hatten eine Erhöhung der sogenannten Regionalisierungsmittel von diesem Jahr an zur Bedingung gemacht, dass sie ein 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Mit den Regionalisierungsmitteln bestellen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen.

Der Deutsche Städtetag zweifelt an einer raschen Einführung des 49-Euro-Tickets und hält die Finanzierung für nicht ausreichend. „Das Ticket kann nur erfolgreich sein, wenn es seriös finanziert ist – das sehen wir bisher noch nicht“, erklärte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Generell findet er das Deutschlandticket aber gut, „weil es für den Endkunden preiswert und unkompliziert sein soll. Damit wird der bestehende Nahverkehr für manche attraktiver.“

Die Länder müssen Dedy zufolge dafür sorgen, dass die Einnahmeverluste durch das Deutschlandticket nicht zulasten der Kommunen gehen. Dafür müssten sie seiner Meinung nach die Bundesmittel weiterreichen und zusätzliche eigene Mittel einsetzen. Dazu zähle auch eine „Nachschusspflicht für reale Einnahmeverluste durch das Ticket“.

Wer bestellt, bezahlt

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßt, dass es ein bundesweit einheitliches Deutschlandticket geben wird, und hofft auf eine zeitnahe Einführung. Allerdings sei diese an die klare Erwartung geknüpft, dass die noch offenen Finanzierungsfragen geklärt werden. Unter den jetzigen Rahmenbedingungen erscheine eine rasche Einführung nicht möglich.

Die Kommunen benötigten zwingend eine Regelung, dass alle mit dem Ticket verbundenen Einnahmeverluste durch Bund und Länder ausgeglichen werden. Eine Deckelung des Ausgleichsbetrags auf 3 Mrd. Euro und gleichzeitig die Festlegung eines Preises von 49 Euro wälzten ein untragbares Risiko auf die Verkehrsunternehmen und Kommunen ab. Die Kommunen könnten die drohenden zusätzlichen Kosten nicht schultern. Auch hier müsse der Grundsatz gelten: Wer bestellt, bezahlt. Wenn Bund und Länder die Einführung des Tickets beschließen, müssten sie auch alle damit verbundenen Kosten tragen. Es gelte, die noch offenen Finanzierungs- und Umsetzungsfragen des Deutschlandtickets jetzt durch Bund und Länder zu klären.

Kein klarer Ausbaupfad

Enttäuschend sei aus kommunaler Sicht, so der DStGB, dass man sich nicht auf einen klaren Ausbaupfad für den ÖPNV geeinigt hat. Hierfür stehe nach den Beschlüssen von Bund und Ländern bis zum Jahr 2024 kein Geld zur Verfügung. Klar sei aber auch, dass es neben einem günstigen Preis auch attraktive Angebote und gute Taktungen braucht, um den ÖPNV auch für Menschen in den ländlichen Räumen attraktiv zu machen.

„Wir begrüßen die Einigung von Bund und Ländern zum Deutschlandticket und wir werden das Angebot so schnell wie möglich umsetzen“, erklärte Ingo Wortmann, Präsident des Branchenverbands VDV. „Denn für unsere Fahrgäste werden damit der Zugang und die Attraktivität des ÖPNV um einen entscheidenden Schritt verbessert. Die wesentliche Grundvoraussetzung für die Einführung des Tickets ist allerdings, dass die damit verbundenen Einnahmeverluste und Zusatzkosten vollständig und dauerhaft von Bund und Ländern ausgeglichen werden. Da das auf Basis der aktuellen Beschlüsse noch nicht der Fall ist, entsteht für die Branche ein nicht absehbares finanzielles Risiko. Es ist unternehmerisch daher momentan nicht zu verantworten, ohne flankierende politische Beschlüsse zur Finanzierung die Einführung des Deutschlandtickets voranzutreiben.“

Angedachter Start ist unrealistisch

Auch aus bayerischer Sicht sind noch viele Fragen offen, weshalb laut Verkehrsminister Christian Bernreiter der zunächst angedachte Start des Deutschlandtickets zum 1. Januar „völlig unrealistisch“ ist. Darin sei er sich mit den Amtskollegen der anderen Bundesländer einig.

Nach seinen Ausführungen ist u.a. noch nicht geklärt, welche Verkehrsverbünde das Ticket für ihren Bereich akzeptieren werden. Grund sei die fehlende Absicherung von möglichen Defiziten. Diese Unsicherheit gefährde die Umsetzung des Tickets, machte Bernreiter deutlich. Würde kein Verkehrsverbund mitziehen, könnte das 49-Euro-Ticket nur für den schienengebundenen Regionalverkehr im Freistaat gelten. Erneut kritisierte der Minister, dass der Bund zur Finanzierung des Deutschland-Tickets nur einen Fixbetrag von 1,5 Milliarden Euro leisten wolle, weil man in Berlin mit Gesamtkosten von jährlich drei Milliarden Euro ausgehe. Das Risiko für eine Überschreitung dieser Aufwendungen wolle der Bund vollständig den Ländern übertragen.

Bernreiter unterbreitete den Kompromissvorschlag, dass sich Bund und Länder die Nachschusspflicht teilen könnten, ebenso die Dynamisierung der Ausgleichszahlungen, wenn die Kosten in den nächsten Jahren ansteigen.

DK

 

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